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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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des 17. Jahrhunderts gingen wichtige Reformen von Frankreich aus. Ludwig XIV. herrschte absolutistisch, sein Minister Jean-Baptiste Colbert trat für die Einführung des Merkantilismus als wirtschaftliches Prinzip ein, bei dem es darauf ankam, Überschüsse zu erzielen. Die strahlenförmig verlaufenden Wegebündel der Französischen Parks, die man nach dem Vorbild der Anlagen von Versailles vielerorts anlegte, wurden zu einem Symbol für den Absolutismus. Parkanlagen wurden nicht nur in Frankreich, sondern auch andernorts streng geometrisch gestaltet. Alle natürlichen Elemente darin wurden in Façon gebracht: Wasser in Kanälen, Wassergräben und Brunnen, Pflanzen in Alleen mit exakt geschnittenen Bäumen, Büschen und Hecken sowie in strikt abgegrenzten Beeten. Bei der Auswahl der Gehölzegriff man auf alte Erfahrungen bei der Laubheugewinnung und beim Schneiteln zurück. Man verwendete Pflanzen, von denen man wusste, dass sie nach dem Schneiden sofort wieder austrieben: Hainbuche, Linde, Eibe, Buchsbaum. Beete wurden durch Buchsbaumrabatten voneinander abgetrennt
(Abb. 14–1)
. Wenn man die Elemente eines solchen Parks regelmäßig pflegte, veränderte sich dessen Aussehen über lange Zeit nicht. So konnte man die Illusion einer beständigen «Natur» vermitteln, die weder durch natürliche Entwicklungen noch durch von Menschen ausgehende Zerstörungen verändert wurde.
    Zur besseren Verteilung von Gütern im ganzen Land brauchte man neue Verkehrswege. Viele von ihnen wurden schnurgerade geführt, um den Transport zu beschleunigen. An die Straßenränder pflanzte man Bäume, so dass Alleen entstanden. Die Wurzeln der Alleebäume befestigten den Straßenkörper; die Bäume ermöglichten eine bessere Markierung des Wegeverlaufs. Alleebäume verhinderten, dass Fuhrleute vom Weg abwichen, wenn dieser durchweicht war, und neue Fahrspuren neben ihm hinterließen
(Abb. 14–2)
. [138] Unbefestigte und seitlich nicht begrenzte Straßen hatten in den Jahrhunderten zuvor eine Breite von bis zu 100 Metern oder mehr angenommen, weil ständig neue Fahrspuren entstanden; die Fuhrleute zerstörten dabei auch immer wieder landwirtschaftliche Kulturen. Nur wenn man die Straßen mit Bäumen einfasste, konnte man bis zu deren beiden Seiten hin Landnutzung betreiben.
    Massengüter ließen sich effizienter auf dem Wasserweg transportieren. Daher wurden nicht nur in den Niederlanden und Norditalien, sondern auch in Frankreich zahlreiche Kanäle angelegt, um die strahlenförmig vom Landesinneren zu den Küsten verlaufenden Flüsse untereinander zu einem Verkehrsnetz zu verbinden. Besonders große Bedeutung erhielt der in den Jahren von 1666 bis 1681 gegrabene Canal du Midi. Kanäle wurden ebenfalls mit Bäumen eingefasst, vor allem mit Pappeln, die die Böschungen der Wasserstraßen trocken hielten und dadurch stabilisierten.
    Typisch für den Merkantilismus war die Einrichtung von Manufakturen – zuerst in Frankreich, dann auch in anderen Ländern.Sie wurden möglichst dort gegründet, wo die natürlichen Bedingungen dafür günstig waren, wo man bestimmte Rohstoffe nutzen konnte, wo Wasser- oder auch Windkraft besonders gut nutzbar waren oder wo sich die Betriebe gut vom Verkehr her erschließen ließen. In manchen rohstoffarmen Gebieten entschloss man sich zum Anbau bestimmter Pflanzen in Spezialkulturen. Deren Produkte wurden vor Ort weiterverarbeitet, beispielsweise Tabak, Hopfen, Raps, Färberwaid, Gewürze, seit dem 19. Jahrhundert auch Zuckerrüben. Der Anbau dieser Pflanzen, spezielle Lagerhäuser (Tabakscheunen, Hopfenscheunen) und die im Laufe der Zeit immer größer werdenden Manufakturen und Fabriken (Zuckerfabriken) prägten ganze Landstriche. Wenn es gelang, Produkte aus diesen Rohstoffen auf nah und fern gelegenen Märkten mit Profit abzusetzen, ließen sich genügend andere Produkte erwerben, an denen es vor Ort mangelte.
    Abb. 14-2 Von Eichen eingefasste Allee bei Meppen/Emsland. Der Straßenkörper wird durch Gräben dräniert.
    Die Waldnutzung wurde streng reguliert. Bis heute herrschen in Frankreich vielerorts Mittelwälder vor, in denen einerseits buschförmiges Gehölz für die Gewinnung von Brennstoff wächst, andererseits Überhälter größere Wuchshöhen erreichen. Die hoch gewachsenen Bäume werden als Bauholz genutzt.
    In Deutschland griff man viele Ideen aus Frankreich auf. Nur wenige Jahre nach dem Dreißigjährigen Krieg begann die Gestaltung des Herrenhäuser Gartens in Hannover. [139] In den

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