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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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Nachtblau – mit Ausnahme seines rechten Armes und des linken Beines. Sie waren in Farben, die Alistair zwar schon an anderen Mäusen gesehen hatte, aber noch nie so durcheinander. Da waren Braun und Weiß und Schwarz und Grau und ... ja, sogar ein bisschen Rotbraun. In jedem seiner Ohren glitzerte ein goldener Ohrring. Seine Gefährten waren so kunterbunt wie Papageien aus dem Regenwald, von denen Alistair schon mal Bilder in einem Buch gesehen hatte. Aber er war so dunkel und fesselnd, dass es schwer war, den Blick von ihm abzuwenden.
    Der Mäuserich war wirklich eine ungewöhnliche Erscheinung. An dem ironischen Flackern in seinen dunklen Augen konnte Alistair jedoch erkennen, dass er sich sehr wohl bewusst war, wie sonderbar er wirkte. Offenbar war ihm dies aber nur recht und diente seinem Ziel – was immer das sein mochte.
    Auf einmal rief der kanariengelbe Musiker: »He, Tim, wie wär’s mit einem Lied?«, und der nachtblaue Geselle wandte sich ab. Er flüsterte dem Gelben etwas ins Ohr, nahm eine Fidel zur Hand, drehte sich wieder zur Menge um und begann zu spielen.
    Alistair schaute Tibby Rose prüfend an, um zu sehen, was sie von der seltsamen Szene hielt. Beim Klang der Musik leuchtete ihr Gesicht auf. Als Alistair sich umblickte, entdeckte er ähnliche Reaktionen auf den Gesichtern aller Mäuse in der Menge. Viele fingen an, sich im Takt zu wiegen. Dann merkte er plötzlich, dass auch er mit dem Fuß den Rhythmus schlug, und gemeinsam fingen alle zu tanzen an. Sie wiegten und drehten sich und wirbelten und hüpften herum, während die Weise der Fidel über die Menge hallte. Immer schneller und schneller wurden sie, warfen Arme und Beine und Mäuseschwänze spontan in die Höhe.
    Alistair wurde unwillkürlich von den Tanzenden mitgerissen und entdeckte eine Fröhlichkeit in sich, die er – er konnte nicht sagen, seit wann – schon lange nicht mehr verspürt hatte. Vielleicht seit er ein kleiner Mäusejunge gewesen war und in dem Häuschen in Stubbins gelebt hatte, mit Mutter und Vater und Bruder und Schwester, ganz ohne irgendwelche Sorgen und Kümmernisse.
    Er tanzte immer weiter. Als er schon meinte, seine Füße könnten ihn nicht mehr tragen, wurde die Fidel langsamer und verstummte schließlich. Auch die Tanzenden wurden langsamer und hörten auf. Als würden sie aus einem Traum erwachen, blinzelten sie mit den Lidern und sahen sich verdutzt um. Noch ganz benommen, aber mit fröhlichem Lächeln verließen sie nach und nach den Platz und kehrten zu dem zurück, was sie normalerweise taten. Der kleine orangefarbene Mäusejunge eilte mit einem zerbeulten Zylinder in der Hand durch die Menge. Alistair konnte hören, wie Münzen klirrten, als sie hineinfielen.
    »Tut mir leid«, sagte Alistair, als sich der orangefarbene Mäusejunge ihm und Tibby Rose mit ausgestrecktem Hut näherte. »Wir haben kein Geld.«
    Der Junge sagte nichts, doch er grinste Alistair freundlich an, als wolle er ihn wissen lassen, dass er das nicht weiter schlimm fand.
    Bald hatte sich die Menge um den Brunnen verlaufen, und nur Alistair, Tibby Rose und die fünf bunten Mäuse blieben zurück.
    Der nachtblaue Mäusemann, der der Anführer der Gruppe zu sein schien, starrte in den Zylinder und ließ die Münzen darin durch seine Finger gleiten. »Nicht schlecht, Pip, nicht schlecht«, sagte er leise zu dem orangefarbenen Jungen. Dann hob er den Blick und sah Alistair und Tibby Rose musternd an. »Na, kleiner Bruder, kleine Schwester, seid ihr zufällig in ein Brombeergebüsch gefallen?«
    Alistair erschrak. War ihre Tarnung so offensichtlich?
    »Keine Sorge«, sagte der Nachtblaue. »Das erkennt keiner außer denen, die Bescheid wissen.« Er zwinkerte. »So, wenn ihr uns vielleicht bei einem Happen Gesellschaft leisten möchtet«, er unterbrach sich und zog fragend eine Augenbraue hoch, »dann sollten wir uns einander vielleicht vorstellen. Ich bin Timmy vom Winns. Das hier sind Griff ...«, er schlug dem gelben Mäuserich auf die Schulter, »Lilith und Fergus ...«, er deutete auf das dunkelrote Mädchen und den lindgrünen Jungen, »und unserKleiner, Pip.« Er legte dem orangefarbenen Knirps die Hand auf den Kopf. »Und wer seid ihr?«
    Alistair warf Tibby Rose einen raschen Blick zu, dann sagte er: »Ich bin Huck und das ist mein Freund ... äh ... Jim.«
    »So, so, Huck heißt du?«, sagte Timmy vom Winns und sah Alistair forschend an. »Abkürzung von Huckleberry, nehme ich an ... sehr originell. Und Jim ...« Er wandte

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