Die Entdeckung der Erde
Anordnungen des Königs, seines Herrn und Meisters nachkommen und Leben und Eigenthum der Einwohner schonen werde. Gleich nach seiner Ankunft in Caxamalca quartierte Pizarro seine Soldaten kluger Weise in einem Tempel und Palaste des Inkas ein, wo sie vor jeder Ueberrumpelung gesichert waren. Dann sandte er einen seiner Brüder mit de Soto und etwa zwanzig Reitern nach dem nur eine Meile entfernten Lager Atahualpa’s, um ihm sein Eintreffen anzumelden. Die mit allen Ehren empfangenen Soldaten konnten nicht genug erstaunen über die Menge von Zieraten, goldenen und silbernen Gefäßen, die sie im indianischen Lager zu Gesicht bekamen. Sie kehrten mit dem Versprechen zurück, daß Atahualpa am nächsten Tage Pizarro einen Besuch abstatten und ihn in seinem Reiche willkommen heißen werde. Gleichzeitig erzählten sie von den ungeheuren Reichthümern, die sie gesehen, was Pizarro nur noch mehr in seinem Projecte bestärkte, sich des unglücklichen Atahualpa und seiner Schätze durch Verrath zu bemächtigen.
Mehrere spanische Autoren verdrehen offenbar die ihnen allzu häßlichen Thatsachen und suchen die Schuld des Verrathes auf Atahualpa abzuwälzen. Die Jetztzeit aber besitzt hinlängliche Zeugnisse, um mit Robertson und Prescott die ganze Perfidie Pizarro’s zu durchschauen. Für Letzteren war es natürlich hochwichtig, den Inka in seiner Gewalt zu haben und sich seiner als willenloses Werkzeug zu bedienen, ebenso wie Cortez früher mit Montezuma verfuhr. Er benutzte also die Einfalt und Ehrenhaftigkeit Atahualpa’s, der seinen Freundschaftsversicherungen unbegrenzten Glauben schenkte und nicht im Geringsten auf seiner Hut war, um einen Hinterhalt zu legen, in den jener nothwendig fallen mußte. Mit einem Wort, kein Skrupel beschwerte das Gewissen des verrätherischen Eroberers, er bewahrte sein kaltes Blut, als ob es gelte, dem Todfeind eine Schlacht zu liefern, und doch wird dieser abscheuliche Verrath eine ewige Schande seines Namens bilden.
Pizarro theilte seine Reiter in drei kleinere Abtheilungen, während er die Infanterie zu einem Haufen zusammenzog, die Arquebüsiere neben dem Wege verbarg, den der Inka einschlagen mußte, und er in seiner Nähe aber zwanzig der verwegensten Leute behielt.
Atahualpa, der den Fremdlingen eine hohe Meinung von seiner Macht beizubringen wünschte, kam mit seiner ganzen Armee dahergezogen. Er selbst ward auf einer Art blumengeschmückten, mit Gold-und Silberplatten belegten und mit kostbaren Steinen verzierten Bette getragen; umringt von Gauklern und Tänzern, erschien er begleitet von seinem vornehmsten Gefolge; auch diese Herren ruhten in Sesseln auf den Schultern ihrer Diener. Ein solcher Zug glich natürlich mehr einer Procession als dem Marsche eines Heeres.
Sobald der Inka im Quartiere der Spanier angelangt war, trat, nach Robertson, der Pater Vincent Valverda, der Almosenier der Expedition, der später für seine geleisteten Dienste den Titel eines Bischofs erhielt, mit dem Crucifix in der einen und dem Brevier in der anderen Hand vor. Mit unendlichem Redeschwall erklärte er dem Monarchen die Schöpfungsgeschichte, den Sündenfall des ersten Menschen, die Menschwerdung, die Leiden und Wiederaufstehung Jesu Christi, ferner wie Gott St. Peter zu seinem Stellvertreter auf Erden erwählt und dieser seine Macht den Päpsten übertragen, und endlich, daß Papst Alexander dem Könige von Castilien alle Länder der Neuen Welt geschenkt habe; nach Entwicklung dieser Sätze ermahnte er Atahualpa, die christliche Religion anzunehmen, die Oberherrschaft des Papstes anzuerkennen und sich dem Könige von Castilien als seinem legitimen Herrscher zu unterwerfen. Bei sofortiger Zustimmung versprach ihm Valverda, daß der König, sein Herr, Peru unter seinen Schutz nehmen und ihm gestatten werde, daselbst auch ferner zu regieren; er erkläre ihm aber hiermit den Krieg und drohe ihm mit fürchterlicher Rache, wenn er den Gehorsam verweigere und noch länger in seiner Gottlosigkeit verharre.
Gewiß war das mindestens ein sonderbarer Empfang und eine merkwürdige Zumuthung, die auf Verhältnisse Bezug nahm, von welchen die Peruaner nicht ein Sterbenswörtchen wußten und von deren Wahrheit sie auch ein geschickterer Redner als Valverda nicht hätte überzeugen können. Rechnet man hierzu noch, daß der Dolmetscher die spanische Sprache so schlecht verstand, daß es ihm unmöglich sein mochte, zu übersetzen, was er selbst nur zur Hälfte begriff, und daß es der peruanischen Sprache
Weitere Kostenlose Bücher