Die Entdeckung der Erde
Nation der Neuen Welt.«
Der Inka Huayna-Capac, der Vater Atahualpa’s, unter dem dieses große Reich zertrümmert wurde, hatte dasselbe bedeutend erweitert und verschönert. Dieser Inka, der das ganze Gebiet von Quito eroberte, hatte mit Hilfe seiner Soldaten und der besiegten Völker von Cusco bis Quito durch Ausfüllung von Abgründen und Abtragung von Hügeln und Bergen eine fünfhundert Meilen lange Heerstraße erbauen lassen. Von einer halben Meile zur anderen standen hier Boten als Relais, welche die Befehle des Monarchen durch das ganze Land verbreiteten.
So weit war das Volk also in der Cultur vorgeschritten; will man aber über die Prachtliebe und den Reichthum der Fürsten urtheilen, so genügt es, zu wissen, daß der König bei seinen Reisen auf einem goldenen Throne im Gewicht von fünfundzwanzigtausend Ducaten getragen wurde. Die goldene Bahre, auf der sich der Thron selbst befand, lag dabei auf den Schultern der ersten Personen des Reiches.
Zur Zeit als die Spanier, im Jahre 1526, zum ersten Male an der Küste Perus erschienen, hatte der zwölfte Inka, mit Verletzung der alten Landesgesetze, eben eine Tochter des besiegten Königs von Quito geheiratet und besaß von dieser einen Sohn, Namens Atahualpa, dem er bei seinem 1529 erfolgten Tode dieses Königreich hinterließ.
Pizarro empfangen durch Karl V. (S. 340.)
Sein älterer Sohn, Huascar, dessen Mutter dem Stamme der Inkas angehörte, erhielt den Rest seiner Staaten. Eine solche, gegen die seit undenklichen Zeiten gepflogenen Gewohnheiten verstoßende Theilung aber erregte in Cusco eine solche Unzufriedenheit, daß der von seinen Unterthanen angetriebene Huascar sich entschloß, gegen seinen Bruder zu marschiren, der ihn als seinen Herrn und Meister nicht anerkennen wollte;
Gefangennahme Atahualpa’s. (Facsimile. Alter Kupferstich.) (S. 349.)
jedenfalls hatte Atahualpa schon genug von königlicher Macht gekostet, um sie nicht ohne Weiteres aufgeben zu können. Er brachte durch Freigebigkeit die meisten Krieger, die seinem Vater bei der Eroberung von Quito gedient hatten, auf seine Seite, und als die beiden Heere zusammenstießen, begünstigte das Schicksal den Usurpator.
Erscheint es nicht auffallend, daß das Auftreten der Spanier sowohl in Mexico wie hier in Peru unter wirklich ganz ausnahmsweise günstigen Umständen stattfand? In Mexico empfingen sie die erst neuerdings den Azteken unterworfenen Stämme, welche von den Siegern ohne Gnade bedrückt wurden, als willkommene Befreier; in Peru hinderte der Streit zweier feindlicher, gegen einander erbitterten Brüder die Indianer, alle ihre Kräfte gegen die Eindringlinge zu verwenden, die sie sonst leicht zermalmt hätten!
Als Pizarro die Abgesandten Huascar’s empfing, die ihn um Hilfe angingen gegen dessen als Rebellen und Usurpator angesehenen Bruder, begriff er sofort, welchen Vortheil er aus diesen Umständen ziehen könne. Er rechnete darauf, daß er durch Unterstützung des Einen derselben, später desto leichter alle Beide unterdrücken werde. Er drang also ohne Aufschub mit beträchtlichen Streitkräften in das Innere des Landes ein, wobei er zweiundsechzig Reiter und hundertzwanzig Fußsoldaten, von denen freilich nur zwanzig mit Arquebusen und Musketen bewaffnet waren, mit sich nahm, da ein Theil der Truppen zur Bewachung von San Miguel zurückbleiben mußte, wo Pizarro im Falle eines Mißerfolges Zuflucht zu finden hoffte, und wo auf jeden Fall die Verstärkungen, welche er erwartete, sollten an’s Land gehen können.
Pizarro begab sich nach Caxamalca, einer kleinen, zwanzig Tagemärsche von der Küste gelegenen Stadt. Er mußte dabei durch eine baum-und wasserlose Wüste voll brennenden Sandes ziehen, die sich in einer Länge von zwanzig Meilen bis zur Provinz Matupe erstreckte und wo der geringste feindliche Ueberfall, in Anbetracht der harten Entbehrungen dieser handvoll Soldaten hingereicht hätte, der ganzen Expedition ein Ende zu machen. Dann drang er in die Berge ein und wagte sich in die beschränktesten Engpässe, wo ihn auch schwache feindliche Kräfte aufzureiben im Stande gewesen wären. Während des Marsches erreichte ihn ein Gesandter Atahualpa’s, der als Geschenk gemalte Schuhe und eine goldene Halskrause mitbrachte, welche er bei dem nächsten Zusammentreffen mit dem Inka tragen sollte. Natürlich war Pizarro mit den Versprechungen von Freundschaft und Ergebenheit nicht sparsam. Er erklärte dem indischen Gesandten, daß er nur den
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