Die Entdeckung der Erde
hat«.
Folgt man der auf Pauthier’s Karte eingezeichneten Reiseroute, so begab sich Marco Polo, als er Cambaluc verließ, nach der südlicher gelegenen gewerbreichen Stadt Ciangli, wahrscheinlich Te-cheu, und sechs Tagereisen von da nach Condinfu, das heutige Tsi-nan-fu, die Hauptstadt der Provinz Chang-tung, in der Confucius geboren ward. Es war das damals nicht nur eine große, sondern auch die vornehmste Stadt in weiter Umgebung, nach welcher viele Seidenhändler zu kommen pflegten und deren wunderschöne Gärten große Mengen der herrlichsten Früchte lieferten. Drei Tagereisen von Condinfu langte Marco Polo bei der Stadt Lin-tsin-cheu, am Anfange des großen Yun-no-Kanales und an dem Sammelplatze unzähliger Fahrzeuge an, welche nach den Provinzen Mangi und Cathay erstaunliche Mengen der verschiedensten Waaren bringen. Acht Tage später passirte er Ligui, welches der heutigen Stadt Ling-cing zu entsprechen scheint, Pi-ceu, ein Handelsplatz der Provinz Tschiang-fu, ferner die Stadt Cingui, und kam dann bei Caramoran an den Gelben Fluß, den er gelegentlich der Fahrt nach Judo China schon einmal in seinem oberen Laufe überschritten hatte. Hier befand sich der Reisende letzt kaum eine Meile entfernt von der Mündung jener größten und wichtigsten Pulsader Chinas. Mit Ueberschreitung des Stromes betrat Marco Polo die unter dem Namen des Reiches der Song bekannte Provinz Mangi.
Das Königreich Mangi stand, bevor es Kublaï-Khan gehörte, unter der Herrschaft eines sehr friedfertigen Königs, der die Greuel des Krieges verabscheute und an den Leiden Unglücklicher aufrichtig theilnahm. Wir lassen hier folgen, was Marco Polo über ihn sagt, und geben wegen der hübschen Abfassung seines Berichtes gleich den ursprünglichen Text desselben wieder: »Dieser letzte Kaiser der Song-Dynastie konnte wohl so große Ausgaben machen, daß sie an Verschwendung grenzten; ich will Euch hier zwei sehr edelmüthige Züge von ihm mittheilen: Jedes Jahr sorgte er für die Ernährung von 20.000 kleinen Kindern, denn die armen Weiber setzen ihre Kinder gleich nach der Geburt aus, wenn sie dieselben nicht ernähren können. Der König ließ Alle aufsammeln und eintragen, unter welchem Zeichen und welchem Planeten sie geboren waren, dann sorgte er dafür, daß sie an verschiedenen Orten aufgezogen wurden, denn Ammen fanden sich dazu in Menge. Besaß ein reicher Mann keinen Sohn, so wandte er sich an den König und ließ sich von demselben beliebig viele und diejenigen, welche er am liebsten nehmen wollte, schenken. Erreichten die Knaben und Mädchen dann das geeignete Alter, so verheirathete er sie mit einander und vermittelte ihren Lebensunterhalt; auf diese Weise erzog er jährlich 20.000 Kinder männlichen und weiblichen Geschlechts. Befand er sich auf der Straße und bemerkte er ein kleines Haus zwischen zwei großen, so fragte er, warum dasselbe nicht so groß sei wie die anderen; und erhielt er dann die Antwort, daß die Armuth des Besitzers es diesem nicht erlaube, es anders bauen zu lassen, so ließ er es eben so groß und schön herstellen wie die anderen. Des Königs tägliche Bedienung bestand aus tausend Edelknappen und Edelfräulein. Er hielt in seinem Reiche auf eine so strenge Rechtspflege, daß ein Verbrechen überhaupt gar nicht vorkam; selbst des Nachts blieben die Häuser der Kaufleute offen stehen, doch eignete sich kein Unbefugter daraus etwas an; auch konnte man in der Nacht ebenso sicher reisen wie am Tage.«
In der Provinz Mangi traf Marco Polo auf die Stadt Coigangui, das heutige Hoaï-gnan-fu, am Ufer des Gelben Flusses, dessen Hauptindustrie in der Bereitung von Salz besteht, welches zahlreiche Salzmoräste liefern. Eine Tagereise von hier erreichte der Reisende, der einer mit sehr schönen Steinen gepflasterten Straße folgte, die wegen ihrer golddurchwirkten Tücher weitberühmte Stadt Pau-in-cheu, ferner Caiu, das heutige Kao-yu, dessen Einwohner sich als Fischer und Jäger auszeichnen, später die Stadt Tai-cheu, wohin die Schiffe in großer Anzahl kommen, und endlich die Stadt Yangui.
Dieses Yangui entspricht dem heutigem Yang-che-fu, dessen Gouverneur Marco Polo drei Jahre hindurch gewesen war. Es ist das eine volkreiche, betriebsame Handelsstadt von nicht weniger als zwei Meilen Umfang Von Yangui aus trat Marco Polo verschiedene Reisen an, durch welche er seine umfassenden Kenntnisse der Küsten-und Binnenstädte erlangte.
Zuerst wandte sich unser Reisender nach Westen, wo er zunächst die Stadt
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