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Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft

Titel: Die Entdeckung der Landschaft - Einführung in eine neue Wissenschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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aussichtsreichen Orten lauerten am Ende der Eiszeit Jäger ihrer Beute auf. Im Mittelalter wurde eine Burg errichtet, und heute besucht man die Anlagen als Ausflugsziel.
Stadt
    Städte sind wichtige Zentren der Infrastruktur von Regionen. Sie sind aber in der Regel nicht die ältesten Siedlungen dieser Gebiete; oft entstanden sie erst lange nach der bäuerlichen Aufsiedlung eines Landes.
    Einige Städte wurden in einer Spornlage auf einem Berg gegründet, in der Nachbarschaft einer Burg (Urbino, Rothenburg ob der Tauber), oder sie gingen aus Burgweilern hervor, die von den Bediensteten der Burgherren bewohnt wurden. Erheblich mehr Städte entstanden dicht am fließenden Wasser, wo man ein Wehr errichten und eine Mühle betreiben konnte. Gut geeignet für eine Stadtgründung war ein Ort, an dem ein vor Überflutung sicheres Terrain dicht am Wasser lag (Zürich, Schwäbisch Hall, Marburg, Hildesheim, Warschau). Dort war die Entfernung zwischen Mühlenstandort und nie überflutetem zentralem Wohngebiet am Markt besonders gering. Typisch für diese Städte sind steile Straßen zwischen Niederung und Anhöhe, an denen die Häuser besonders gut fundamentiert werden mussten. Viele Städte entstanden dort, wo sich Flüsse in mehrere Arme aufteilen: Den einen Flussarm konnte man zum Betrieb eines Fischwehres oder einer Mühle stauen, den anderen mit einer Schleuse versehen, um Schiffeoder Flöße passieren zu lassen (Paris, München, Nürnberg, auch vergleichbar in Stockholm). Mehrere schmale Flussarme ließen sich ferner leichter überqueren als ein breiter.
    Diese Lage nutzte man ebenfalls aus, wenn man eine Stadt in Spornlage zwischen zwei ineinander mündenden Flüssen gründete. Einige dieser Städte tragen Namen, in denen diese Lage umschrieben wird (Gemünden, Minden, Hannoversch Münden, Neckargemünd), aber es gibt auch andere, bei denen diese Lage nicht aus dem Namen hervorgeht (Passau, Hameln, Rinteln). In der Nähe der Flussmündung stauten sich beide Flüsse gegenseitig auf, so dass deren Strömung nachließ und sich Sand absetzte, der in den Gewässern bis zu dieser Stelle mitgeführt worden war. Es entstanden flache Stellen, und mancherorts teilten sich Flüsse in mehrere Arme auf, die zwischen Sandinseln verliefen. Dort entstanden Furten und Brücken. Mindestens einer der Flüsse wurde zum Betrieb eines Fischwehres oder einer Mühle genutzt und gegebenenfalls aufgestaut.
    Alle Städte in Flussniederungen ließen sich unter Nutzung der Wasserläufe gut befestigen; nur an den Seiten der Stadt, an denen kein Fluss verlief, brauchte man einen Graben, in den Wasser eingeleitet werden konnte. Von Brücken aus, die in der Nähe der Wehre standen, konnte man besonders gut Fische fangen.
    Die Mühlen, die man am gestauten Fluss und auch zwischen den Flussinseln anlegte, waren das gewerbliche Herz der Stadt. Dort konnte man jederzeit, auch bei einer Belagerung, Korn mahlen. Und man konnte mit dem Mahlen von Korn eine Dienstleistung für das Umland anbieten, durch die Geld in die Stadt kam. Viele Mühlen entwickelten sich zu Initialen von Fabriken weiter, so dass die daneben liegenden Städte zu bedeutenden Industriestandorten wurden (Winterthur, Chemnitz, Ulm).
    Andere Städte wurden zu Residenzen, und das geschah – stark generalisierend gesehen – auf ungefähr folgende Weise. Zunächst mag ein Fischwehr, dann eine Wassermühle bestanden haben. Der Mühlenbesitzer kam zu Wohlstand und errichtete ein großes Gebäude neben der Mühle. Später wurde dieses Gebäude von adligen Geschlechtern übernommen, die es zu einer Residenz umbauten.Die Adligen waren zunächst auf Burgen ansässig gewesen, deren Namen ihre Familien trugen; erst im Lauf des Mittelalters oder in der frühen Neuzeit ließen sie sich in Städten nieder. Das gilt beispielsweise für die Wittelsbacher in München, die Württemberger in Stuttgart, die Anhaltiner in Dessau, die Habsburger in Wien oder die Calenberger in Hannover. Üblicherweise befanden sich die Anwesen der Landesherren am Rand der alten Städte; denn ihre Lage war schon zuvor durch die der Mühlen bestimmt. Die alten Gebäude wurden mit der Zeit durch Schlösser ersetzt, die deswegen ebenfalls am Rand der Stadt lagen, weil sie aus Mühlengebäuden hervorgegangen waren. An einigen Orten baute man neben einem alten Schloss noch ein weiteres, prächtigeres. In der Regel verschwanden die Mühlen, aber eventuell vorhandene Wehre blieben erhalten. Das angrenzende frühere Weideland in der

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