Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
Vom Netzwerk:
Planet?«
    »Ist das«, fragte Jakob ihn, »Größenwahn?«
    Neumayr sah ihn an.
    »Frage ich Sie«, sagte Jakob mit ehrlicher, aber fehlgeleiteter Aggression und redete gleich weiter: »Wissen Sie, warum man ihn einen Magier nennt?« Er lachte grässlich: »Um den Schaden zu begrenzen, den er anrichtet.«
    Neumayr hatte keine Sympathie für Jakob Einstein, sonst hätte er hier sicher etwas gesagt, irgendetwas. Jakob musste das Gespräch beenden.
    »Uns Fabrikanten wäre es natürlich lieber, man ginge sorgfältiger mit den Fakten um.«
    Neumayr nickte und fragte nicht nach dem Kraftwerk am Niagarafall. Albert hatte einen runden Rücken gemacht, die Arme waren ihm schwer geworden, seine Haare klebten ihm an der Stirn, dachte er, obwohl es gar nicht so war. Er fror wieder und wusste nicht, ob ihm schwindlig oder übel oder nichts von beidem oder beides zugleich war. Dabei glaubte er, gesehen zu haben, dass Neumayr sich mit Uppenborn über einen Blick verständigt hatte, als Hermann sich auch noch in das Gespräch einschaltete: »Er behauptet auch, Schiffe aus der Ferne lenken zu können und damit Kriegstote einzusparen.«
    »Tesla?«
    »Wäre der Mann statt in Amerika noch bei sich zu Hause in Belgrad, eine Handvoll Landsleute würden ihm vielleicht zuhören, höchstens, wenn sich da die Leute überhaupt einmal zuhören. Deshalb ist er ja dorthin gegangen.«
    »Nach Amerika?« Neumayr fragte betont unbedarft.
    »Er hat für Edison gearbeitet«, wusste Jakob, »am Anfang, sie haben sich zerstritten.«
    »Tesla hat sich nicht nur mit Edison zerstritten.« Hermann ergänzte das gelassen und wusste dann zu sagen: »Sie wissen, dass er invertiert ist?« Dabei senkte er seine Stimme auf eine Art, wie Albert es bei seinem Vater nicht kannte oder nur im Zusammenhang mit ihrem Judentum, falls das Wort doch einmal fiel.
    Bauer hatte seine Kamera schon wieder zusammengefaltet.
    »Edison?« Neumayr gab sich erstaunt, Albert fand aber, dass er etwas Falsches in der Stimme hatte.
    »Tesla«, sagte Hermann mit einer Bestimmtheit, die Neumayr nicht zu beruhigen schien und auch Albert erstaunte. Neumayr notierte. In Jakobs Gesichtszügen bemerkte Albert Unwillen, als der erneut an seiner mittlerweile sehr kurzen Zigarre zog.
    »Was meinen Sie«, fragte er Uppenborn, »wann kommen die Herren aus London?«
    »Hoffe nur, die haben ihre Uhren richtig gestellt!«
    »Das hätten sie sicher«, meinte er zu laut, »schon in Paris gemerkt.«
    Je klarer die Voreingenommenheit gegen ihn zutage trat, desto selbstsicherer gab sich Jakob, was die Frauen schon am nächsten Morgen als entscheidenden Fehler ansahen. Sie erinnerten ihn fünf Jahre später daran, als die Straßenbeleuchtung für München an Schuckert gegangen war, die Reste der bankrotten Firma Einstein an Siemens verkauft wurden und die Familie den fünfzehnjährigen Albert, querköpfig wie er ihnen schien, bei entfernten Verwandten in München zurückließ, um nach Italien zu ziehen.
    Und vielleicht hatten die Frauen recht, denn Uppenborn lächelte wieder zufrieden, als er bemerkte, er hoffe nicht, dass die Engländer ihre Uhren statt vor- aus Versehen zurückgestellt hätten.
    Albert war nur froh, dass sie nicht mehr über den Strom redeten, von dem er jetzt wünschte, er wäre ein Hirngespinst, weil das beim Hingucken verschwand.
    »So was passiert«, hörte er Neumayr zufrieden sagen, der auf seine Taschenuhr blickte, und Uppenborns Lächeln hatte sich zu einem Grinsen entwickelt, aber im nächsten Moment, als Jakob schon einen neuen Satz angefangen hatte, statt einfach einmal zu schweigen, klapperten Pferdehufe. Eine Kutsche bog um die Ecke und kam hinter dem Motorwagen zum Stehen. Die Pferde bliesen Luft durch die Nüstern und schüttelten ihre Köpfe.
    Sie dampften sehr schön, fand Albert.
    Der Kutscher grüßte wortlos mit dem Hut, als Jakob noch wie zeitlich irregeleitet ausführte, dass ein Fehler dieser Art »für Engländer in Paris sehr unwahrscheinlich wäre, oder sagen wir ruhig ausgeschlossen«.
    Uppenborn grinste unbeeindruckt weiter, und die Männer stiegen nacheinander aus der Kutsche. Es waren zwei Engländer, zwei Holländer, dazu ein Übersetzer, der wieder eigens aus Berlin angereist war, wie beim umständlichen vielfachen Händeschütteln, Zunicken und Vorstellen von Uppenborn bemerkt wurde.
    Albert stellte fest, dass das Händeschütteln oft gleichzeitig zwischen jeweils zwei Männerpaaren stattfand, aber nie über Kreuz. Als Jakob und der große Engländer

Weitere Kostenlose Bücher