Die Entdeckung der Erde
einem Sturme, der ihn inmitten von Untiefen überfiel, seine Segel und Anker, auch stießen die Fahrzeuge während der Nacht wiederholt auf den Grund. Dann warf ihn der Sturm nach Süden zurück und er kam mit seinen halbzertrümmerten Schiffen nach Jamaica, wo er am 23. Juni in den Hafen San Gloria, die spätere Bai Don Christoph, einlief. Der Admiral trachtete zwar, nach Espagnola zu kommen; dort fanden sich die nöthigen Hilfsmittel, seine Schiffe wieder in Stand zu setzen, während solche auf Jamaica gänzlich fehlten; doch seine von Würmern zerfressenen Caravellen, »welche eher Bienenstöcken glichen«, waren nicht in dem Zustande, mit ihnen die Ueberfahrt von dreißig Meilen zu wagen. Wie konnte er aber an Ovando, den Gouverneur der Insel Espagnola, sonst einen Boten abfertigen?
Da die Caravellen an allen Seiten Wasser schluckten, mußte sie der Admiral auf den Strand setzen; dann suchte er in das Leben auf dem Lande einige Ordnung zu bringen. Die Indianer kamen ihm anfangs zu Hilfe und lieferten der Mannschaft die nöthigen Lebensmittel. Die armen, so schwer geprüften Matrosen verhehlten ihren Unmuth gegen den Admiral nicht länger; sie singen an zu murren, während der unglückliche, durch Krankheit herabgekommene Columbus sein Schmerzenslager nicht zu verlassen vermochte.
Unter diesen Umständen machten zwei muthige Officiere, Mendez und Fieschi, dem Admiral den Vorschlag, auf Piroguen der Indianer die Ueberfahrt von Jamaica nach Espagnola zu wagen. Thatsächlich war das eine Reise von zweihundert Meilen, da sie auch noch längs der Küste bis zum Hafen der Kolonie hinfahren mußten. Die unerschrockenen Officiere erklärten sich jedoch bereit, allen Gefahren zu trotzen, da die Rettung oder der Untergang aller ihrer Gefährten auf dem Spiele stand. Christoph Columbus verstand diesen kühnen Vorschlag, den er unter anderen Umständen gewiß selbst ausgeführt hätte, und ermächtigte Mendez und Fieschi, abzureisen. Der Admiral blieb nun ohne Schiffe, fast ohne alle Nahrungsmittel, mit seinen Leuten auf der wilden Insel zurück.
Bald steigerte sich das Elend der Schiffbrüchigen – so kann man sie ja wohl nennen – so sehr, daß eine Empörung ausbrach. Geblendet durch ihre traurige Lage, redeten sich die Leute ein, ihr Chef wage nicht, nach dem Hafen von Espagnola zurückzukehren, in den ihm der Gouverneur Ovando schon früher den Eintritt verweigert hatte. Sie glaubten, dieses Verbot treffe sie mit dem Admiral gleichmäßig, und wenn der Gouverneur der Flottille die Häfen der Kolonie verschloß, so könne er nur auf königlichen Befehl handeln. Diese thörichten Anschauungen erhitzten die schon unruhigen Köpfe noch mehr und am 2. Januar 1504 stellten sich der Kapitän einer der Caravellen und der Schatzmeister der Flottille, zwei Brüder Namens Porras, an die Spitze der Unzufriedenen.
Der Admiral mußte die Caravellen auf den Strand setzen. (S. 215.)
Sie verlangten nach Europa zurückzukehren, und stürmten das Zelt des Admirals mit dem Rufe: »Nach Castilien! Nach Castilien!«
Columbus war krank und lag zu Bette. Seine Brüder und sein Sohn traten vor, ihn mit dem eigenen Leibe zu schützen. Beim Anblick des bejahrten Admirals hielten die Empörer ein und legte sich die frühere Wuth. Seine Darlegungen und Rathschläge wollten sie jedoch nicht hören, und nicht einsehen, wie sie ihr Heil nur darin finden könnten, daß jeder Einzelne unbeirrt seine Pflicht erfülle und für das allgemeine Wohl arbeite. Ihr Entschluß, die Insel sobald als möglich und mit Benützung jedes sich nur darbietenden Mittels zu verlassen, stand einmal fest. Porras und die anderen Unzufriedenen liefen also nach dem Strande; hier bemächtigten sie sich mehrerer Canots der Eingebornen und begaben sich nach dem östlichen Ende der Insel. Dort plünderten sie, blind vor Wuth und alle Rücksichten vergessend, die Indianer-Wohnungen, indem sie den Admiral für ihre Gewaltthätigkeiten verantwortlich machten, und schleppten selbst verschiedene Eingeborne mit in die geraubten Boote. Porras segelte dann mit seinen Angehörigen davon; Alle wurden aber, als sie kaum einige Meilen in See waren, von einem plötzlichen Windstoße überfallen und in große Gefahr gebracht, so daß sie zur Erleichterung ihrer Boote die Gefangenen einfach in’s Meer warfen. Nach diesem unmenschlichen Acte versuchten die Canots die Insel Espagnola zu erreichen, wie es vordem Mendez und Fieschi gelungen war, wurden aber unwiderstehlich nach der
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