Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
größer als eine Doline. Im kroatischen Karstgebirge ist es nur am Grund eines Polje und auf der Schwäbischen Alb in Talsenken feucht genug für den Ackerbau
(Abb. 4–7)
. Polje ist eigentlich der kroatische Begriff für ein Feld, und von diesem Begriff ist die Benennung für die spezielle Landschaftsform einer ausgedehnten Senke im Karstgebirge abgeleitet. In regenreichen Perioden oder bei der Schneeschmelze bilden sich in manchen Senken eines Karstgebietes für eine gewisse Zeit flache Karstseen, die in trockeneren Witterungsphasen wieder austrocknen.
Abb. 4-7 In einem Kalkgebirge wie der Schwäbischen Alb reicht die Wassermenge nur in der Talsenke für den Ackerbau aus. Die trockenen Hänge werden beweidet, auf Steilhängen befindet sich Wald.
Das Wasser sammelt sich im Untergrund eines Karstgebirges, und zwar über einer wasserundurchlässigen Schicht. Auch sie kann aus Feuersteinlehm bestehen. Dort entstehen unterirdische Wasserläufe, die beständig vom Wasser erweitert werden. Die unterirdischen Hohlräume werden an vielen Stellen nicht vollständig von Wasser ausgefüllt. Auf diese Weise bilden sich weit verzweigte Höhlensysteme, von denen einige von seitlichen Felsabbrüchen des Kalkgebirges aus zugänglich sind. Am Rand des Karstgebirges treten die Wassermassen an sehr starken Quellen zutage, die man Quelltöpfe nennt. Im Untergrund des Kalkgebirges hat Wasser eine recht hohe Temperatur und kann demzufolge eine Menge Kalk lösen. An den Quelltöpfen nimmt die Temperatur des austretendenWassers sehr rasch ab. Dabei wird Kalk ausgefällt, denn in kälterem Wasser kann weniger Kalk gelöst werden. An den Quelltöpfen entsteht aus ausgefälltem Kalk Sinter, über den das Wasser aus dem Quelltopf rinnt. Berühmt sind die auf diese Weise sich immer weiter bildenden Sinterterrassen, die man an den Plitvicer Seen in Kroatien und an vielen anderen Orten der Welt bewundern kann. Tritt das Wasser aus einer Felswand aus, kann sich unterhalb der Quelle ein Wasserfall bilden. Ein spektakuläres Beispiel dafür ist der Uracher Wasserfall am Rand der Schwäbischen Alb
(Abb. 4–8)
.
Abb. 4-8 Am Rand der Schwäbischen Alb treten große Wassermengen aus, z.B. am Uracher Wasserfall.
Naturrisiken in Landschaften
Mit den grundsätzlich wichtigen Erdoberflächenprozessen sind Risiken verbunden, die sich in unterschiedlicher Stärke auf bestimmte Landschaften auswirken können: vor allem in den Bereichen starker Abtragung und starker Erosion, dort, wo es zu Vulkanismus kommt oder plattentektonische Bewegungen häufig Erdbeben auslösen. Die Risiken lassen sich klar umreißen, werden aber oft von den dort lebenden Menschen nicht in aller Deutlichkeit erfasst, weil sie sich infolge von getroffenen Schutzmaßnahmen sicher fühlen. Es ist notwendig, sie besser über die Risiken an ihrem Wohnort aufzuklären, damit sie sich noch besser schützen können. Wichtig ist es auch, Debatten darüber zu führen, wie lange man ein Leben in Stabilität an einem von besonderer Dynamik betroffenen Wohnort befürworten kann. Eine sorgfältige Betrachtung der Naturkräfte in einer Landschaft könnte auch zu der Empfehlung führen, Wohnorte oder Industriestandorte für immer aufzugeben oder von Zeit zu Zeit zu verlagern.
Die Abschätzung von Risiken ist kompliziert; man darf keineswegs von Pauschalaussagen ausgehen. Erosion von weichem Gestein erfolgt rascher als die von hartem Fels, Kalk wird eher von Wasser zersetzt als Granit, die Auswirkungen des Meeresspiegelanstieges sind von den jeweils am betreffenden Ort eintretenden Tidenhöhen abhängig. Durch Analyse von Sedimenten muss herausgefunden werden, wie weit Überschwemmungen von Flüssen in der Vergangenheit reichten und daher auch wieder reichen können. In einigen Gegenden kann davon ausgegangen werden, dass prinzipiell der gesamte Talboden mit den unteren Bereichen der Talflanken überschwemmt werden kann. Das ist vor allem dort der Fall, wo Flüsse in ihrer derzeitigen Gestalt ein Tal selbst geschaffen haben. In anderen Fällen legten sich die Flüsse lediglich in Niederungen hinein, die unter anderen klimatischen und hydrologischen Bedingungen von anderen Fließgewässern geschaffen worden waren oder die sogar eine völlig andere Genese hatten. Sowird der oben erwähnte Grabenbruch in Europa von verschiedenen Flüssen durchzogen; die Senke ist aber nicht insgesamt als ihr Tal zu verstehen. Keinesfalls ist daher also die gesamte Oberrheinebene von Hochwasser bedroht. Die von
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