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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Flüssen durchzogenen Niederungen in den Ebenen des nördlichen Mitteleuropas sind Relikte aus den Eiszeiten. Damals flossen erhebliche Schmelzwassermengen in ihnen ab; sie formten viele Kilometer breite Ströme und Täler. Heute befindet sich normalerweise viel weniger Wasser in diesen Strömen, so dass zwar Teile der Senken, nicht aber die gesamten Ebenen überflutet werden können.
    Die Auswirkungen von Überflutungen hängen vom Gefälle des Fließgewässers ab, in dem sie auftreten. Besonders heftige Überflutungen gibt es an den Oberläufen: Reißende Wassermassen führen zu erheblicher Zerstörung. An den Unterläufen der Flüsse geht die zerstörende Wirkung vor allem von der langen Dauer der Überflutung aus, die Dämme zum Brechen bringen kann. Besonders lange halten sich die Fluten dort, wo mehrere Flüsse ineinander münden und sich gegenseitig aufstauen.
    Wo erhebliche Naturrisiken herrschen, kann es eher zur sogenannten Naturkatastrophe kommen. Deren Charakter muss man aber grundsätzlich richtig einschätzen: Das katastrophale Geschehen liegt immer im Rahmen der Dynamik von Natur. Wenn es zur Katastrophe kommt, bedeutet dies, dass sie von Menschen nicht vorhergesehen wurde oder dass eine ausreichende Strategie für den Schutz vor der Katastrophe noch nicht gefunden war oder ist. Es ist notwendig, sich immer besser auf das Wirken der Naturkräfte einzustellen. Die Menschheit tut dies bereits seit Jahrtausenden, denn in jeder konkreten Landschaft war damit stets zu rechnen. Das Wissen darüber ist nicht in jedem Fall aufgeschrieben worden. Aber es kann bei einer sorgfältigen Landschaftsanalyse aus der Betrachtung von Siedlungsstrukturen erschlossen werden, die ebenso wie schriftliche Quellen als wichtige Dokumente für den Umgang mit Landschaft herangezogen werden müssen.

  5 Ökosysteme
Systemische Beziehungen in der belebten Natur
    Die Dynamik der unbelebten Natur kann unberechenbar sein: Vulkanausbrüche oder Erdbeben lassen sich kaum vorhersagen, Wetterereignisse treten immer wieder nicht so ein, wie sie vorhergesagt wurden. In Witterungsperioden mit häufigem Frostwechsel, wenn mehrmals Wasser in Gesteinsritzen gefriert und wieder auftaut, brechen mehr Felspartien ab als zu anderen Zeiten. Deshalb kann der Aufenthalt unter steil aufragenden Felsen, etwa an der Steilküste von Rügen, im Winter gefährlich sein. Vulkanausbrüche können mit Erdbeben verbunden sein, die Witterung hat auf den Abtrag von Felsen Einfluss, aber nicht zwischen allen Teilen der unbelebten Natur lassen sich Beziehungen herstellen.
    Zwischen Lebewesen herrschen viel engere Abhängigkeiten als zwischen Elementen der unbelebten Natur: Tiere fressen Pflanzen oder andere Tiere, Mikroorganismen stellen aus Stickstoff der Luft Stickstoffverbindungen her, die Pflanzen und Tiere zum Leben brauchen, bestimmte Pflanzen gedeihen in der prallen Sonne, andere nur im Schatten anderer Gewächse. Diese Abhängigkeiten lassen sich in Zusammenhängen von Systemen darstellen, die als Ökosysteme bezeichnet werden. Mit ihnen befasst sich unter anderem die Landschaftsökologie, ein Fachgebiet, das zwischen den Fächern Geographie und Ökologie angesiedelt ist. Das Ökosystem wird als ein Wirkungsgefüge zwischen Lebewesen und ihrer unbelebten sowie belebten Umwelt definiert. Man beschreibt ein Ökosystem dabei so, als sei es nach außen abgeschlossen. Doch diese Abgrenzung braucht man eigentlich ausschließlich für dessen Darstellung. [50]
    Auch Landschaften begrenzt man, um sie beschreiben zu können;hierbei wird eine Gemeinsamkeit von Landschaft und Ökosystem erkennbar. Doch in Ökosystemen werden nur objektiv bestehende Elemente und Abhängigkeiten dargestellt, während in die Betrachtung von Landschaft eine Bewertung eingehen kann. Entsprechend befasst sich die Landschaftsökologie ausschließlich mit objektiv zu beurteilenden Untersuchungsgegenständen, während die Landschaftswissenschaft auch die Bewertungen einbezieht.
    Man kann die gesamte Erdoberfläche oder die gesamte Biosphäre, den belebten Raum auf der Erde, als ein großes Ökosystem beschreiben. Denn letztlich bestehen zwischen allen Lebewesen auf der Erde Beziehungen. Doch so umfassend dieses Ökosystem auch ist: Nach außen lässt es sich nicht strikt begrenzen. Ohne Sonnenlicht gäbe es keine Fotosynthese und daher kein Leben auf der Erde.
    Im Meer, wo das Leben entstand, sind die anorganischen Stoffe, die für Fotosynthese, Atmung und für weitere Stoffwechselprozesse

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