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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Lößgebieten wurden in der Kupferzeit, die auch als Jung- oder Endneolithikum (späte Jungsteinzeit) bezeichnet wird, eiszeitlich geprägte Regionen mit sandigen Böden, die nur wenige Steine enthielten, in die Agrarnutzung einbezogen. Datiert werden kann der Beginn dieser Ausweitung der Siedelgebiete ungefähr auf das 4. Jahrtausend vor Chr. Zu den damals erstmals von Bauern besiedelten Gegenden zählen die Moränengebiete Norddeutschlands. Einige ehemalige Meeresböden in Skandinavien und im Südwesten Finnlands wurden ebenfalls seit der Kupferzeit agrarisch bewirtschaftet. Auch dort wurden die Siedlungen in Ökotopengrenzlage angelegt, aber die für den Ackerbau geeigneten Flächen lagen unterhalb von ihnen: Am Grund der ehemaligen Meeresarme war der Boden frei von Steinen. Hingegen ließen sich die Hügel oberhalb der Siedlungen, die aus ehemaligen Schäreninseln hervorgegangen waren, als Weideflächen für das Vieh nutzen
(Abb. 12–5)
. Zusätzlich entstanden erste agrarische Siedlungen in den Alpen und auf Moränenstandorten des Alpenvorlandes. In den Hochgebirgen stieß man auf Orte, an denen Metalle abgebaut werden konnten.
    Abb. 12-5 Bauernhof in Ökotopengrenzlage zwischen früherem Weideland auf einer ehemaligen Schäre und Ackerland auf ehemaligem Meeresboden der Ostsee (bei Uppsala).
    In der Bronzezeit, ungefähr seit dem beginnenden 2. Jahrtausend vor Chr., wurden erste Agrarsiedlungen in Karstgebieten angelegt, beispielsweise auf der Schwäbischen Alb. Die Siedlungen dort nahmen eine ähnliche Ökotopengrenzlage ein wie in Nordeuropa. Für den Ackerbau waren nur die Flächen unterhalb der Siedlungen feucht genug, während auf den steinigen Hügeln mit ihren flachgründigen Böden oberhalb der Siedlungen das Vieh weidete. Am Ende der Bronzezeit und in der frühen Eisenzeit, beginnend um 1000 vor Chr., gab es auch die ersten Siedlungen in den breiten Niederungen der Urstromtäler; dies ist vielleicht ein Hinweis darauf, dass damals – zu Zeiten der Urnenfelder- und Lausitzer Kultur – mehr günstiges Weideland für Pferde gebraucht wurde. Pferde bekamen seinerzeit große Bedeutung als Reit- und Arbeitstiere.
    Seit den späteren Phasen der Eisenzeit, etwa ab der Mitte des ersten vorchristlichen Jahrtausends, gelang es den Bauern, auch steinigere Böden auf Schiefer, Sandstein, Basalt oder Granit zu bearbeiten, etwa in Eifel und Hunsrück. [112] Möglicherweise kamen in diesen Gebieten bereits eiserne Pflüge oder andere aus Eisen verfertigte Geräte zum Einsatz.
    Die Ausweitung von Siedlungsflächen ist hier natürlich sehr pauschal und vereinfachend dargestellt. Sicher gab es Ausnahmen, weil eine völlige Korrelation zwischen den von Archäologen bezeichneten Epochen und der Erschließung neuer agrarisch genutzter Flächen unwahrscheinlich ist.
    Dass immer neue Flächen in die Agrarnutzung einbezogen wurden, in denen die Böden weniger gut dafür geeignet waren, lässt sich auch als Resultat des Siedlungsdrucks werten: In allen Regionen, in denen Landwirtschaft einsetzte, kam es zu einem neuen Wachstum der Bevölkerung, dem an einer neuen Grenze des Wachstums Einhalt geboten wurde. Gelang es, weitere Flächen in die agrarische Nutzung einzubeziehen, ließ sich auch diese Wachstumsgrenze wiederum überwinden.
    Parallel zur Ausweitung der Siedelareale nahm im Lauf der Zeit der Bergbau an Bedeutung zu. Zunächst wurde nur Kupfer abgebaut, beispielsweise in den Alpen, dann auch Zinn, etwa in Cornwall. Um Bronze herzustellen, brauchte man sowohl Kupfer als auch Zinn; beide Erze mussten zueinander gebracht werden, denn sie kamen nirgends zusammen vor. Später wurde dann auch Eisen abgebaut, das an vielen Orten verfügbar war. Eisen wurde zunächst mit Holz oder Holzkohle zur Schmelze gebracht. Wo Eisen verhüttet wurde, kam es nicht mehr zu einer Sekundärsukzession von Wald; dort wurden die Wälder auf Dauer weiter genutzt. Eisen wurde in erheblich größeren Mengen im täglichen Leben benötigt als andere Metalle. Es ist kein Schmuckmetall, sondern ein wichtiger Rohstoff zur Herstellung von Gerät, beispielsweise von Pflügen, mit denen steinigere Böden bearbeitet werden konnten, oder von Sensen, mit denen sich sowohl Getreide als auch Gras erheblich besser schneiden ließen als mit Sicheln aus Feuerstein. Wenn Eisen verfügbar war, konnte sich ein neuer Typ von Landschaft mit beständigen Siedlungen und ständig genutzten Agrarflächen entwickeln. Dies wurde auch tatsächlich ein paar

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