Die Entdeckung der Erde
bewiesen, daß in Grönland, vorzüglich im Bisthum Gardar, sowie auf den Inseln und in den benachbarten Ländern die Kreuzzüge gepredigt worden sind, und daß Grönland bis zum Jahre 1418 dem päpstlichen Stuhl einen Zehent und den gewöhnlichen Peterspfennig bezahlte, der für das genannte Jahr aus 2600 Pfund Walroßzähnen bestand.
Die norwegischen Kolonien verdanken ihren Zerfall und ihren Untergang verschiedenen Ursachen, wie der ungemein schnellen Ausdehnung der Gletscher – Hayes hat z.B. nachgewiesen, daß der Bruder »Johann«-Gletscher jährlich um 30 Meter zunahm –; der schlechten Politik des Mutterlandes, welche die Auswanderung nach den Kolonien einschränkte; der schwarzen Pest, die Grönlands Bevölkerung von 1347–1351 decimirte; endlich den Verwüstungen fremder Seeräuber, welche im Jahre 1418 die schon heruntergekommenen Ansiedlungen überfielen und in welchen man Bewohner der Orkaden und der Färöer, von denen später die Rede sein soll, zu erkennen geglaubt hat.
Einer der Genossen Wilhelm’s des Eroberers, Saint-Clair oder Sinclair mit Namen, der sich durch den ihm zufallenden Antheil an Land nicht nach Verdienst belohnt hielt, zog nach Schottland auf Abenteuer aus und erwarb sich hier bald Ehren und Reichthümer. In der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts kamen die Orkaden unter die Herrschaft seiner Nachfolger.
. Im Jahre 1390 litt ein gewisser Nicolo Zeno, der Sproß einer der ältesten und vornehmsten Familien Venedigs, der auf seine Kosten ein Fahrzeug ausgerüstet hatte, nur um England und Flandern kennen zu lernen, im Archipel der Orkaden Schiffbruch. Schon war er in Gefahr, von den Bewohnern elend hingemordet zu werden, als ihn Graf Sinclair noch rechtzeitig in seinen Schutz nahm. Die Geschichte dieses Schiffbruchs, der Abenteuer und Entdeckungen, welche dessen Folge waren und deren auch Ramusio in seiner Sammlung Erwähnung thut, beschrieb, nach dem Zeugnisse des gelehrten Geographen Clemens Markham, das sich in seinen »Zugängen nach den ungekannten Ländern« findet, zuerst Antonio Zeno. Leider zerriß ein im Jahre 1515 geborner Nachkömmling desselben, Namens Nicolas Zeno, als Kind diese Papiere, deren Werth er ja nicht zu begreifen verstand. Da noch einige Blätter erhalten blieben, vermochte er diesen Bericht später wieder zu ergänzen, und dieser spätere ist es, den wir jetzt in einem aus Venedig stammenden Drucke besitzen. In dem Palaste der Familie fand sich auch eine durch das Alter schon halb vermoderte Karte, welche jene Reise vor Augen führte. Er stellte von dieser eine Copie her, wobei er sie leider nach dem Texte seines Berichtes vervollständigte, was er für das Verständniß derselben für nothwendig erachtete. Da er aber hierbei in sehr unbesonnener Weise zu Werke ging und ohne die eingehenden geographischen Kenntnisse, die uns heute zu entscheiden erlauben, wo er sich irrte, so brachte er in das Ganze eine bedauernswerthe Unklarheit, während diejenigen Theile der Karte, die einer solchen Verstümmlung entgingen und noch das alte Original erkennen lassen, sich durch eine, selbst über die geographischen Kenntnisse der Zeit Nicolas Zeno’s des Jüngeren weit hinausreichende Genauigkeit auszeichnen und die Lage der alten Kolonie von Grönland ganz unzweifelhaft feststellen. Es erklären sich hierdurch nicht allein die vielen, über diesen Gegenstand geführten Discussionen, sondern es wird damit auch die Authenticität des Berichtes selbst unwiderleglich dargethan, denn Nicolas Zeno der Jüngere war doch nicht im Stande, eine Geschichte zu erfinden, deren Wahrheit er gegenüber den Angaben der Karte aus Unkenntniß entstellt hätte.
Der Name Zichmin, unter welchem zeitgenössische Schriftsteller und unter ihnen vor Allem H. Major, der diese Ereignisse dem Bereiche der bloßen Fabeln entrückt hat, den Namen Sinclair’s verstehen, scheint sich in der That nur auf diesen Beherrscher der Orkaden zu beziehen.
Zu dieser Zeit wurden die nördlichen Meere Europas vielfach von skandinavischen Seeräubern unsicher gemacht. Sinclair, der in Zeno bald einen geschickten Seemann erkannte, verbündete sich deshalb mit diesem zur Eroberung von Frisland, dem Neste der Seeräuber, die den ganzen Norden Schottlands verwüsteten. In den Hafenbüchern vom Ausgange des 15. Jahrhunderts und den Seekarten von Anfang des 16. Jahrhunderts bezeichnet dieser Name die Gruppe der Färöer, was höchst wahrscheinlich richtig ist, denn Buache hat in den heutigen Namen der Häfen und
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