Die Entdeckung der Erde
eigentlicher Führer und einziger Pilot war, der das unbegrenzte Vertrauen aller Theilnehmer der Fahrt besaß. Dem Willen Gottes aber konnten wir ja nicht widerstreben, und dieser Gedanke beruhigte uns doch ein wenig.«
So starb der berühmte Barentz inmitten seiner Entdeckungen, wie seine Nachfolger Franklin und Hall. Aus den wohlerwogenen traurigen Worten des kurzen Nachrufes Gerrit de Veer’s fühlt man die Liebe, die Sympathie und das Vertrauen, das dieser kühne Seeheld seinen unglücklichen Gefährten einzuflößen verstanden hatte. Barentz glänzt als einer der ersten Sterne Hollands, das an muthigen und geschickten Seefahrern ja so reich ist. Wir werden später erzählen, was zur Ehre seines Andenkens geschah.
Nachdem sie wiederholt genöthigt gewesen waren, die Boote aus dem Wasser zu ziehen, wenn sie nicht durch Eisschollen erdrückt werden sollten, nachdem sie das Meer öfter sich vollkommen hatten öffnen und auch wieder schließen sehen, nach bitterem Leiden an Hunger und Durst, erreichten die Holländer glücklich das Cap Nassau. Als sie so eines Tages gezwungen waren, die Boote auf das Eisfeld herauszuziehen, das jene zu vernichten drohte, verloren sie einen großen Theil ihres Proviants und wären bald Alle ertrunken, denn das Eis brach unter ihren Füßen. Mitten in ihrem Elend erfreuten sie sich doch manchen Glücksfalles. So fanden sie z.B. auf der Insel Croix sechzig Eier von der Bergente. »Sie wußten nur nicht gleich, wie diese fortzuschaffen seien. Endlich zog einer der Leute die Hosen aus, band sie unten zu und in diese steckte man nun die Eier; der sonderbare Behälter wurde an einem Spieße nach der Landungsstelle getragen. Erst nach zwölf Stunden kamen die Leute wieder, so daß wir fürchteten, es sei ihnen ein Unfall zugestoßen. Die Eier wurden hochwillkommen geheißen und wir speisten wie die großen Herren.« Vom 13. Juli ab schaukelten die Holländer auf einem Meere, das, wenn auch nicht gänzlich eisfrei, doch nicht mehr die großen Eisfelder mit sich führte, deren Ueberschreitung ihnen so viel Mühe gekostet hatte. Beim Einlaufen in den St. Lorenz begegneten sie am 28. Juli zwei russischen Barken, denen sie sich zuerst nicht zu nähern wagten. Als sie die Matrosen aber ohne Waffen und unter Andeutungen ihrer friedlichen Gesinnung auf sich zukommen sahen, verbannten sie jede Furcht, vorzüglich weil sie sich erinnerten, dieselben schon im vorigen Jahr in der Nähe von Waigatz getroffen zu haben. Von diesen erhielten sie einige Unterstützung und setzten ihre Reise, immer so dicht am Lande, wie das Eis es erlaubte, längs der Küste Nowaja-Semljas fort. Bei Gelegenheit einer Landung fanden sie Exemplare der Cochlearea (Löffelkraut), einer Pflanze, deren Blätter und Samen eines der kräftigsten Anti-Scorbuticis darstellen. Alle aßen davon mit vollen Händen und spürten auch sofort eine wesentliche Erleichterung Inzwischen gingen ihre Lebensmittel zu Ende; sie besaßen nur noch ein wenig Brot, doch keinen Wein mehr. Nun faßten sie den Entschluß, sich mehr in die offene See zu wagen, um den Weg nach Rußland möglichst abzukürzen, wo sie wenigstens einige Fischerbarken anzutreffen hofften, von denen sie Hilfe erhalten konnten. Ihre Hoffnung sollte nicht getäuscht werden, wenn sie auch noch Manches zu erdulden hatten. Die Russen erwiesen sich gegen die Unglücklichen sehr mitleidig und lieferten ihnen wiederholt Nahrungsmittel, um sie vom Hungertode zu retten. Durch einen dichten Nebel wurden die beiden Boote von einander getrennt. Sie fanden sich erst weit jenseits des Caps Kanin, an der anderen Seite des Eismeeres, bei der Insel Kildyn wieder zusammen, wo Fischer den Holländern mittheilten, daß sich in der Kola drei Schiffe ihrer Nation befänden, welche segelbereit lagen, um nach der Heimat zurückzukehren. In Begleitung eines Lappländers sandten sie also einen der Ihrigen ab, der nach drei Tagen mit einem Schreiben zurückkam, das die Unterschrift Johann Rijp trug. Wie erstaunten die Holländer, als sie diese Züge erkannten. Durch Vergleichung dieses Briefes mit verschiedenen anderen, welche Heemskerke besaß, überzeugten sie sich endgiltig, daß derselbe von dem Kapitän herrühre, der sie im vorigen Jahre begleitet hatte. Einige Tage später, am 30. September, kam auch Rijp selbst auf einer mit Proviant beladenen Barke an, um sie abzuholen und in den Kolafluß zu geleiten, wo sein Schiff vor Anker lag.
Rijp war im höchsten Grade verwundert über Alles, was sie
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