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Die Entdeckung des Himmels

Die Entdeckung des Himmels

Titel: Die Entdeckung des Himmels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harry Mulisch
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daß Adam und Eva im Garten Eden Niederländisch gesprochen hätten, und tatsächlich, die Niederlande sind das paradiesische Ideal der Welt; so wäre doch jedes Land gerne, so friedliebend, demokratisch, verträglich, wohlhabend und geordnet, und zugleich auch so gleichgeschaltet, provinziell und langweilig – obwohl sich das in den letzten Jahren zu ändern scheint.
    Man braucht zum Beispiel nur an Onno Quist zu denken.
    Ich denke immer an alles gleichzeitig. Ich denke jetzt zum Beispiel auch an die Tatsache, daß du es ihm natürlich hast zustoßen lassen. Ich hege sogar den Verdacht, daß du diese angespannte Atmosphäre in Amsterdam nur hast entstehen lassen, um Helga genau das zustoßen lassen zu können, was ihr zugestoßen ist.
    Die Notwendigkeit wird Ihnen bald einleuchten. Ich habe nur da eingegriffen, wo es unbedingt erforderlich war, und gehe grundsätzlich möglichst sparsam mit meinen Mitteln um, aber leider muß ich nun einmal mit diesem zähen Gummi arbeiten, aus dem die Menschen gemacht sind. Früher, als wir noch ganz traditionell das Wort an die Menschen richteten, war alles wesentlich einfacher. Sie haben es ja schon erwähnt: seit diese Träumer sich eingeredet haben, daß das Wort nicht aus unserer Höhe komme, sondern aus ihrer Tiefe, mußten wir damit aufh ören.
    Gegen unseren Willen.
    Sie sprachen vorhin über die Causa finalis. Auch wir sind zunächst naturgemäß von der denkbar einfachsten Art und Weise ausgegangen, auf die unser Ziel erreicht werden konnte.
    Nämlich daß unser Mann exakt dorthin gelangen würde, wo wir ihn haben wollten, um dort genau das zu tun, was wir ihn tun lassen wollten. Aber beim Zurückrechnen tauchten immer wieder neue Schwierigkeiten auf, die dieses Ziel in immer weitere Ferne rückten – bis wir schließlich durch wildes Improvisieren den komplizierten Weg des effizienten Verursacherprinzips fanden, der sich schließlich als der einzig mögliche herausstellte. Das war zwar bei weitem nicht so kompliziert wie unsere Anstrengungen, ihn überhaupt in Geist und Fleisch zu materialisieren, aber immer noch kompliziert genug. In meiner Abteilung vergleichen wir das gern mit dem Lauf eines Flusses. Die einfachste Möglichkeit für den Rhein, von seinen Quellen in den Alpen bis nach Hoek van Holland zu gelangen, wäre natürlich eine gerade Linie von, sagen wir mal, siebenhundert Kilometern Länge, tatsächlich aber ist er doppelt so lang, denn die Landschaft zwingt ihn dazu. Auf die gleiche Weise war der Lebensweg unseres Mannes durch die menschliche Landschaft bizarr und gewunden und ab und zu so erschütternd wie der Rheinfall bei Schaffhausen; aber –
    um ein anderes Bild zu gebrauchen – man kann nicht jemanden als Zimmermann anstellen und zugleich verbieten, daß Bäume gefällt werden. Sagen Sie, wir werden jetzt doch hoffentlich nicht schon wieder das gleiche Gespräch führen?
    Das Gespräch über das Vorhandensein des Übels in der Welt wird bis in alle Ewigkeit geführt werden – an der ungeheuerlichen Frage der Theodizee beißt sich die Menschheit seit Jahr-
    hunderten die Zähne aus. Das Getreide braucht nun mal den Dreschflegel, ehe es sich in heiliges Brot verwandeln kann.
    Heutzutage wird das ja wohl von Mähdreschern erledigt.
    Gefährte übrigens von bis zu sieben Metern Breite, die mit Sechszylindermotoren wie vorsintflutliche Grashüpfer über die Felder kriechen. Zuerst werden vorn die Halme aufgefressen, dann in der rotierenden Dreschtrommel die Körner abgeschüttelt, bis schließlich ein Kompressor mit Preßluft die Spreu vom Getreide trennt. Auf diese Weise geht’s halt auch.
    Du sagst es. Aber es ist genau diese Art Maschine, die Maschine an sich, die das noch viel größere, das Grundübel verkörpert. Dieses technologischluziferische Böse steht eben nicht optimistisch im Dienste des Chefs in der besten aller möglichen Welten, wie das vorhergesehene Unheil, das du anzurichten beauftragt bist, sondern es nährt sich von ihm, es verzehrt es, es nimmt seinen Platz ein wie ein Virus den Zellkern: ein niederträchtiger Putsch, ein infamer Coup d’Etat. Krebs! Königsmord!
    Jetzt regen Sie sich doch nicht schon wieder so auf. Es ist nun einmal so. Wir haben den Fehler gemacht, wir haben die Potenz des Menschen unterschätzt, und zwar die Kraft seines Geistes ebenso wie die seines Fleisches, und damit seine Empfänglichkeit für solcherart satanische Einflüsterungen – aber schließlich und endlich ist er doch unsere Kreatur, und was

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