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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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vom Ufer abstießen, spürten sie die ersten Regenspritzer. Innerhalb von wenigen Minuten goss es. Das Wasser rann ihre Barthaare entlang und durchtränkte ihr Fell. Alistair wischte sich Regentropfen von den Augen und suchte das Ufer nach einer geschützten Stelle ab, konnte aber keine entdecken. Es blieb ihnen keine andere Wahl, als weiterzufahren und zu hoffen, irgendwo flussabwärts einen Haltepunkt zu finden.
    Alistair zitterte, denn ein leichter Wind fuhr ihm ins feuchte Fell und ließ ihn frösteln. Er versuchte, sich durch andere Gedanken von der ungemütlichen Lage abzulenken. Mit Besorgnis dachte er an das große ungelöste Rätsel, das dazu geführt hatte, dass er jetzt mit einem Floß diesen Fluss entlangfuhr: Wie war er überhaupt nach Tempelton gekommen? Er war ziemlich sicher, dass er nicht in einem außergewöhnlich langen und lebhaften Traum festsaß. Womöglich war er verrückt und sein ganzes Abenteuer in Souris eine einzige Wahnvorstellung. Das würde zumindest erklären, warum er gelbe und grüne und orangefarbene und dunkelrote und blaue Mäuse gesehen hatte. Aber andererseits kam er sich gar nicht verrückt vor. (Allerdings, wenn man tatsächlich verrückt war, merkte man das wahrscheinlich nicht selbst.) Und irgendein Zauber? Alistair glaubte eigentlich nicht an Zauberei, aber im Moment fiel ihm kaum eine andere Erklärung ein. Wenn er jedoch durch Magie nach Souris transportiert worden war,was war der Grund dafür? Er konnte sich nicht vorstellen, dass Zauberer oder Hexenmeister einfach herumliefen und planlos vor sich hin zauberten. Aber sein plötzliches Auftauchen in Souris war ja nun wirklich völlig planlos.
    Alistair seufzte und schüttelte sich die Regentropfen vom Gesicht. Vielleicht würde er nie dahinterkommen ...
    »Wir müssten bald den See erreichen«, bemerkte Tibby. Die Uferböschungen waren so hoch, dass sie nichts von der Umgebung sehen konnten, die sie durchfuhren, aber die Strömung wurde merklich schneller. Sie deutete mit der Stange zu einem Felsvorsprung am linken Ufer. »Sollten wir nicht mal bei den Felsen da drüben anhalten? Wenn wir die Böschung hinaufklettern, können wir vielleicht sehen, wie weit weg der See noch ist.«
    »Klingt gut«, sagte Alistair und ruderte kräftig mit dem rechten Paddel, um sie nach links zu steuern.
    »He, Tib«, sagte er nach ein paar Minuten. Es schien ihm einfach nicht zu gelingen, die Richtung des Floßes zu beeinflussen. »Kannst du mal mit der Stange schieben? Ich schaffe es nicht, uns ans Ufer zu lenken.«
    »Ich schiebe schon die ganze Zeit«, sagte Tibby. »So fest ich kann. Die Strömung ist zu stark. Aber egal, wir kommen dem Rand sowieso bald näher – sieh mal, wie sich der Fluss vor uns verengt.«
    Der Fluss wurde noch schneller und das Floß wurde auf der Strömung herumgeworfen. Alistair verspürte plötzlich ein angstvolles Schaudern zwischen den Schulterblättern, als er etwas hörte, das wie ein fernes Brüllen klang.
    »Tibby«, rief er, als das Brüllen lauter wurde, »was ist das für ein Geräusch?«
    Er konnte ihre Antwort nicht verstehen. »Was?«, schrie er. »Ich kann dich nicht hören!«
    »Ein Wasserfall!«, war die bestürzte Antwort seiner Freundin. »Wir fahren auf einen Wasserfall zu!«
    Das Wasser schäumte jetzt um sie herum und sie wurden hin und her geworfen. Tibby verlor das Gleichgewicht und fiel auf die Knie. So blieb sie hocken, die nutzlose Stange immer noch in den Händen. Wasser spülte über das Floß.
    Alistair, der wie verrückt paddelte, ganz ohne Wirkung, sah zu seinem Kummer, wie der Stoffbeutel mit Mags restlichem Proviant über Bord gefegt wurde. Da erst kam ihm der Gedanke, dass auch sie über Bord gespült werden könnten – und wenn nicht das, dann stürzten sie wahrscheinlich ziemlich weit in die Tiefe.
    Er überlegte, ob es klüger war, gleich von Bord zu springen, statt mit dem klapprigen Gefährt zu Tode zu stürzen. Doch da fiel ihm voller Grauen ein, dass Tibby ja nicht schwimmen konnte. Er wusste, dass er sie nach allem, was sie gemeinsam überstanden hatten, nicht im Stich lassen konnte. Das bedeutete, dass ihnen nur eines übrig blieb: Sie mussten zusammen den Wasserfall hinunter.

13 SOURISANISCHE SPIONE

    A lice packte ihren Bruder am Arm. » Dann entledigen wir uns ihrer? Hat sie gemeint ...?«
    »Pscht.« Alex wedelte mit der Hand, um sie zum Schweigen zu bringen. »Ich versuche zuzuhören.«
    Unter ihnen schien Horatius zu frösteln. »Es sind doch nur Kinder,

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