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Die Entfuehrten

Titel: Die Entfuehrten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margaret Peterson Haddix
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unterbrach sie Katherine.
    Angela nickte.
    »Plötzlich ist er herumgerannt, hat alles in die Hand genommen und den Leuten gesagt: ›Schon gut, meine Behörde hat das Flugzeug abschleppen lassen. Wir kümmern uns ab jetzt um die Sache. Wenn wir irgendetwas herausfinden, das für Ihre Abteilung von Belang ist, lassen wir Sie das wissen. Vielen Dank für Ihre Hilfe.‹ Später habe ich mich gefragt, ob manche Leute solche merkwürdigen Dinge vielleicht schon öfter gesehen und beschlossen haben, so zu tun, als gäbe es sie nicht. Damit sie ihre Arbeit nicht verlieren. Es war kurz vor Weihnachten; sie waren froh, dass sie nach Hause geschickt wurden. Natürlich hatte keiner von ihnen beides gesehen. Wie das Flugzeug aus dem Nichts aufgetaucht und wieder verschwunden ist, also hatten sieweniger Probleme damit, die offizielle Version zu glauben.«
    »Niemand ist zur Presse gegangen?«, wollte Chip wissen. »Niemand hat es ins Internet gestellt? Nicht unbedingt das Verschwinden des Flugzeugs, aber dass dieser seltsame Haufen Babys aufgetaucht ist. Haben sie uns nicht mal auf CNN gebracht?«
    Seine Stimme klang spöttisch, doch als Jonas zu ihm hinübersah, war Chips Gesicht todernst.
    Angela zuckte die Achseln.
    »Das Internet hatte damals noch nicht den Stellenwert wie heute«, sagte sie. »Und es war uns nicht erlaubt, mit Zeitungen oder Fernsehsendern Kontakt aufzunehmen. James Reardon wollte, dass wir alle eine Geheimhaltungserklärung unterschreiben. Aber ich . . . ich habe mich geweigert.«
    »Haben Sie deshalb Ihren Job verloren?«, fragte Jonas.
    »Mehr oder weniger«, sagte Angela. »Monique hat gesagt, ich müsste erst wiederkommen, wenn ich bereit wäre, zu unterschreiben. Aber das war ich nie. Ich habe mit einem Zeitungsreporter gesprochen und einen Fernsehsender angerufen – aber als alle anderen behaupteten, dass ich verrückt sei, hat es nicht viel genutzt.« Hilflos hob sie die Hände.
    Jonas versuchte, sich in Angelas Lage zu versetzen, er stellte sich vor, wie sie für die Wahrheit einzustehen. Er glaubte nicht, dass er so tapfer sein könnte.
    »Warum war Ihnen das so wichtig?«, fragte Chip.
    »Ich weiß, was ich gesehen habe«, sagte Angela erregt. »Auf meine Augen ist Verlass. Und ich wollte nicht lügen, weil . . . weil ich dachte, dass es wichtig sein könnte. Ich dachte, die Babys könnten wichtig sein. Ich fand, wir sollten das richtig untersuchen und nicht einfach so tun, als ob nichts passiert wäre.«
    »Und Sie sind der Sache auf den Grund gegangen, stimmt’s?«, griff Katherine ihr voraus. Ihre Augen leuchteten, als habe sie eine neue Heldin gefunden.
    »So kann man es auch nennen«, bestätigte Angela. »Wesentlich verbreiteter ist die Ansicht, dass ich mich zu einer kompletten Spinnerin entwickelt habe und völlig besessen bin. Meine eigene Familie hält mich inzwischen für verrückt, weil ich behaupte, dass mein Telefon abgehört wird und die Regierung mich beobachten lässt. Aber manchmal ist Paranoia gerechtfertigt, wisst ihr. Ich werde fürs Nichtstun bezahlt, obwohl ich viele Male angerufen und gesagt habe, dass mir die Invalidenrente nicht zusteht. Also habe ich beschlossen, das Geld stattdessen für Nachforschungen zu nutzen, und Physik studiert.«
    »Physik?«, wiederholte Katherine. Damit hatte sie offensichtlich nicht gerechnet.
    »Na ja . . .« Angela sah auf ihre Hände. Sie waren fest verknotet, wie Jonas bemerkte, als wäre sie sehr angespannt. »Hört mal, ihr werdet mir ja doch nicht glauben, also sollte ich euch den nächsten Teil vielleichtgar nicht erzählen. Ich befasse mich seit dreizehn Jahren damit und es hat mir nichts als Hohn und Spott eingebracht. Außerdem habe ich keine Belege, keinen Anhaltspunkt dafür, dass das, was ich glaube, wahr ist. Jedenfalls seit damals. Daher sollte ich euch vielleicht lieber über den Kopf streichen und sagen: ›Geht nach Hause, liebe Kinder, seid schön brav und zerbrecht euch nicht den Kopf darüber, wo ihr herkommt.‹ Damit ihr nicht so werdet wie ich, besessen und paranoid und . . .«
    »Das sind wir schon«, sagte Chip entschlossen. »Dafür ist es zu spät.«
    Du vielleicht, dachte Jonas. Aber er war genauso erpicht darauf, Angelas Theorie zu hören. Er konnte jetzt nicht mehr gehen.
    Angela holte tief Luft.
    »Also gut«, sagte sie. »Noch etwas, was außer mir niemand gesehen hat – auch wenn ich es bei der Befragung gemeldet habe, bevor sie anfingen, von Geheimhaltungserklärungen zu reden –, war ein Zeichen auf

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