Die Entdeckung der Erde
Nachrichten, welche wir über die Familie Cortereal zu geben vermögen, sind, wenn auch weit vollständiger als die Angaben der biographischen Lexica, doch noch immer sehr oberflächlich und unbestimmt. Wir müssen uns jedoch damit begnügen, denn bis jetzt hat die Geschichtsforschung noch nicht mehr über dieses kühne Seefahrer-Geschlecht zu Tage gefördert.
Joao Vaz Cortereal war der Bastard eines Edelmannes Namens Vasco Annes da Costa, der wegen des prahlerischen Aufwandes seines Hauses und seiner Dienerschaft vom Könige von Portugal den Spottnamen Cortereal erhalten hatte. Wie so viele andere Edelleute seiner Zeit abenteuerlichen Seereisen zugethan, soll Joao Vaz in Galicien ein junges Mädchen, Namens Maria de Abarea, entführt haben, mit der er sich vermählte.
Nachdem er längere Zeit eine Anstellung als Hussier des Infanten Don Fernand gehabt, schickte ihn der König mit Alvaro Martins Homen auf den nördlichen Atlantischen Ocean hinaus. Die beiden Seefahrer sollen da in Sicht einer Insel gekommen sein, welche seit jener Zeit mit dem Namen Terra das Bacalhaos, d. i. Stockfischland, bezeichnet wurde, und welche wahrscheinlich zu Neufundland gehörte. Die Zeit dieser Entdeckung ist wenigstens annähernd dadurch festzustellen, daß sie bei der Rückkehr in Terceira landeten, und, da die dortige Statthalterschaft durch Jacome de Bruges’ Ableben gerade erledigt war, bei der Infantin Doña Brites, der Witwe des Infanten Don Fernand, um diese Stelle anhielten, welche sie ihnen unter der Bedingung verlieh, daß Beide dieselbe gemeinschaftlich einnähmen, eine Thatsache, die noch durch eine Schenkungsurkunde aus Evora vom 2. April 1464 bestätigt wird.
Ohne die Authencität dieser Entdeckung Amerikas verbürgen zu können, steht doch so viel fest, daß sich die Fahrt Cortereal’s durch irgend ein besonderes Vorkommniß ausgezeichnet haben muß. Man pflegte mit großartigen Schenkungen nur Diejenigen zu belohnen, welche der Krone hervorragende Dienste geleistet hatten.
Nach seiner Niederlassung in Terceira ließ sich Vaz Cortereal in der Zeit von 1490 bis 1497 in der Stadt Angra einen prachtvollen Palast erbauen, den er mit seinen drei Kindern bewohnte. Gaspard, sein dritter Sohn, der zuerst im Dienste des Königs Emanuel stand, als dieser noch Herzog von Beja war, fühlte sich schon in frühen Jahren zu denselben wagehalsigen Unternehmungen hingezogen, welche den Ruhm seines Vaters begründet hatten. Durch einen aus Cintra vom 12. März 1500 datirten Erlaß machte der König Emanuel Gaspard Cortereal die Inseln und das Festland zum Geschenk, die er werde entdecken können, wobei der König noch sonderbarer Weise hinzufügte, daß »er jene schon früher auf seine eigenen Kosten aufzufinden versucht habe«.
Höchst wahrscheinlich beabsichtigte er seine Untersuchungen in der Richtung hin vorzunehmen, wo sein Vater die Stockfischinsel aufgefunden hatte.
Karte der Entdeckungen der Cabot’s (Vater und Sohn).
Er rüstete also, wenn auch mit der Hilfe des Königs, doch in der Hauptsache auf eigene Kosten zu Anfang des Sommers 1500 zwei Schiffe aus, lief zuerst in den Hafen von Terceira ein und segelte von hier aus nach Nordwesten. Zuerst entdeckte er ein Land, dessen pflanzenreiches, frischgrünes Aussehen ihn sehr bestochen haben mag. Es war das Canada. Er fand hier einen großen Strom, der Eisschollen herabwälzte, den St.-Lorenzo, den einige seiner Begleiter für einen Meeresarm hielten und dem er den Namen Rio-Nevado gab. »Der Ausfluß desselben ist so beträchtlich, daß dieses Land gewiß keine Insel sein kann, ohne darauf Rücksicht zu nehmen, daß jenes eine sehr starke Schneedecke tragen muß, um einen solchen gewaltigen Wasserlauf speisen zu können.«
Die Häuser in der Nähe waren aus Holz erbaut und mit Fellen und Häuten bedeckt. Das Eisen kannten die Bewohner derselben nicht, sondern bedienten sich als Hiebwaffen scharfkantiger Steine, während ihre Pfeile mit spitzigen Fischknochen oder ähnlich geformten Steinen bewehrt erschienen. Groß von Gestalt und wohl gebaut, hatten sie Gesicht und Körper mit bunten Farben bemalt, trugen Armbänder aus Gold oder Kupfer und eine Kleidung aus Pelzfellen.
Cortereal setzte seine Fahrt weiter fort und gelangte zum Cap der »Bacalhaos, einer Fischart, die sich hier in so beträchtlicher Menge tummelte, daß die Caravellen kaum vorwärts kommen konnten«. Dann folgte er der Küste in einer Ausdehnung von zweihundert Meilen, vom 56. bis zum 60.
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