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Die Entdeckung der Erde

Die Entdeckung der Erde

Titel: Die Entdeckung der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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oder eine Hütte zu errichten, um sich gegen den Schnee und die Angriffe der Bären zu schützen. Wenige Tage später fanden einige Matrosen, die sich auf zwei bis drei Meilen in das Land hineingewagt hatten, auf einem Flusse mit süßem Wasser eine Menge schwimmendes Holz und entdeckten auch die Spuren von wilden Ziegen und Renthieren. Am 11. September, als sie die Bai mit ungeheueren Eisblöcken angefüllt sahen, welche fest mit einander verbunden waren, überzeugten sich die Holländer von der Nothwendigkeit, auf diesem Punkte zu überwintern, und so beschlossen sie denn, »um gegen die Kälte und wilden Thiere besser gesichert zu sein, ein wirkliches Haus zu erbauen, geräumig genug, um Alle aufzunehmen, während man nun das Schiff, da dieses jeden Tag einen unsichren und unangenehmeren Aufenthalt bot, vollständig verließ. Zum Glück fanden sie am Strande ganze Bäume, welche wahrscheinlich aus Sibirien stammten und von den Meeresströmungen hierhergeführt waren, in solcher Menge, daß diese nicht allein zur Herstellung ihrer Wohnung hinreichten, sondern auch noch das nöthige Heizungsmaterial für den Winter lieferten.
    Noch hatte kein Europäer in diesen Gegenden überwintert, inmitten dieses starren unbeweglichen Meeres, das nach dem falschen Ausspruche des Tacitus, den Gürtel der Welt bildet, wo man das Geräusch hört, wenn die Sonne sich erhebt. Die siebzehn Holländer hatten nicht die geringste Ahnung von den Leiden, die ihrer hier warteten. Sie ertrugen dieselben übrigens mit bewunderungswerther Geduld, ohne ein Wort des Unwillens, ohne den geringsten Widerstand gegen die Disciplin. Die Aufführung dieser wackeren Seeleute, die, unwissend darüber, welch’ hartes Loos ihnen beschieden sein sollte, »ihre Sache in Gottes Hand gelegt hatten«, verdient noch heute als leuchtendes Beispiel aufgestellt zu werden. Von ihnen kann man ohne Uebertreibung sagen, daß sie um das Herz das
Aes triplex
(das dreifache Erz) des Horaz trugen. Der Geschicklichkeit und Kenntniß, sowie der Vorsicht ihres Führers Barentz verdankten sie es, ebenso wie dem unter ihnen herrschenden Geiste der musterhaftesten Disciplin, daß sie Nowaja-Semlja – allem Anscheine nach ihr Grab – wieder verlassen und die Gefilde des Vaterlandes wiedersehen konnten.
    Die zu jener Jahreszeit ungemein häufigen Bären beunruhigten die Mannschaft oft durch ihren Besuch. Mehr als einer ward erlegt, doch begnügten sich die Holländer, diese abzuziehen, um das Fell zu gewinnen, während sie dieselben nicht verzehrten, weil sie deren Fleisch wahrscheinlich für ungesund hielten. Doch hätte eben dieses Fleisch einen sehr beträchtlichen Zuschuß zu ihrer Nahrung liefern können, der ihnen die Aufzehrung des gesalzenen Fleisches und damit lange Zeit das Auftreten des Scorbut erspart haben würde. Doch greifen wir nicht voraus und folgen getreulich dem Tagebuche Gerrit de Veer’s.
    Am 23. September starb der Schiffszimmermann und wurde in einer Bergschlucht begraben, weil es unmöglich war, wegen des harten Frostes die Erde selbst auszuhöhlen. Die folgenden Tage verwendete man zur Herbeischaffung des schwimmenden Holzes und zur Erbauung des Hauses. Um dasselbe zu bedecken, mußte man die Wohnräume im Vorder-und Hintertheile des Schiffes demoliren.
    Am 2. October ward jenes bezogen, zu dessen Einweihung man an Stelle des Maibaumes eine Eissäule errichtete. Am 31. wüthete ein starker Nordwestwind; das hohe Meer wurde dabei vollständig vom Eise befreit und lag offen, so weit das Auge reichte. »Wir aber blieben gefangen und eingekerkert im Eise; das Schiff wurde nun zwei bis drei Fuß gehoben und wir konnten nicht anders glauben, als daß das Wasser der Bai bis zum Grunde gefroren sei, obwohl es eine Tiefe von 3 bis 3 1 / 2 Faden hatte.«
    Vom 12. October ab schlief man in dem Hause, das noch nicht einmal ganz fertig war. Am 21. schaffte man den werthvollsten Theil des Proviants, die Möbel und Alles, was etwa gebraucht werden konnte aus dem Schiffe, denn es lag auf der Hand, daß die Sonne bald gänzlich verschwinden würde. Auf dem Dache des Hauses ward ein Schornstein angebracht, im Innern eine holländische Wanduhr aufgehangen; längs der Wände standen die Betten und in der Mitte eine Tonne als Badebassin, denn der Schiffsarzt hatte vernünftiger Weise zu Erhaltung der Gesundheit der Mannschaft den fleißigen Gebrauch von Bädern angeordnet. Der Schneefall dieses Winters war ein ganz erstaunlicher. Das ganze Haus verschwand unter diesem

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