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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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verständnislos.
    Vielleicht war Englisch doch nicht seine Muttersprache, überlegte Jonas. Vielleicht hatte er in seinen ersten Lebensmonaten eine andere Sprache gehört und konnte die Bedeutung von Angelas Worten deshalb nicht verstehen.
    Katherine fing an zu lachen.
    »Na, vielen Dank«, sagte sie ironisch. »Dann ist ja alles klar wie Kloßbrühe.« Sie warf die Haare zurück. »Über das
Wann
wissen wir Bescheid. Chip und Jonas wurden beide vor dreizehn Jahren adoptiert.«
    »Vor zwölf Jahren, zehn Monaten und, äh, vier Tagen, um genau zu sein«, sagte Chip.
    Angela machte ganz schmale Augen, als sie Katherine ansah.
    »Vielleicht hörst du dir meine Geschichte zuerst an, bevor du sie einfach abtust?«, schlug sie vor.
    »Bitte«, sagte Jonas und war stolz darauf, dass er wenigstens das fertigbrachte, obwohl er sich so schräg und seltsam fühlte.
    Angela blickte auf den Tisch und Jonas fragte sich, ob sie vielleicht ebenfalls nervös war. Nervös, weil sie mit ein paar Kindern sprach? Auch das ergab keinen Sinn.
    »Vor dreizehn Jahren«, begann sie leise, »arbeitete ich genau einen Tag lang bei Sky Trails Airlines.«
    Katherine öffnete den Mund und Jonas wusste, dass sie im Begriff war, etwas Schnippisches und Gemeines zu sagen, wie »Wow, haben die Sie nach einem Tag gefeuert? Oder hatten Sie einfach keine Lust, am zweiten Tag wieder hinzugehen?«.
    Jonas funkelte seine Schwester wütend an und legte den Zeigefinger auf den Mund. Er hoffte, sein Blick und die Geste würden ihr sagen:
Noch ein böses Wort und ich setze dich vor die Tür. Dann erfährst du von Chip und mir kein Wort von dem, was Angela uns erzählt hat, und du stehst völlig auf dem Schlauch.
Katherine hüstelte.
    »Ähm, Sky Trails?«, sagte sie unsicher.
    »Das ist eine alte Fluggesellschaft. Wahrscheinlich hat keiner von euch je von ihr gehört. Sie ist vor etwa zehn Jahren pleitegegangen«, sagte Angela. »Sie ist pleitegegangen und ihre Gläubiger haben ihr Geld nie bekommen. Trotzdem bekomme ich immer noch jeden Monat einen Scheck mit meiner Invalidenrente von Sky Trails.«
    Invalidenrente?, dachte Jonas. So etwas bekommen doch Leute, die nicht mehr arbeiten können, weil sie zu krank sind oder eben invalide. Angela dagegen sah aus, als könnte sie einen Marathon laufen, selbst inden abgefahrenen Pumps, die sie trug. Abgesehen davon hatte Jonas eine schwache Ahnung, dass Invaliditätsrenten vom Staat oder von Versicherungen gezahlt wurden und nicht von ehemaligen Arbeitgebern.
    Angelas Augen wanderten zwischen Katherine und Jonas hin und her, als warte sie darauf, dass einer eine Frage stelle. Niemand sagte etwas. Angela seufzte.
    »Dieser eine Tag bei Sky Trails hat mein ganzes Leben verändert«, fuhr sie fort. »Was ich gesehen habe . . . na ja, ihr werdet es nicht glauben und es gibt niemanden, der meine Geschichte bestätigen würde. Aber ich weiß, was ich gesehen habe. Ich bin nicht verrückt!«
    Aha, dachte Jonas. Dann kann man also auch eine Invalidenrente dafür bekommen, dass man verrückt ist?
    Angela zuckte die Achseln.
    »Ich kann euch ansehen, dass ihr jetzt schon Zweifel habt«, sagte sie mit seltsam erstickter Stimme. Jonas fragte sich, warum es für Angela so wichtig war, dass drei Kinder ihr glaubten.
    »Aber ich werde es euch trotzdem erzählen«, fuhr sie fort, »ich glaube, ich muss es tun.«
    »Okay«, sagte Chip.
    Angela faltete die Hände auf dem Tisch, als wollte sie sich für ihre Geschichte wappnen.
    »An meinem einzigen Arbeitstag als Gate Agent bei Sky Trails landete ein nicht autorisiertes Flugzeug auf dem Flughafen«, sagte Angela. »Die Landung war wedergeplant noch genehmigt und kam völlig unerwartet. Je nachdem, wem man glauben will, hat entweder vorübergehend das Radar ausgesetzt, während das Flugzeug landete, oder es ist einfach aus dem Nichts aufgetaucht.«
    Jonas sah, wie Katherine sich aufrichtete.
    »Ich war offensichtlich die Einzige, die es auftauchen sah«, berichtete Angela. »Die Einzige, die gerade hinschaute.«
    »Ist es auch wieder verschwunden?«, fragte Katherine leise.
    Überrascht sah Angela sie an.
    »Das wollte ich eigentlich erst später erzählen«, sagte sie. »Aber . . . ja.«
    »Ich habe so etwas auch schon mal gesehen«, gestand Katherine. »Kein ganzes Flugzeug, das aufgetaucht und wieder verschwunden ist, aber eine Person. Einen Mann.«
    »Dann weißt du also, wie das ist«, sagte Angela gedehnt. »Wenn man genau weiß, was man gesehen hat, aber gleichzeitig denkt, dass

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