Die Entfuehrung
gleichermaßen entschlossen aus. »Wir finden ihn«, schwor er.
In der Küche lagen die Brote, die Ebenezer für sie gemacht hatte. Alice schob sie in den Rucksack und Alex füllte zwei Wasserflaschen.
Dann nahm Alice den Brief an Julius und Augustus in der Taverne Zu den drei Segeln vom Tisch und steckte ihn in die Außentasche des Rucksacks.
»Findest du, dass wir Tante Beezer und Onkel Ebenezer eine Nachricht hinterlassen sollten?« Sie versuchte, möglichst nicht daran zu denken, wie besorgt Tante und Onkel sein würden, wenn sie in die leere Wohnung zurückkehrten.
»Ist wohl besser«, sagte Alex unbehaglich.
Alice nahm den Notizblock, den Beezer zuvor benutzt hatte, und denselben Stift und schrieb: Sind Alistair suchen gegangen. Bald zurück. Liebe Grüße, Alice und Alex. Sie wusste, dass das bei Weitem nicht ausreichte, um sie zu beruhigen – aber was sollte sie sonst schreiben? Onkel und Tante, die sich um sie gekümmert hatten, seit ihre Eltern umgekommen waren, hatten ihnen strengstens verboten loszuziehen – und nun gingen sie doch einfach.
»Schnell«, sagte Alice, in der sich das schlechte Gewissen regte, »ehe ich meine Meinung wieder ändere.«
Alex nahm den Rucksack und warf ihn sich über die Schulter. »Dann mal los«, sagte er und ging zur Wohnungstür.
4 ZWEI ROTBRAUNE MÄUSE
K urz bevor Großtante Harriet die Küchentür erreichte, huschten Tibby Rose und Alistair schnell und lautlos die Treppe hinauf. Alistair rannte Tibby hinterher. Sie lief einen Gang entlang, von dem viele Türen abgingen. Es fehlte nicht viel und er wäre auf den alten Holzdielen ausgerutscht.
Alistair konnte Harriets rasche, entschlossene Schritte die Treppe heraufkommen hören. Die seltsame Unterhaltung der beiden alten Mäuse lief noch mal in seinem Kopf ab. Was hatte Tibby Roses Großtante mit ›um jeden Preis‹ gemeint? Ganz zu schweigen davon, dass man ihn hierbehalten wollte. War er so eine Art Gefangener? Das alles kam ihm äußerst merkwürdig vor.
Tibby Rose schoss durch die letzte Tür zur Rechten und Alistair folgte ihr auf den Fersen.
Sie befanden sich in einem aufgeräumten rechteckigen Zimmer. Rechts stand ein großes Ledersofa, unter dem Fenster gegenüber ein Schreibtisch, und an den beiden gegenüberliegenden anderen Wänden standen deckenhoheBücherregale. Ein Stapel Bücher lag auf dem Schreibtisch und an der Wand neben dem Fenster hing eine Landkarte.
Tibby fuhr herum, stemmte die Hände in die Hüften und sah ihn an. »Was machst du hier?«, wollte sie flüsternd von ihm wissen.
»Nichts! Ich meine, es ist genau so, wie ich es dir erzählt habe. Ich –«
»Pscht. Da kommt Großtante Harriet. Schnell, setz dich aufs Sofa.« Alistair folgte ihren Anweisungen. Als ihre Großtante das Zimmer betrat, stand Tibby an der Karte und deutete auf eine kleine Stelle. »Also, siehst du das?«, fragte sie laut. »Grantel ist der große rote Fleck hier und Tempelton ist dieser winzige Fleck im Norden.«
»Was, weiß er denn nicht mal, wie man eine Karte liest?«, fragte Großtante Harriet. »Bringt man euch in Schetlock denn gar nichts bei, junger Mann?«
»Nein!«, krächzte Alistair. »Ich meine, doch.« Er zerrte an den Enden seines Schals.
»Und warum um Himmels willen hast du im Sommer einen Schal um?«, wollte Großtante Harriet mit einem Blick auf seine nervöse Geste wissen. »Ist das ein seltsamer Brauch in Schetlock?«
»Nein«, sagte Alistair. Er fand nicht, dass er das näher erklären müsse.
»Hmm. Nun, ich muss immerhin sagen, es ist eine schöne Strickarbeit«, räumte Großtante Harriet ein und besah sich das Muster aus der Nähe. Dann blickte sie Alistair mit ihren Knopfaugen an. »Nelson muss in die Stadt«, sagte sie. »Undwenn er zurückkommt, können wir darüber reden, was wir mit dir machen. Stell bis dahin möglichst keinen Unsinn an.« Sie musterte ihn. »Und bleib vom Fenster weg.«
»Ich würde Alistair gern mein Baumhaus zeigen«, sagte Tibby Rose fröhlich. Ehe ihre Großtante etwas einwenden konnte, führte Tibby Rose Alistair aus dem Zimmer und die Treppe hinunter.
Alistair war nicht gerade in der Stimmung, ein Baumhaus zu bewundern, aber er wollte Tibby Rose auch nicht kränken. Daher folgte er ihr durch die schummrige Diele, über die Veranda und die Stufen in den Garten hinunter. Kurz darauf standen sie unter dem Dach einer riesigen Eiche.
»Hier ist es«, sagte Tibby Rose.
Alistair sah hinauf zu einem robusten Baumhaus, das in zwei Etagen in die Äste
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