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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Vegetationsperiode für ein Wachstum von Wald zu kurz ist, stößt man auf natürliches Grünland.
    Feuchte Flächen mit steinigen Böden gibt es in Talsenken; dort wurde Löß zwar in der Eiszeit abgelagert, aber in den Jahrtausenden danach abgeschwemmt, so dass darunter liegende steinigere Schichten an die Oberfläche traten. Ufernahe Bereiche von Talsenken werden natürlicherweise häufig überflutet und dabei mit Mineralstoffen versorgt. Die dort entwickelten azonalen Auenwälder wurden entweder gerodet oder durch kontinuierliche Beweidung zunächst zu Hudewäldern und dann allmählich in offenere Formen von Grünland überführt. Traten die Gewässer über die Ufer, musste man das Vieh in Sicherheit bringen. Andere Aspekte der Überflutungen waren aber durchaus nützlich; denn mit jeder Flut wurde eine große Menge vielfältiger Mineralstoffe an den Standorten abgesetzt.
    Beweidete Flächen sind an den unregelmäßig abgefressenen Pflanzen zu erkennen. Horste von bestimmten Gewächsen, die vom Vieh verschmäht werden, bleiben stehen. Laub von den unteren Ästen von Bäumen, die auf einer Viehweide oder an deren Rand stehen, wird ebenfalls abgerupft. Wie mit dem Lineal gezogen bildet sich eine sogenannte Fraßkante aus. Bäume auf Viehweiden haben eine wichtige Funktion: Unter ihnen findet dasVieh beim Wiederkäuen Schutz vor Sonne und Regen. Stehen keine Bäume auf einer Viehweide, braucht man eine Schutzhütte für die Tiere. An der Fraßkante erkennt man bereits aus der Ferne, welche Grünlandflächen beweidet werden.
    Eine andere Form von Grünlandnutzung betreibt man in den Randsenken breiter Flusstäler und ehemaliger Urstromtäler, wo sich natürlicherweise Wasser staut. Dort herrschte ursprünglich azonaler Bruchwald vor. Die darin dominierenden Erlen lebten in einer Symbiose mit Bakterien, die Stickstoff aus der Luft banden. Sowohl den Bäumen als auch den Standorten wurden auf diese Weise Stickstoffverbindungen zur Verfügung gestellt. Bruchwaldstandorte sind daher potentiell fruchtbar. Nach der Rodung der Erlen und dem Ziehen von Gräben zur Trockenlegung des Landes gewann man sehr gut mit Stickstoffverbindungen gedüngte Grünlandstandorte. Nur wenn die Dränage sehr gut funktioniert, eignet sich das Land als Viehweide; andernfalls kommt eine Nutzung als Wiese zur Gewinnung von Gras oder Heu in Betracht.
    Vor allem Wiesenstandorte, denen bei jeder Mahd nicht nur Pflanzenmaterial, sondern dabei auch erhebliche Mengen an Mineralstoffen entzogen werden, müssen gedüngt werden, damit sie auch in den folgenden Jahren wieder gute Erträge liefern. Die traditionelle Düngung erfolgte durch Wiesenbewässerung. Daher war klar, dass man Wiesen nur dort anlegen konnte, wo Wasser zur Verfügung stand, also in Talsenken und an überrieselten Abhängen. Es gab verschiedene Techniken der Wiesenbewässerung. Weite Niederungen konnte man zeitweise überstauen, wobei sich zusätzliche Mineralstoffe auf den Flächen absetzten. Oder man legte Gräben an, in denen man Wasser auf Hänge leitete. Im günstigen Fall konnte man Abwasser aus Siedlungen und Ställen in die Gräben einleiten; die darin enthaltenen Mineralstoffe waren ein wertvoller Dünger.
    In einigen Feuchtgebieten bewahrte man Heu in Hütten oder in großen Haufen auf, die inmitten des Grünlandes standen. Das Heu wurde erst im Winter zu den Ställen gebracht, wenn man Schneeflächen (etwa im Alpenvorland) oder auch zugefroreneWasserläufe (z.B. im Spreewald) mit Schlitten befahren konnte. Im Sommer dagegen waren die feuchten und durchweichten Wiesen vielerorts mit schweren Wagen nicht befahrbar.
    Seit dem Zeitalter der Landreformen kam es vor allem in der Nähe von Städten zu einer typischen Umnutzung von Grünland. Aus städtischen Viehweiden, die man damals nicht mehr brauchte, entstanden Landschaftsparks in englischem Stil. Beispiele für Parkanlagen, die aus ehemaligen Viehweiden hervorgingen, sind der Englische Garten in München und der Georgengarten in Hannover, auch ein Großteil der Parkanlagen des Gartenreichs Dessau-Wörlitz. Ehemalige Grünlandflächen eigneten sich oft zur Anlage von Kleingärten. Auch Sportanlagen entstanden vielerorts auf ehemaligen Grünlandflächen. Das lässt sich nicht nur in großen Städten beobachten, etwa in Bremen und Stuttgart, sondern auch in kleineren Orten. Dort wurden Sportplätze oder Fußballstadien auf Land angelegt, das sich im öffentlichen Eigentum befand; ehemals hatten dort die Gemeindeweiden

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