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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frances Watts
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Schiffsmäuse –, wie das hier läuft. Ihr folgt meinen Befehlen GENAUESTENS und SOFORT oder IHR KRIEGT MEINE SIEBENSCHWÄNZIGE MAUS ZU SPÜREN!«
    »Äh, muss das nicht neunschwänzige Maus heißen?«, fragte Alistair dreist.
    Kapitän Graubart schürzte die Oberlippe zu einem grausamen Grinsen, sodass seine Goldzähne sichtbar wurden. »Ja, Junge, müsste es – und weißt du auch, was das bedeutet? MIR FEHLEN ZWEI SCHWÄNZE!«
    Alistair und Tibby Rose zogen entsetzt die Luft ein. Instinktiv griffen sie nach ihren eigenen Schwänzen.
    »Also hört gut auf meine Befehle, verstanden?«, schloss der Kapitän knapp. Dann machte er kehrt und stapfte über das Deck und die Treppe zu seiner Kajüte hinunter, eine Zwiebelfahne im Schlepptau.
    Der Erste Offizier sah Alistair und Tibby Rose mit unbewegtem Gesicht an, das sich jedoch zu einem Grinsen verzog. »Willkommen an Bord, Schiffsmäuse.« Erst beimKlang der Stimme merkten Alistair und Tibby Rose, dass ›der Erste Offizier‹ auf diesem Schiff eine Frau war, was man ihrer Uniform jedoch nicht ansah. »Ich heiße Gänsemaul. Keine Sorge, ich und die Mannschaft, wir passen auf euch auf.« Sie wandte sich an die Gestalten, die in den dunklen Ecken herumlungerten. »Die Luft ist rein, Jungs, der Käpt’n ist unter Deck gegangen.«
    Mit erleichtertem Aufatmen löste sich ein halbes Dutzend Mäuse aus den Schatten. Sie sahen wild aus, hatten verschlagene Blicke, hinterlistige Nasen und flinke Schwänze. Jetzt versammelten sie sich um ihren Ersten Offizier, um Befehle entgegenzunehmen.
    »So, Leute, ladet die Vorräte weiter ein, dann könnt ihr euch zwei Stunden in die Kojen hauen. Im Morgengrauen legen wir ab.«
    »Entschuldigung, was sollen wir machen?«, fragte Alistair, doch ehe Gänsemaul etwas erwidern konnte, ertönte von unten schon wieder Gebrüll.
    »SCHIFFSJUNGE!«
    Der Erste Offizier nickte in Richtung der Treppe. »Seht nach, was Seine Gnaden wünschen.«
    Alistair und Tibby Rose rannten über das Deck und die Treppe hinunter. In einem kurzen Gang kamen sie heraus. Hinter einer verschlossenen Tür zur Linken konnten sie das unverkennbare Tock-tock-tock von Kapitän Graubarts Holzbein hören.
    Alistair klopfte an und öffnete die Tür. »Ja, Kapitän?«, fragte er.
    Der Kapitän, der hinter einem ausladenden Mahagonitisch saß, der mit Karten bedeckt war, begrüßte sie mit einem Schwall Zwiebelatem und Unflätigkeiten.
    »WARUM HABT IHR SO LANGE GEBRAUCHT? Wenn ich euch rufe, erwarte ich, dass ihr angeflitzt kommt wie Haie – NUR SCHNELLER! Verstanden?«
    Die beiden jungen Mäuse salutierten zackig. »Aye, aye, Käpt’n!«
    »Gut. Jetzt lauft in den Frachtraum und holt mir eine Zwiebel, aber etwas hoppla, wenn’s geht.«
    »Aye, aye, Käpt’n!«
    »Wo ist der Frachtraum?«, fragte Tibby Rose, als sie rücklings durch die Kajütentür schlüpften.
    »Keine Ahnung«, sagte Alistair, »aber wir suchen ihn besser ganz schnell.«
    Sie rannten den Gang entlang, vorbei an der Treppe zum Deck, und landeten in der Kombüse, wo ein beleibter grauer Mäuserich in einer schmutzigen Schürze an einem Tisch stand und mit einem riesigen Hackebeil Orangen samt Schale zerteilte.
    »Was wollt ihr?«, knurrte er mit drohend erhobenem Hackebeil.
    »Ähm, den Frachtraum bitte«, flüsterte Alistair.
    »Unten.« Er ließ das Hackebeil in eine Orange sausen. Zack! Spritz!
    Alistair lief zur Treppe zurück, dicht gefolgt von Tibby.
    »Schnell«, drängte sie. »Der Kapitän scheint ein bisschen ungeduldig zu sein.«
    Sie polterten eine weitere Treppe hinunter und landeten in einem langen, niedrigen Raum, der schwach von Laternen erleuchtet war und in dem etliche Fässer und Kisten standen. Es gab eine Tonne mit Spazierstöcken, eine andere mit Regenschirmen. Eine Kiste war übervoll mit Haarbürsten, die daneben mit Fäustlingen. Es gab Krawatten und Fliegen und Seidenblumen, Schwämme und Gartengeräte und einige Stoffballen mit fröhlich-bunten Bonbonmustern, die an der Wand lehnten. Alistair konnte nicht entdecken, wo Kapitän Graubart seinen Schatz aufbewahrte, aber hier unten im Frachtraum war er eindeutig nicht.
    Nach einigen Minuten, die sich hinzogen, rief Tibby: »Hier drüben!«, und sie holte eine Zwiebel aus einer Tonne.
    Sie rasten wieder die Treppe hinauf und durch den Gang zur Kajüte des Kapitäns. Es kam ihnen so vor, als würde das Klopfen seines Holzbeins auf dem Boden mit jeder Sekunde schneller und lauter. Alistair hatte kaum an die Tür geklopft, da

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