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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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mitteleuropäischen Gebirgen bestand großer Bedarf an Holz. Daher wurden viele Bäume geschlagen, deren Holz man für die Verhüttung von Erz und zum Schmelzen von Glas brauchte. Weiteres Holz kam zu Flößen gebunden in die urbanen Zentren an der Peripherie des Kontinentes, nach Norditalien und vor allem in die Niederlande. [140] Die Entwicklung der deutschen Länder hing besonders stark von der dauerhaften Verfügbarkeit von Holz ab, weil man sowohl den Rohstoff als auch das Handelsgut benötigte, um Überschüsse zu erzielen und profitabel wirtschaften zu können. Im Gegensatz zu den westeuropäischen Nachbarländern gehörten zu den deutschen Ländern keine Kolonien, aus deren unermesslich großen Wäldern man Holz ins Mutterland importierte. Die Holzvorräte landesherrlicher Forsten wurden daher seit der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts erfasst und beschrieben. [141] Unter anderem in der «Sylvicultura oeconomica» des Hannß Carl von Carlowitz von 1713 [142] wurde das Prinzip der nachhaltigen Bewirtschaftung von Wäldern formuliert: Keinem Wald dürfe mehr Holz entnommen werden, als zur gleichen Zeit nachwuchs. In der Folgezeit wurden vor allem in deutschen Ländern Wälder gepflegt, vermessen und neu aufgebaut; es entstanden Forstverwaltungen und Forstschulen, Forstgesetze und Forstlehrbücher. [143]
    Wenig später begannen erste Reformen der Landwirtschaft. Kleine Felder wurden zu größeren zusammengelegt; diesen Vorgang bezeichnete man als Verkoppelung. Denn dabei wurden kleine Felder aneinandergekoppelt, um größere zu schaffen
(Abb. 14–3)
. 1746 wurde eine Verkoppelung in Jonitz bei Dessau durchgeführt, möglicherweise eine der frühesten Maßnahmen dieser Art in Deutschland. [144]
    Abb. 14-3 Koppel auf der Geest bei Hattstedt in Nordfriesland. Schmale Ackerstreifen wurden miteinander verbunden und von einer Wallhecke umgeben.
    Reformen der Landwirtschaft gingen vor allem von England aus. Dort gestalteten reiche Großgrundbesitzer die Agrarlandschaft um. Sie errichteten Landhäuser nach norditalienischen Vorbildern. Allmendflächen wurden unter privaten Besitzern aufgeteilt; die neu geschaffenen Feldblöcke wurden von Hecken umgeben. Dieser Vorgang wurde «Enclosure» genannt. [145] Heckenpflanzungen wurden Zäunen vorgezogen, denn für Zäune hätte man Holz gebraucht, ein knappes Gut der damaligen Zeit. Ein Ideal bildete die «Ornamented Farm», von der eine Verschönerung des ganzen Landes ausging: mit sanft geschwungenen Wegen, Baumgruppen, Hecken sowie mannigfaltigen landwirtschaftlichen Nutzflächen.
    Nach diesen Prinzipien wurden vor allem Englische Landschaftsparks gestaltet. Sie sollten «natürlicher» wirken als formale Französische Gärten. Nach dem Siebenjährigen Krieg, in dem die Macht Englands erheblich zunahm, ging man auch auf dem Kontinent dazu über, Landschaftsparks nach englischem Vorbild anzulegen; eine der frühesten Parks dieser Art sind die Wörlitzer Anlagen bei Dessau, mit deren Planung unmittelbar nach dem Krieg begonnen wurde. [146]
Verknüpfungen von Maßnahmen der Landreform
    Prinzipien des Merkantilismus, die Verkoppelung, die als Gemeinheitsteilungen bezeichneten Aufteilungen von Allmenden, die nachhaltige Bewirtschaftung von Wald, die von Ornamented Farms ausgehende Landesverschönerung und die Anlage von Landschaftsparks wurden als Maßnahmen miteinander verbunden – mit dem Resultat, dass sich eine neue Form von Landschaft herausbildete. Die Felder waren nun etwa quadratische Blöcke. Sie hatten exakte Abmessungen auf allen vier Seiten und damit eine klar festgelegte Grundfläche – im Gegensatz zu den Ackerstreifen des Mittelalters, bei denen allein die Breite strikt festgelegt war. Das Land wurde vielerorts eingeebnet und von Hecken umgeben. Dabei sammelte man Feldsteine auf, die man beim Straßenbau verwenden konnte. Manche Straßen wurden nur zur Hälfte gepflastert, ein anderer Teil blieb als sogenannter Sommerweg eine Sandbahn, die Reiter und Fuhrleute bei trockenem Wetter nutzten, um die Hufe der Pferde nicht allzu rasch abzunutzen
(Abb. 14–4)
.
    Auf den Koppeln konnte man entweder Ackerbau oder Viehhaltung intensivieren. Die Viehweiden hatten einen lebenden Zaun in Form von Hecken erhalten. Daher brauchte man keine Hirten mehr, die zuvor in den gemeinen Marken, Allmenden oder Gemeinheiten die Tiere gehütet hatten. Erwachsene, die als Viehhüter gearbeitet hatten, konnten andere Aufgaben übernehmen, Kinder und Jugendliche Schulen besuchen.

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