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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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und packte seinen Rucksack.
    »Wollt ihr vielleicht lieber in die Grundschule mitfahren?«, fragte der Busfahrer, der jetzt eher amüsiert wirkte. »Dahin fahre ich als Nächstes. Heute dürfen die Kleinen nämlich länger im Bus bleiben, um die Sicherheitsvorschriften kennenzulernen. Vielleicht wäre das auch etwas für euch beide, damit ihr richtig ein- und aussteigen lernt?«
    »Nein danke. Ist schon gut«, murmelte Chip und folgte Jonas.
    Lachend trat der Fahrer einen Schritt beiseite, um sie vorbeizulassen.
    »Was für ein Blödmann«, murmelte Jonas, sobald sie auf dem Bürgersteig standen. Aus anderen Bussen strömten die Schüler an ihnen vorbei in die Schule. Er versuchte, sich ins Gedränge zu mischen. Wenigstenswar sonst niemand mehr im Bus gewesen und hatte mit angehört, wie sich der Fahrer über sie lustig machte.
    Chip packte Jonas am Arm.
    »Nach der Schule rufe ich Daniella zurück«, sagte er. »Vielleicht hat sie sich bis dahin beruhigt. Und die anderen auf der Liste rufe ich auch noch mal an und frage sie, warum sie umgezogen sind. Du hilfst mir doch jetzt, nicht? Denk daran, was du mir versprochen hast: Du wolltest alles tun, um mir zu helfen.«
    Chip konnte Jonas’ Stimme beängstigend gut nachahmen.
    Ich wusste nicht, was ich dir da verspreche, hätte Jonas am liebsten gesagt. Das war letzte Woche. Ich dachte, ich könnte einfach aus
Umgang mit Pflege- und Adoptivkindern
zitieren und müsste nicht irgendwelche Geheimnisse aufklären, Geister sehen oder Fremde anrufen. Und mir über das FBI . . . und meine eigene Vergangenheit den Kopf zerbrechen.
    Chips blaue Augen blickten flehend und verzweifelt.
    »Katherine ist total in Ordnung und so, aber sie ist mir einfach zu fröhlich«, sagte Chip. »Für sie ist das alles ein Spaß.«
    Was ist daran auszusetzen?,
wollte Jonas einwenden. Aber er wusste genau, was Chip meinte.
    »Na gut«, willigte er zögerlich ein. »Nach der Schule.«
    Der Tag schleppte sich dahin. In keiner Stunde konnte sich Jonas auf den Unterricht konzentrieren. Mehr als ein Lehrer bemerkte seine Unkonzentriertheit und sagte: »Jonas? Bist du noch bei uns?« oder »Jonas? Ich habe schon fünfmal gebeten, die Bücher zu öffnen. Hast du das nicht mitbekommen?«
    Auf der Heimfahrt sorgte er dafür, dass er und Chip sich nicht allzu sehr ablenken ließen. Sie waren die Ersten, die an der Haltestelle ausstiegen.
    Katherine kam neugierig angehüpft.
    »Wie viele willst du heute anrufen?«, fragte sie Chip. »Ich muss heute nicht zur Gymnastik und habe alle meine Hausaufgaben schon erledigt, also kann ich gleich anfangen!«
    Chip und Jonas sahen sich an.
    »Na ja, ich muss zuerst die Post holen«, sagte Chip lahm. »Und dann . . .«
    »Kein Problem. Ich kann warten«, sagte Katherine mit einem Grinsen.
    Sie folgte den Jungen zum gemauerten Briefkasten der Winstons. Chip ließ sich Zeit beim Hineingreifen und zog den Stapel mit Briefen, Zeitschriften und Werbesendungen ganz langsam heraus. Jonas hätte am liebsten zu ihm gesagt:
Wenn du glaubst, Katherine würde die Geduld verlieren und sich aus dem Staub machen, liegst du völlig falsch. Wenn sie sich erst mal an etwas festbeißt, lässt sie nicht mehr locker.
    Chip ging derart auf in seinem Versuch, Katherineabzuschütteln, dass er einfach nur dastand und den Stapel mit Briefen anstarrte.
    Aber vielleicht war das gar keine Verstellung?
    »Chip?«, fragte Jonas vorsichtig. »Stimmt was nicht?«
    Ihm fiel ein, dass sie sich nicht nur über Listen, Geister und das FBI Gedanken machen mussten. Die ersten Anzeichen, dass irgendetwas nicht stimmte, waren Briefe gewesen.
    »Chip?«, fragte er noch einmal.
    Chip hielt einen Brief hoch.
    »Er ist an mich adressiert und hat keinen Absender«, sagte er. »Aber er ist anders als die anderen.«
    Er hatte recht. Dieser Brief befand sich in einem kleineren Umschlag, wie man ihn für Einladungen benutzt. Außerdem war Chips Adresse nicht getippt, sondern mit der Hand geschrieben worden – in einer entschlossenen Erwachsenenschrift, wie die eines Lehrers.
    »Mach ihn auf!«, sagte Katherine neugierig. »Schauen wir nach, was diesmal drinsteht!«
    Jonas drehte sich um und sah seine Schwester böse an. Was war nur mit ihr los? Hatte sie überhaupt keine Angst? Wie konnte sie so fasziniert sein, wenn er vor Schreck wie gelähmt war?
    Katherine bemerkte seinen Blick nicht, weil sie Chip gerade den Brief wegschnappte und ihn aufriss.
    »Boah«, staunte sie.
    »Was ist?«, fragte Jonas. Er war doch

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