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Die Entdeckung des Lichts

Die Entdeckung des Lichts

Titel: Die Entdeckung des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Bönt
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Faraday ihm Geld leihen könne.
    »Entschuldigung?«
    Ja, Faraday möge bitte entschuldigen, er reise ohne Anstellung und Auftrag, habe aber doch ein reiches Register von Empfehlungsschreiben, die er ihm gern zeige könne, sollte das notwendig sein. Seine Hand verschwand schon zwischen den Bügeln in der Tasche, als Faraday abwehrte.
    Es müsse nicht viel sein.
    »Wieviel?« In Faradays Stimme und Blick lagen Welten.
    Das Gesicht zum Boden geneigt nannte Robinson eine Summe, sein Ton war fragend und unehrlich, er brauchte das Geld. Faraday musste es von oben holen, bevor er es Robinson gab, ihm die Tür aufhielt und die offenbar einzige und letzte oder zumindest die beste Chance auf Diagnose und Genesung gehen ließ. Vielleicht gab es auch keine, denn es wäre leichter gewesen, Davy zu Lebzeiten dazu zu bringen, von seiner Frau zu lassen, als Faraday von seinem Labor. Schließlich war Davy nicht glücklich.
    Hachette schrieb aus Paris, sich gegen den von Faraday öffentlich und schriftlich geäußerten Vorwurf verteidigend, die schnelle Mitteilung an den Pariser Kollegen zur Induktion sei ein Fehler gewesen. Er, Hachette, habe mit der Bekanntgabe nur Faradays unangreifbaren Ruhm als einer der größten Physiker gemehrt: Ob Faraday das einsehen wolle?
    An der Royal Society entschuldigte sich Faraday für sein Fehlverhalten während einer Sitzung, die finanzielle Angelegenheiten betraf.
    Aus Berlin sandte Friedrich Wilhelm Heinrich Alexander Baron von Humboldt seine Ehrerbietung sowie die Ansicht, dass in zwei Teile geschnittene Zitterfische nur von Hirn und Herz aus elektrische Pulse von sich geben. Was denn Herrn Faradays Meinung sei und ob nicht seine Royal Society mehr Zitterfische aus Guiana einführen könne, der Seeweg sei doch so kurz.
    Gerard Moll schrieb aus Utrecht, betört davon, dass der große Faraday ihn noch kenne und mit einem Brief beglückt habe. Moll war beim Astronomen Gauß gewesen, der noch immer seiner ersten, an Auszehrung gestorbenen Frau nachtrauere, aber auch einen magnetischen Telegraphen gebaut habe. Mittels eines Kabels von seiner Sternwarte bis zum drei Kilometer entfernten Kollegen Weber im physikalischen Kabinett an der Paulinerkirche in der Göttinger Innenstadt sei zunächst eine elektrische Klingel mit Induktionsströmen betätigt worden. Dann hätten die beiden die Klingel abmontiert und sie wieder durch einen beweglichen Magneten ersetzt. Sie hätten für jeden Buchstaben des Alphabetes eine bestimmte Folge von Stromstößen und Abständen zwischen ihnen vereinbart, sodass Gauß seinem Freund eine Nachricht senden konnte. Sie lautete: »Wissen vor Meinen, Sein vor Scheinen.«
    Vielleicht weil Glauben nicht vorkam, konnte dies in den ersten Jahren der Induktion unmöglich für alle gelten. Schon gar nicht für die Ungeküssten, jene, die nicht geliebt wurden und nicht liebten, sondern nur schmachteten und ihre Eroberungen machen wollten. Mit ihren Meinungen füllten sich die Magazine, nicht nur Gedanken und alles Leben hielten sie für reinen Strom, auch das Licht war nichts als Strom, und die Sonne hielten sie für einen Kondensator. Kometen wurden auf elektrische Weise von der Sonne abgesondert, zum Beispiel der Halley’sche, der 1835 zu sehen war. Planeten bewegten sich jetzt auf Spiralen, die am Ende allesamt in die Sonne führten, ganz wie das Leben in den Tod. War
auf diesem Weg Fieber der Agent Gottes, so war Fieber doch zugleich Folge der zu großen Stockung oder zu großen Abfuhr der galvanischen Flüssigkeit im Gehirn. Cholera wollte man, da sie atmosphärisch übertragen wurde, mit der elektrischen Isolation der Häuser bekämpfen, am besten ohne so lange auf die letzten Beweise zu warten, bis alle Menschen tot waren. Jede Bewegung, ob die des Krankheitserregers, Froschschenkels, Arbeiterarms oder Planeten, war wahlweise nur elektrisch oder nur elektromagnetisch und wahlweise Ausdruck von Gottes Wille oder Gottes Machtlosigkeit. Gegenrede folgte auf jede Gegenrede, Höflichkeit war nicht immer möglich. Man fürchtete, der Mond falle mangels Strom bald auf die Erde. Gut ging es der Presse. Es wurde sozialer Fortschritt durch den richtigen Einsatz der Wissenschaft gefordert und sozialer Fortschritt in der Wissenschaft, um sie besser in den Dienst der Entwicklung der Gesellschaft zu stellen. Eine ganz und gar freie Wissenschaft wurde ebenfalls gefordert, weil diese ganz und gar todsicher die besten Ergebnisse für alle brächte. Die Ungeliebten hatten viel Energie und

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