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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Jahrhunderte später möglich; davon wird im kommenden Kapitel die Rede sein.
    Ein anderer Rohstoff, der seit der Eisenzeit in größerem Umfang abgebaut wurde, war Salz. Zum Sieden von Salz benötigtman ebenso wie für das Schmelzen von Eisen große Mengen an Holz. In der Umgebung von Salzbergwerken wurden daher Wälder nicht weniger intensiv als in der Nähe von Verhüttungsplätzen genutzt. Die allgemeine Verfügbarkeit von Salz war eine weitere Voraussetzung für beständiges Siedeln: Damit ließen sich verderbliche Speisen konservieren.
    In der Eisenzeit bildeten sich erste Formen von Wald-Feld-Wechselwirtschaften heraus, beispielsweise die Haubergswirtschaft im Siegerland. [113] Dabei spielte auch erstmals in Mitteleuropa die Brandrodung eine Rolle, denn es wurden Böden bearbeitet, die arm an Mineralstoffen waren und denen man durch das Verbrennen von organischer Substanz die darin enthaltenen Mineralstoffe als Dünger zuführen musste. Bei einer Wald-Feld-Wechselwirtschaft wurde nur das gut nutzbare Holz von den Standorten entfernt, das Klein- und Abfallholz hingegen zunächst getrocknet und dann verbrannt; ohne Trocknung hätte man es nicht entflammen können. Überreste einer Feld-Wald-Wechselwirtschaft in Mitteleuropa, die bis heute erhalten sind, werden oft als «urtümlich» gedeutet. Richtig daran ist, dass sie aus einem überkommenen System stammen. Aber an ihnen lässt sich kein Modell dafür entwickeln, wie in früheren Jahrtausenden generell Landwirtschaft betrieben wurde.
Persistenz von Landnutzung außerhalb staatlicher Strukturen: Tropischer Wanderfeldbau als vergleichbares Phänomen
    Ein landwirtschaftliches Nutzungssystem, in dessen Rahmen Ländereien nur für eine bestimmte Zeit genutzt und die dazu gehörenden Siedlungen nur eine Zeitlang bewohnt und dann aufgegeben werden, existiert heute in Europa sowie in anderen zivilisierten Regionen nicht mehr. Wohl gibt es aber noch einen mit diesem System vergleichbaren tropischen Wanderfeldbau, etwa in entlegenen Inselregionen Südostasiens oder in den Regenwäldern am Amazonas. Obwohl alle Regionen, in denen heute noch Wanderfeldbaubetrieben wird, dem Gebiet bestimmter Staaten zugeordnet werden können, leben die Menschen dort doch mehr oder weniger außerhalb der Zivilisation. Ihre Siedlungen sind, da sie verlagert werden, keine Stützpunkte für Infrastruktureinrichtungen, vor allem für festgelegte Routen von Straßen und Wegen. Es gibt aber wichtige Unterschiede zwischen dem Ackerbau, wie er in vorgeschichtlicher Zeit in Europa und heute in Tropischen Regenwäldern betrieben wird. Die Nutzung von Holz zum Bauen und Heizen hatte in gemäßigten Breiten einen höheren Stellenwert; daher war man in Europa stärker abhängig von der Holzverfügbarkeit. In den das ganze Jahr über warmen Tropen brauchte man weniger Holz zum Bau von Hütten, und eine Heizung war nicht erforderlich. In den gemäßigten Zonen wurden meistens fruchtbare Böden bearbeitet, denen man in der Regel keine Mineralstoffe durch Brandrodung zuführen musste. Tropische Böden sind dagegen arm an Mineralstoffen, weil erstens in den Tropen kein Löß abgelagert wurde und zweitens sich die im Ökosystem vorhandenen Mineralstoffe nicht im Boden, sondern in den üppig wuchernden Pflanzen befinden. Vor einer Landnutzung muss pflanzliches Material verbrannt werden, damit die Mineralstoffe der Asche den Boden düngen. Durch den Ackerbau verarmen die Böden innerhalb von einigen Jahren, so dass man die Landwirtschaft aufgeben und in eine andere Waldparzelle weiterziehen muss, um dort erneut für wenige Jahre Ackerbau zu betreiben. Auf der aufgelassenen Fläche läuft derweilen eine Sekundärsukzession der Vegetation ab; die Pflanzen nehmen neue Mineralstoffe auf, die bei der weiteren physikalischen und chemischen Verwitterung von Gestein im Untergrund freigesetzt werden.
Abschließende Gesamtbewertung des Landnutzungssystems
    Bäuerliche Besiedlung ohne übergreifende Infrastruktur führte zur Ausbildung einer anderen Landschaft als das System von Jagd und Sammelwirtschaft: Umwelt wurde verändert, damit Kulturpflanzen angebaut werden konnten, in die Umgebung getriebene Tiere beeinflussten die Vegetationsentwicklung, beispielsweise durch Auflichtung von Wald. Auch unter dem Einfluss eines später aufkommenden Landnutzungssystems, das in die Infrastruktur eines Staates integriert war, entwickelte sich Landschaft anders. Von dem späteren System unterscheidet sich das der Landnutzung ohne

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