Die Entdeckung der Erde
durch Fernand de Soto zugeführte Verstärkung erhielt, und obwohl er den Caziken Tonallo und sechzehn andere Anführer hatte hinrichten lassen, so gelang es ihm doch nicht, ihren Widerstand zu besiegen. Er sah sich also zur Rückkehr nach dem Continente gezwungen, wo seine Leute so heftig von Krankheiten befallen wurden, daß er, den unablässigen Neckereien der Eingebornen ausgesetzt, drei Monate lang in Tumbez ausharren mußte. Von hier aus begab er sich nach dem Rio Puira, entdeckte den Hafen von Payta, den besten der ganzen Küste, und gründete an der Mündung des Chilo die Kolonie San-Miguel, um den von Panama kommenden Schiffen einen sicheren Zufluchtsort zu bieten. Hier empfing er auch Abgesandte von Huascar, der ihm von der Empörung seines Bruders Atahualpa Nachricht gab und seine Unterstützung erbat.
Zur Zeit als die Spanier landeten, grenzte Peru an den Pacifischen Ocean in einer Länge von 1500 Meilen und erstreckte sich bis über die imposante Kette der Anden in das Innere des Continentes hinein. Ursprünglich zerfiel die Bevölkerung in mehrere wilde und barbarische Stämme, ohne jeden Begriff von Civilisation, welche fortwährend mit einander im Kriege lagen. Eine lange Reihe von Jahrhunderten hindurch war dieser Zustand der Dinge der nämliche geblieben und noch kein Anzeichen für den Anbruch einer neuen Aera vorhanden, als den Indianern am Ufer des Titicaca ein Mann und eine Frau erschienen, welche sich rühmten, Kinder der Sonne zu sein. Diese beiden Personen von majestätischer Gestalt, mit Namen Manco-Capac und Mama-Oello, vereinigten, nach Garcilasso de la Vega, gegen Ende des 12. Jahrhunderts eine Anzahl der unstet umherschweifenden Stämme und legten den Grund zu der Stadt Cusco. Manco-Capac unterrichtete die Männer im Ackerbau und mechanischen Künsten, während Mama-Oello, die Frauen nähen und sticken lehrte. Als er diesen ersten Grundlagen gesellschaftlichen Beisammenseins genügt, gab Manco-Capac seinen Unterthanen Gesetze und errichtete ein regelrecht geordnetes Staatswesen. Auf diese Weise entstand die Herrschaft der Inkas oder Oberherren von Peru. Das zuerst nur auf die Umgebungen von Cusco beschränkte Reich vergrößerte sich bald unter ihren Nachfolgern und breitete sich vom Wendekreis des Steinbockes bis zu den Perleninseln in einer Länge von dreißig Graden aus. Ihre Macht war nach und nach eben so absolut geworden, wie die der früheren asiatischen Souveräne. »Es gab auch, sagt Zarate, nirgends in der Welt ein Land, wo der Gehorsam und die Unterwürfigkeit größer gewesen wären. Die Inkas erschienen in den Augen ihrer Unterthanen wie Halbgötter; sie hatten nur nöthig, aus ihrem königlichen Stirnbande einen Faden zu ziehen und denselben Jemand zu übergeben, um jenem unbedingten Gehorsam zu verschaffen, so als ob dessen Befehle von dem Könige selbst ausgingen und er wirklich eine ganze Provinz seinem Willen ohne jede andere Unterstützung unterordnen, oder Männer und Frauen beliebig hinrichten lassen konnte, weil sich Alle beim Anblick jenes Fadens vom Könige, freiwillig und ohne Widerstand dem Tode opferten.«
Alte Chronisten erzählen allerdings, daß die Inkas diese ihre unbegrenzte Macht stets nur zum Wohle der Landeskinder benutzt hätten. Unter einer Reihe von zwölf aufeinander auf dem Throne Perus folgenden Fürsten hat Keiner ein anderes Andenken hinterlassen als das eines weisen und von seinem Volke geliebten Herrschers. Würde man in der übrigen Welt nicht vergeblich nach einem Lande suchen, dessen Geschichte ein so ungetrübt reines Bild lieferte? Ist es nicht zu beklagen, daß die Spanier den Krieg und seine Schrecken, die Krankheiten und Laster eines anderen Klimas und das, was sie in ihrem Stolze Civilisation nannten, diesen glücklichen und reichen Völkerschaften brachten, deren verarmte und entartete Nachkommen nicht einmal die Erinnerung ihres früheren Wohlstandes als Trost in dem jetzigen jammervollen Zustand besitzen?
»Die Peruaner, sagt Michelet in seinem bewunderswerthen
Précis d’histoire moderne
, überlieferten die Kenntnisse der wichtigsten Vorkommnisse der Nachwelt durch Knoten, welche sie in Stricke knüpften. Sie besaßen Obelisken, regelrechte Sonnenuhren, um die Zeit der Aequinoctien und Solistitien zu bezeichnen. Ihr Jahr zählte 365 Tage, sie hatten wahrhafte Wunderwerke der Baukunst errichtet, Bildsäulen mit überraschender Kunstfertigkeit gemeißelt und repräsentirten überhaupt die gebildetste und gewerbfleißigste
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