Die Entdeckung des Himmels
unschlüssig stand er da, sah zum Waldrand hinüber und begann plötzlich zu zittern. Vielleicht gab es eine Methode, mit der er seinen Vater in die Niederlande locken könnte: Zum Beispiel, indem er auf irgendeine Weise vorgab, entführt worden zu sein, oder indem er untertauchte und Drohbriefe mit aufgeklebten Buchstaben verschickte.
Dann würde sein Vater vielleicht mit dem Lösegeld auftauchen, irgendwo bei einem Betonpfeiler unter einer Autobahnbrücke –.
Es war, als wäre die Illusion, seinen Vater zu finden, durch diesen teuflischen Einfall plötzlich weggeblasen. Er drehte sich um und ging langsam zurück zum Schloß. Es war der blanke Unfug, so etwas auch nur in Erwägung zu ziehen, und trotzdem mußte er jetzt weg von hier, eine Reise machen, es ging nicht mehr anders. Warum sollte er nicht nach Italien fahren? Er war noch nie dort gewesen. Ins Veneto fahren.
Endlich mit eigenen Augen die Bauwerke von Palladio sehen.
Geld genug hatte er. Seine Skizzen und Grundrisse der Burg, den SOMNIUM QUINTI , würde er auf jeden Fall mitnehmen.
Wer weiß, was er dort vielleicht noch hinzufügen würde!
Aus der Tiefe
•
• •
• • •
• • • •
Vierter Teil
Das Ende vom Ende
Drittes Intermezzo
Ich dachte schon, das wird nichts mehr.
Ich habe Ihnen doch schon am Anfang gesagt, daß der Auftrag erledigt ist!
Das kommt bestimmt durch deine mitreißende Erzählweise.
So ist das nun mal bei einer guten Geschichte: man hat nicht das Gefühl, als bekäme man einen nachträglichen Bericht über das, was geschehen ist, sondern es passiert sozusagen während des Erzählens.
In meinem Fall gibt es da auch keinen so großen Unterschied.
Stimmt, du bist das Schicksal dieser Leute, und wenn ich ehrlich bin, erstaunt es mich wirklich. Eine Katastrophe! Zum Beispiel das Ende von Max Delius – war das nicht eine zu drakonische Maßnahme?
Was wollen Sie? Er war kurz davor, uns zu entdecken!
Er stand sozusagen auf der Schwelle, das ist wahr, er schaute eigentlich schon durchs Schlüsselloch – aber er war auch betrunken. Wenn er am nächsten Morgen aufgewacht wäre aus seinem Rausch, hätte er das Ganze bestimmt als pyramidalen Unsinn verworfen. Schließlich war er vom Fach und kein Erfinder von Science-fiction-Geschichten!
Ebendeshalb. Ich war der Meinung, wir dürften nicht das geringste Risiko eingehen. Angenommen, er hätte sich selbst ernst genommen und dasselbe Durchsetzungsvermögen wie sein Sohn gehabt. Einen sehr großen Namen hatte er in der Astronomie nicht zu verlieren, und vielleicht wäre er an diesem Wendepunkt bereit gewesen, va banque zu spielen. Unser letzter Strohhalm ist immer noch der Glaube der Menschen; in dem Augenblick aber, da die Frage unserer Existenz zur Wissenschaft wird, sind wir ihnen keinen Pfifferling mehr wert. Dann zucken sie mit den Schultern und sagen: Na wenn schon! Außerdem werden sie immer gemeingefährlich, wenn sie andersgeartete Wesen entdecken, oder was sie als solche ansehen. Als sie die Indianer zu Gesicht bekamen, waren sie zuerst ganz aus dem Häuschen, aber nach einiger Zeit war es vorbei damit, und sie rotteten sie aus. Oder denken Sie doch nur daran, was sie bis zum heutigen Tag mit den Tieren anstellen.
Hör bloß auf. Das Stadium des Na wenn schon! haben sie ohnehin fast schon erreicht. Und mit unserer Ausrottung sind sie, ohne es zu wissen, auch schon geraume Zeit beschäftigt, ungefähr genauso lang wie mit der der Indianer. Warst du denn gar nicht darauf vorbereitet, daß Delius dich auf diese Weise überraschen würde?
Aber natürlich. Schließlich sollte er und niemand anders der Vater unseres Agenten sein, und nach den Regeln der Fortpflanzung war es naheliegend, daß auch er im Besitz besonderer Gaben sein würde. In gewisser Weise hatte er sie seinem Sohn zu verdanken.
Der Triumph der Causa finalis über die Causa effi ciens.
So könnte man sagen, obwohl es vielleicht nicht jeder sofort verstehen würde. Außerdem war sein Tod die Voraussetzung dafür, um unseren Mann endlich aus den Niederlanden wegzukriegen. Auch dafür war eine Tabula rasa nötig.
Ja, die Niederlande sind ein ganz besonderes Land, aber mal abgesehen von unserem Abgesandten: von einem gewissen Punkt an reicht’s einem. Manchmal frage ich mich, ob dieses Land eigentlich zur realen Welt dazugehört. Im Menschenjahr 1580 veröffentlichte ein gewisser Joannis Goropius ein Buch, in dem er darlegte,
Weitere Kostenlose Bücher