Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft
ein Waldboden ist und die Sukzession nur Vegetation und Tierwelt umfasst. [54]
Nach einigen Jahren steht Gebüsch auf der Lichtung, dann kommen erste Bäume in die Höhe, und nach weiteren Jahrzehnten schließen sich erneut die Baumkronen. Licht liebende Pflanzen am Waldboden verschwinden, ebenso die Tiere, die sich von ihnen ernährt hatten. Erneut breitet sich ein Moosteppich aus, weil es am Waldboden wieder lange Zeit feucht genug für ein Fortkommen von Moosen ist. Der Zyklus der Waldentwicklung und -erneuerung ist damit abgeschlossen.
Solche zyklischen Entwicklungen in Wäldern gehen mit der Herausbildung eines Standortsmosaiks einher. Denn an immer wieder anderen Stellen brechen alte Bäume zusammen, so dass für kurze Zeit an wechselnden Orten kleine Lichtungen entstehen. Damit sind zwei wichtige Konsequenzen verbunden. Zum einen können deswegen auch in einem prinzipiell dichten Wald solche Tiere und Pflanzen dauerhaft vorkommen, die vor allem für waldoffene Standorte typisch sind. Sie finden sich im Verlauf der Waldentwicklung immer wieder dort ein, wo für ein paar Jahre mehr Licht an den Waldboden vordringt. Zum anderen erhalten während des Ablaufs der Sekundärsukzessionen auch Arten von Lebewesen die Chance einer Ausbreitung, die zuvor an einem Ort nicht vorkamen. Der regelmäßige Ablauf von Sekundärsukzessionen im Wald führt also zu einem wenn auch sehr langsamen Ökosystemwandel.
Eiszeiten
Außer von diesen ständig auftretenden Formen des Wandels ist es in den jüngsten Phasen der Erdgeschichte vor allem aus zwei Ursachen zu erheblichen Veränderungen von Ökosystemen gekommen: einerseits durch die Klimaschwankungen des Eiszeitalters, andererseits durch besondere Formen des menschlichen Einflusses. Hier soll es zunächst um die erhebliche Dynamik der Landschaftsentwicklung im Eiszeitalter gehen.
Im Tertiär, dem «dritten Erdzeitalter», das von den letzten etwa 65 Millionen Jahren der Erdgeschichte etwa 63 umfasste, herrschte noch ein recht gleichbleibendes Klima auf der Erde vor. In Europa war es so warm, dass vielerorts sogar Palmen wuchsen. Aber die Erdkruste veränderte sich: Es entstanden die eurasiatischen Hochgebirge, zu denen unter anderem die Alpen, die Pyrenäen, die Karpaten und der Himalaya gehören. Allmählich sanken die Temperaturen in Europa, sie lagen aber immer noch über dem heutigen Niveau. Vor etwas mehr als zwei Millionen Jahren kam es zunächst zu kleineren, dann immer erheblicheren Klimaschwankungen. Schließlich sanken die Temperaturen weltweit mehrmals um etwa zehn Grad ab, danach stiegen sie wieder auf das vorige Niveau, so dass kalte und warme Phasen miteinander abwechselten. Dieser Wandel ist typisch für den jüngsten Abschnitt der Erdgeschichte, das Eiszeitalter oder Quartär, das «vierte Erdzeitalter». Warum es zu den mehrmaligen Klimaschwankungen kam, ist nicht vollständig aufgeklärt. Eine Ursache dafür könnte gewesen sein, dass durch die Entstehung der hohen Gebirge der Luftmassenaustausch zwischen der Westwindzone gemäßigter Breiten und den Tropen unterbrochen oder verändert wurde.
In den kalten Phasen sammelte sich in arktischen und subarktischen Gebieten Eis an, das sich schließlich nach Süden in Bewegung setzte, und zwar in Form von gewaltigen Gletschern. Auch von den Hochgebirgen her drang Eis in deren Umland vor. In jederEiszeit breiteten sich die Eismassen auf eine etwas andere Weise aus; im nördlichen Europa drangen die Gletscher einige Male bis an den Rand der Mittelgebirge vor, in anderen Phasen legten sie sich vor allem über das östliche Mitteleuropa. In allen Eiszeiten war es auch in den Gletschervorfeldern so kalt, dass dort keine Bäume wachsen konnten. Bäume gediehen in Europa fast nur noch in der Nähe des Mittelmeeres.
Beginn einer Warmzeit
Wenn das Klima wieder wärmer wurde, eine Warm- oder Zwischeneiszeit oder auch die Nacheiszeit begann, schmolzen Gletscher ab. Eine Menge Schutt blieb zurück. Ein Teil davon lag als gebogener Wall an der ehemaligen Gletscherfront, die bei jedem Gletschervorstoß lockeres Material vor sich hergeschoben und dann den Wall einer sogenannten Endmoräne geschaffen hatte. Seitlich vom Gletscher blieben Seitenmoränen zurück, und an seiner Basis kamen Grundmoränen unter dem tauenden Eis zum Vorschein. Vor allem das lockere Material von Grundmoränen konnte bei einem nachfolgenden Gletschervorstoß erneut in Bewegung gesetzt werden; die Eismassen schoben dann daraus eine Stauchendmoräne
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