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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Viele Menschen wanderten in andere Kontinente aus.
    Dreifelderwirtschaft und Flurzwang wurden abgeschafft; Fruchtwechsel war aber notwendig, um den Boden nicht verarmen zu lassen und um keine allzu starke Vermehrung von Schädlingen auszulösen. Der Fruchtwechsel musste neu organisiert werden. Man verzichtete auf die Brachephase und entwickelte neue Fruchtfolgen unter Einschluss von Hülsenfrüchtlern und der aus Amerika eingeführten Kartoffel, die zu einem neuen Massennahrungsmittelwurde. Bakterien an den Wurzeln von Erbse, Linse, Klee und Bohne binden Stickstoff aus der Luft und machen ihn für Pflanzen verfügbar. So hob man die Bodenfruchtbarkeit und erhöhte auch die Getreide- und Kartoffelerträge. Man erntete auch deshalb mehr, weil durch die Abschaffung der Brachephase nun um die Hälfte mehr Land bestellt wurde. Denn nicht mehr nur auf zwei Dritteln der Fläche, sondern auf dem gesamten Land wurden Kulturpflanzen angebaut. Zusätzliche neue Ackerflächen hatte man durch die Markenteilungen gewonnen.
    Abb. 14-4 Nur teilweise gepflasterte Straße bei Werben/Elbe. Bei gutem Wetter konnte der Sommerweg (rechts) genutzt werden, um die Hufe der Pferde zu schonen.
    Abb. 14-5 Ehemalige Wölbäcker, deren Formen noch gut zu erkennen sind, wurden mit Fichten aufgeforstet (bei Dachau/Oberbayern).
    Nur ein Teil der Allmenden oder Gemeinen Marken wurde zu Bauernland. Ein anderer Teil wurde den Forstverwaltungen unterstellt. Sie bauten dort neue Wälder auf
(Abb. 14–5)
. Der Landbevölkerungwurde verboten, Vieh in die Wälder zu treiben und unberechtigt Holz im Wald zu machen. Bäume sollten so rasch wie möglich in die Höhe wachsen. Für die Bauern wurde es allerdings schwierig, an Brennholz zu gelangen, wenn sie keinen eigenen Wald besaßen. Zur Brennholzgewinnung konnten fortan Hecken und Feldgehölze herangezogen werden. Hecken musste man auf eine Weise schneiden, dass das Vieh jung austreibende Gehölze nicht erreichen konnte. Dies mag ein Grund dafür gewesen sein, warum man Gehölze vielerorts auf einen Wall pflanzte und auf diese Weise eine Wallhecke anlegte.
    Die Landreformen wurden mit ästhetischen Gesichtspunkten verknüpft; das Land sollte verschönert werden. So legte man nicht nur Landschaftsparks an, sondern verfolgte die Idee, ganze Länder zu Gärten zu machen, zu einem Gartenreich, wie man das mancherorts in England zu erkennen glaubte und wie es in der Umgebung von Dessau und Wörlitz, auch später entsprechend bei Berlin und Potsdam oder in der Umgebung von Hohenheim bei Stuttgart gestaltet wurde. [147]
    Gemeine Marken, Allmenden oder Heiden, deren Abschaffung im 18. Jahrhundert begann, wurden zur gleichen Zeit auch als «schöne Natur» entdeckt und bald als solche geschätzt. Johann Andreas de Lüc (Luc), ein Bekannter von Jean-Jacques Rousseau, besuchte 1781 die Lüneburger Heide. Er war möglicherweise der Erste, der dieses Land verklärte. [148] In der Folge wurde die Heidelandschaft auch von vielen anderen Autoren als schöne Natur dargestellt. [149]
Französische Revolution und Industrialisierung
    Die Landreformen begannen zwar im 18. Jahrhundert, zogen sich aber lange Zeit hin. Mancherorts wurden Ländereien erst im 20. Jahrhundert verkoppelt. Die Reformen waren schließlich nur deswegen erfolgreich, weil ihre Ziele auch von weiteren Umstellungen gestützt wurden, die das Leben der Menschen und ihr Wirtschaften umwälzten.
    Nach der Französischen Revolution von 1789 wurden bisher von Grundherren abhängige Bauern in die Freiheit entlassen. Allerdings führten Bauernbefreiungen nicht automatisch zu einer Verbesserung der Lebensverhältnisse auf den Dörfern; denn viele bisher abhängige und nun freie Bauern hatten kein eigenes oder nur sehr wenig Land. Sie mussten sich neue Arbeit suchen. Viele Bauern hatten zu wenig eigenes Kapital, um neue Betriebsgebäude und auch weitere Verkoppelungen durchführen zu können. Ihre finanzielle Situation verbesserte sich erst nach der Einführung des landwirtschaftlichen Kreditwesens in der Mitte des 19. Jahrhunderts.
    Insgesamt wurde in den Dörfern eine große Menge an Arbeitskräften freigesetzt. Sie fanden nur in den Städten Arbeit; allerdings wurden dort zur gleichen Zeit auch große Mengen an Arbeitskräften gesucht. 1769 wurde in England das Patent für eine bahnbrechende Erfindung erteilt: für die Dampfmaschine des James Watt. Mit ihr konnte die Produktion von Gütern in Industriebetrieben revolutioniert werden. England, das eine

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