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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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eine abweichende Richtung. Dies führt zu einer disruptiven Selektion: Populationen werden voneinander getrennt, und zwar schließlich möglicherweise so weit, dass man sie als zwei verschiedene Arten auffassen muss. Disruptive Selektion könnte vor allem Populationen von Kiefer und Birke betreffen. Waldkiefern wachsen sowohl in feuchten Mooren als auch auf sehr trockenen Dünen und Felsköpfen, Hängebirken an Rändern von Feuchtgebieten ebenso wieinnerhalb von Sekundärsukzessionen – und dabei auch auf sehr trockenen und flachgründigen Standorten, sogar auf Trümmern oder in Regenrinnen.
    Ausdruck einer solchen disruptiven Selektion bei der Kiefer könnte sein, dass man eine kurznadelige Form der Kiefer auf Mooren (Pinus sylvestris forma turfosa) von der eigentlichen Waldkiefer unterscheiden kann. [56]
Auswirkungen der Vergangenheit auf die Gegenwart
    Das gegenwärtige Erscheinungsbild von Ökosystemen und Landschaften hängt in vielfältiger Weise von deren Vergangenheit ab –von den Ablagerungen, die sich dort bildeten, von der Erosion, die dort stattfand, von den Ausbreitungsprozessen und der nachfolgenden Selektion von Organismen in einem bestimmten Ökosystem. Der mehrfache erhebliche Wandel des Klimas im Eiszeitalter wirkt sich vor allem darin auf heutige Landschaften Europas aus, dass sie besonders arm an verschiedenen Gehölzen sind. Viele Baumarten, die im Zeitalter des Tertiär in Mitteleuropa vorgekommen waren, könnten aus physiologischen Gründen dort auch heute wachsen; besondere Gründe der Landschaftsgeschichte verhinderten dort ihr weiteres Vorkommen. Etliche dieser Pflanzen wurden in den letzten Jahrhunderten erneut nach Mitteleuropa gebracht: als Forstpflanzen und Parkbäume. Ihr gutes Wachstum zeigt, dass das heutige Klima für sie günstig ist. Dieses Klima ähnelt demjenigen am Ende des Tertiär. Nur die zwischenzeitlichen Temperaturschwankungen sorgten dafür, dass es diese Pflanzenarten heute natürlicherweise in Europa nicht mehr gibt.

  7 Menschlicher Einfluss auf Ökosysteme
Generelle Aspekte
    Menschen können auf vielfältige Weise Einfluss auf Ökosysteme nehmen. Sie nutzen bestimmte Pflanzen und Tiere und drängen sie zurück, oder sie fördern die für sie nutzbringenden Arten, auch indem sie sie von einem Gebiet in ein anderes bringen, sogar von Kontinent zu Kontinent. Durch menschlichen Einfluss werden Erosion und Sedimentation gefördert oder eingedämmt. Menschen verändern das Bestandesklima, beispielsweise beim Roden von Wald. An einigen Stellen verarmt der Boden durch menschlichen Einfluss, an anderen werden Mineralstoffe akkumuliert. Wasserstände können verändert werden, und zwar sowohl durch Ableitung als auch durch Zuführung von Wasser. Die Versauerung von Böden kann beschleunigt werden. Menschen gewinnen Rohstoffe und deponieren Abfall, sie leiten Abgase in die Atmosphäre und Abwasser in natürliche Gewässer ein. Heute wird Wasser auch geklärt, Abgas gefiltert, Abfall vermieden; außerdem betreiben Menschen Naturschutz.
    Im Lauf der Jahrtausende wies der menschliche Einfluss auf die Umwelt völlig unterschiedliche Qualitäten auf, je nachdem, ob Menschen in den Ökosystemen, die sie umgaben, lediglich auf die Jagd gingen und Essbares sammelten, ob sie Landwirtschaft betrieben, dafür Wälder rodeten oder Land bewässerten. Beim Jagen und Sammeln nutzten die Menschen das Land so, wie es war, für die Landwirtschaft veränderten sie es. Menschliche Einflussnahme auf Ökosysteme konnte bedeuten, dass Siedlungen gegründet wurden. Wenn Siedlungen und Wirtschaftsflächen aufgegeben wurden, veränderten sich Landschaften ebenfalls. Der menschliche Einfluss auf die Ökosysteme war völlig anders,wenn Siedlungen dauerhaft bestanden und niemals aufgegeben wurden.
    Primär kam es zu einer Gestaltung von Land für die Landnutzung, bei der praktische Aspekte im Vordergrund standen. Eine solche Form der Gestaltung von Landschaft gibt es bereits seit Jahrtausenden. In den letzten Jahrhunderten wurden Landschaften auch nach künstlerischen oder wissenschaftlichen Kriterien neu gestaltet, oder beide Gesichtspunkte ergänzten sich; dabei war das Resultat völlig anders als bei der bloßen Anlage einer Siedlung und der Felder, die sie umgaben.
    Wieder anders wirkte sich menschlicher Einfluss aus, als Industrieanlagen in der Landschaft aufgebaut wurden. Im Lauf der letzten Jahrzehnte kam der Schutz von schöner Natur als weiterer menschlicher Einfluss hinzu, der sich mit

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