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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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War es denn nicht ein wunderschöner Abend, ganz windstill und mit allen drei Monden am Himmel?
    »Es gibt nur einen«, verbesserte ihn Jon-Tom geduldig. »Was hat dich so gegen Mashupro in Harnisch gebracht? Es ist nicht schlimmer als viele Städte, durch die wir gekommen sind. Vielleicht feuchter, aber nicht schlimmer.«
    Der Otter stierte zu ihm herauf. »Kumpel! Wie kannste das sagen?
    'ör mal, 's gibt keinen schändlicheren Ort als den 'ier.« Dabei fuchtelte er so wild mit der Flasche herum, daß Jon-Tom sich wegducken muß- te.
    »Es gibt hier keine Wege, Mudge«, rief dieser dem Otter ins Ge- dächtnis. »Hier ist alles Wasser, erinnerst du dich? Alle benutzen hier Boote.«
    »Boote? Wasser?« Ernstlich verwirrt (um nicht zu sagen verstört) drehte der Otter sich um und glotzte über das Geländer. »Aha! Siehst du, was ich dir sagen wollte? Die verdammten Dreckstraßen 'ier 'aben noch nich mal Straßenrinnen!«
    Jon-Tom, der sich Sorgen machte, das dünne Geländer könne unter dem Otter zerbrechen, legte ihm die Hand auf die Schulter. Mudge reagierte, indem er sich wild herumwarf und vor ihm zurückwich.
    »Oh, nee, damit fangen wa nich an!«
    »Mudge, du solltest dich hinlegen.«
    »Ha, is das jetzt so? Seit wann biste denn mein Aufpasser, Mann?«
    »Ich bin nicht dein Aufpasser, Mudge. Ich bin dein Freund. Ich bin schon lange dein Freund, erinnerst du dich?« Plötzlich wurde ihm klar, daß irgend etwas den Otter quälte, irgend etwas, was mit dem Zustand oder der Verfassung der Stadt nichts zu tun hatte. »Was bela- stet dich, Mudge?«
    »Mich belastet gar nichts, Kumpel. Mich doch nich! Nichts.« Auf seinen kurzen Beinen hin und her schwankend, zögerte er kurz. »Nur daß ...«
    »Nur daß was, Mudge?«
    Der Otter wandte sich ab und ließ sich schwer gegen das Geländer sinken. Es krachte besorgniserregend, hielt aber stand. Nach unten zum Wasser betrug die Entfernung gut zwanzig Fuß, und dort schwammen die Überreste alter Hauspfeiler. An ihren Liegeplätzen tanzten kleine Boote. Wenn der Otter fiel, würde er wohl kaum weich landen.
    »'s is diese Puffer, diese Prinzessin von meinem eigenen Stamm.«
    »Pivver«, verbesserte Jon-Tom ihn sanft. »Was ist mit ihr? Seid wir diesen Manzai los sind, bist du hinter ihr her.«
    Der Otter warf seinem Freund einen ungewöhnlich traurigen und seelenvollen Blick zu. »Wie ihr Menschen bloß mit euern Worten umgeht, Jonny-Toms, 'n schöneres Exemplar meiner Art is mir noch nie unter die Augen gekommen.«
    »Ich habe genug Otter gesehen, um dir da nicht zu widersprechen.«
    »Nur zu recht, Kumpel, verdammt noch mal. Wenn da nicht dieses verdammte Exkrement von Stadt gewesen...«
    Unter Jon-Toms Füßen erbebte der Plankensteg, so daß er mit aus- gestreckten Armen um sein Gleichgewicht kämpfen mußte. Diese Er- schütterung hatte er sich nicht eingebildet. Tatsächlich hatten die Planken sich fast eine Handbreit gehoben und wieder gesenkt.
    Während Mudge mit seiner betrunkenen Ansprache fortfuhr, wagte Jon-Tom einen vorsichtigen Blick über das Geländer. Bewegten sich die Stelzen nicht tatsächlich unter seinen Augen und zogen konzentri- sche Kreise in die trübe Meeresbrühe?
    »...und ich 'atte Erfolg, Kumpel!«
    Jon-Tom ließ den Blick vom Otter zur Kneipe wandern. »Erfolg?« Torkelnd ergriff der Otter das schweißdurchnäßte T-Shirt des Freundes am unteren Saum. »Ich meine, sie war willig, Kumpel. Wil- lig, zum Teufel! Sie war verdammt noch mal bereit, wahr'aftig.« Sanft befreite sich Jon-Tom von des Otters Griff.
    »Und was ist passiert?«
    »Ich konnte nicht. Zum ersten Mal in meinem Leben konnte ich nicht.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich verstehe«, erwiderte Jon-Tom vorsichtig und war sich gar nicht sicher, ob er verstehen wollte.
    »Ich wollte es nich. Glaub mir, Kumpel, wirklich nich. Aber als ich ich nur an diese verfluchten Welpen un dieses keifende, tyrannische, rasiermesserzüngige Weibchen denken, mit dem ich meinen Bau tei- le.«
    »Weegee.«
    Wütend starrte der Otter ihn an. »'atte ich dich gebeten, ihren Na- men zu erwähnen, Kumpel? 'atte ich dich darum gebeten?« Er ver- suchte, sein Gesicht Auge in Auge an Jon-Toms Gesicht heranzu- schieben, wurde aber durch die Tatsache daran gehindert, daß dieser fast zwei Fuß größer war.
    »Was ist denn das, Mudge? Es ist schwer zu glauben, aber ich glau- be verdammt noch mal fast, du hast dir einen Begriff von Moral zuge- legt. Muß passiert sein, als ich nicht zugeschaut habe«,

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