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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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weitergeleitet. In etlichen Dörfern entwickelten sich Meierhöfe später zu Schlössern als Wohnorten des Landadels.
    Abb. 13-3 Das Haufendorf Emetzheim bei Weißenburg breitete sich in mehrere Richtungen aus.
    In einigen Gegenden legte man langgestreckte Straßendörfer an. Sie gingen oft aus kleineren Weilern hervor, die einen anderen Grundriss hatten. Das lässt sich daran erkennen, dass dort bis heute Straßen zunächst in Richtung der Siedlungskerne verlaufen, dann aber einige hundert Meter, bevor sie den Ort erreichen, abknicken und auf die beiden Enden des Straßendorfes zuführen. Die Umlenkung solcher Straßen wurde notwendig, nachdem man aus einem kleinen Weiler ein langgestrecktes Straßendorf gemacht hatte
(Abb. 13–4)
.
    Abb. 13-4 Im Straßendorf Linum in Brandenburg sind alle Höfe an einer zentralen Straße angeordnet. Überörtliche Straßen führen zu den beiden Enden der Siedlung.
    In einigen Gegenden entstanden um einen länglichen Platz errichtete Angerdörfer oder um runde Plätze angelegte Rundlinge. Diese Siedlungsformen sind – entgegen älteren Ansichten – nicht generell von Abkömmlingen bestimmter Ethnien – im Fall der Rundlinge und auch der Angerdörfer von «Slawen» – gegründet und besiedelt worden. Ethnische Bezüge zwischen Bewohnern und ihren typischen Dorfformen bestehen nicht regelhaft
(Abb. 13–5)
. [123]
    Grundsätzlich lagen die mittelalterlichen Dörfer genauso wie Siedlungen früherer Zeit in Ökotopengrenzlage zwischen Ackerland und Grünland
(Abb. 7–1)
. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen wurden aber neu geordnet. Dabei wurde auch gerodet. Dasheißt aber nicht unbedingt, dass neue Lichtungen in Wälder geschlagen wurden, sondern konnte auch bedeuten, dass einzelne Bäume gefällt und Strauchwerk entfernt wurde, das auf einer Fläche, die man nutzen wollte, zuvor in einer Sekundärsukzession in die Höhe gewachsen war. Steine wurden aus dem Boden geholt, damit der Grund der Äcker geebnet werden konnte. Die bezeichnenderweise «Feldsteine» genannten Felsbrocken verwendete man vielerorts zum Bau von «Feldsteinkirchen».
    Abb. 13-5 Angerdorf (Saalow in Brandenburg) mit unbebautem Platz in der Mitte, auf dem früher Vieh zusammengetrieben werden konnte.
Mittelalterliches Ackerland
    Das Ackerland wurde in vielen Gegenden in drei Felder aufgeteilt
(Abb. 13–6)
. Jeder Bauer im Dorf besaß Äcker, die auch als Beete bezeichnet wurden, in jedem der drei Felder. Die Äcker wurden ihrer Breite nach von sogenannten Locatoren abgemessen. Sie waren stets nur wenige Meter breit, aber sehr langgestreckt, wobei die Länge der Äcker offenbar nicht so klar fixiert war wie deren Breite.Die Äcker wurden mit Pflügen bearbeitet, die die Scholle nach nur einer Seite kippen konnten (nicht wahlweise nach beiden Seiten wie moderne Pflüge). Mit solchen Beetpflügen bearbeitete man den Boden in langen Bahnen und kippte die Scholle stets zur Beetmitte hin. Dies geschah vielleicht deshalb, weil Dünger knapp war und man ihn daher auf dem eigenen Acker halten wollte; der Acker grenzte nämlich unmittelbar an den Acker eines Nachbarn, dem man den Dünger nicht gönnte. Auf diese Weise erhielten die Äcker eine charakteristische Form: Sie sind in derMitte aufgewölbt und werden daher als Hoch- oder Wölbäcker bezeichnet. Diese Äcker sind nicht etwa durch Erbteilungen so schmal geworden, wie Robert Gradmann meinte; er war der Ansicht, an der Verbreitung schmaler Ackerbeete ließen sich Realteilungsgebiete erkennen: Die Äcker seien immer weiter geteilt worden und daher so schmal geworden. In anderen Gegenden, in denen der Landbesitz nach dem Anerbenrecht ungeteilt vererbt worden sei, gäbe es diese Äcker nicht. [124] Allerdings zeigt sich, dass die Äcker ursprünglich in Gegenden des Anerbenrechts ebenso schmal waren wie in den Realteilungsgebieten. Der Zusammenhang zwischen Erbrecht und Flurformen besteht auf andere Weise: In den Anerbengebieten, wo der Besitz weniger stark zersplittert war, konnte man in späterer Zeit leichter Agrarreformen durchführen und schmale Ackerbeete zu größeren Äckern zusammenfügen.
    Abb. 13-6 Auf das Mittelalter zurückgehende Flureinteilung in Ödenpullach bei München. Die Flur war in drei Felder geteilt. Jeder Bauer hatte Besitz in jedem Feld. Der Besitz von Hof 3 ist grau eingefärbt (nach Schwarz 1989, Karte 126,4).
    Zahlreiche nebeneinanderliegende Beete oder Äcker bildeten ein Feld. In der mittelalterlichen Agrarlandschaft hatten

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