Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
setzt erneut Wassererosion ein: Der Sand wird immer weiter verlagert, die Sandgebilde verändern ihre Gestalt, und der Sand kommt niemals zur Ruhe.
Die feinen Partikel, Schluff und Ton, bleiben länger im Wasser suspendiert. Sie lagern sich beispielsweise hinter Haken und Nehrungen ab, wo die Strömung erheblich geringer ist. In Lagunen-, Haff- und Boddenbereichen findet man daher eine Menge feines Sediment, das den Flachwasserbereich allmählich noch seichter macht, so dass er verlanden und vermooren kann. Mooriges Terrain in einem ehemaligen Strandsee nennt man mancherorts «Noor».
Haken und Nehrungen mit Strandseen können sich nur an einer Meeresküste ausbilden, an der der Tidenhub gering ist – an der Ostsee, [45] an der jütischen Nordseeküste, am Mittelmeer, in Florida. An anderen Küsten sind die Unterschiede zwischen Hoch- und Niedrigwasser größer, und es bilden sich im Wechsel der Tiden starke Flut- und Ebbströmungen aus. Vor allem das während der Ebbe abfließende Wasser verhindert die Bildung zusammenhängenderNehrungen. Die Sandablagerungen werden dort von tief eingeschnittenen Gewässerbahnen unterbrochen, den Gatts, Gaten oder Tiefs. Wenn der Tidenhub höher als ungefähr zwei Meter ist, entstehen längliche Barriereinseln; Beispiele dafür sind die West- und Ostfriesischen Inseln an der südlichen Nordseeküste. [46] Bei noch höherem Tidenhub bilden sich andere Sandablagerungen heraus: rundliche Sandbänke, die sich zu Platen und dann auch zu Inseln weiterentwickeln können. Solche Inseln findet man in der inneren Deutschen Bucht, im Mündungsbereich von Elbe und Weser. Beispiele für solche Platen sind Neuwerk und Scharhörn. Hinter den Barriereinseln lagern die schwach gewordenen Meeresströmungen nur feine Partikel ab: Schluff und Ton.
Abb. 4-2 Die Kurische Nehrung schließt das Kurische Haff gegenüber der Ostsee ab. Der Wind formte aus dem Sand der Nehrung Dünen, die auch heute ständig wandern.
Der Bereich, der bei Flut überströmt wird und aus dem sich bei Ebbe das Wasser zurückzieht, wird Watt genannt. Vor Steilküsten gibt es ein Felswatt. Wo feinkörnige Ablagerungen desMeeres das Watt bilden, wird es je nach Konsistenz Sandwatt (an der Außenseite der Inseln) oder Schlickwatt (an der Rückseite der Inseln) genannt.
Langfristige Veränderungen des Meeresspiegels
Das Niveau des Meeresspiegels ist keine Konstante. Abgesehen von regelmäßigen Schwankungen des Wasserspiegels, die mit den Tiden zusammenhängen, und auch von Windströmungen, die Wasser vom Ufer wegdrücken oder in Richtung der Küste pressen, gibt es weitere, langfristigere Meeresspiegelschwankungen. Sie können einerseits damit zusammenhängen, dass Land gehoben wird oder absinkt. Man spricht dann von isostatischen Meeresspiegelschwankungen. Andererseits gibt es eustatische Schwankungen der Wasserspiegelhöhen. Sie hängen vor allem davon ab, wie viel Wasser weltweit als Eis gebunden und daher nicht in den Meeresbecken zu finden ist. In der letzten Eiszeit war so viel Wasser in den Gletschern auf der Erdoberfläche gebunden, dass der Wasserspiegel der Weltmeere 120 bis 130 Meter unter dem heutigen Niveau lag. Für die flachen Meere am Rande Europas hatte dies erhebliche Auswirkungen: Es gab damals keine Verbindung zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer, der Englische Kanal war nicht durchströmt, und die Nordseeküste lag im Bereich der Doggerbank.
Lithogenese
Lockere Sedimente, die vom Wind oder Wasser abgelagert wurden, können durch den Druck weiterer Ablagerungen, die sie überdecken, allmählich zu Gesteinen zusammengepresst werden. Aus dem Material, das sich in durchströmten Bereichen ablagerte, beispielsweise an Flussmündungen, kann Sandstein werden, aus feinem Ton Tonstein, Schiefer oder, wenn die Ablagerungen kalkhaltigsind, Kalkstein. Wenn flache Seen oder Meeresarme unter dem Einfluss eines trockenen und heißen Klimas austrocknen, wird Salz akkumuliert, das unter erheblichem Druck, der von weiteren, darüberliegenden Ablagerungen ausgeht, zu Steinsalz wird. Die Bildung von festem Gestein aus lockeren Ablagerungen wird Lithogenese (Steinbildung) genannt.
Kontinentaldrift, Oro- oder Epirogenese
Der Einebnung der Erdoberfläche wirken tektonische Prozesse entgegen, vor allem die Kontinentaldrift und der Vulkanismus. Im Lauf der Erdgeschichte verschoben sich die Kontinentalmassen über zum Teil große Distanzen auf der Erdoberfläche. Sie lagen zu gewissen Zeiten in arktischen, dann in
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