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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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aus. »Was ist denn das?«
    Die Wolke verirrter Akkord war von draußen hereingekommen und schwebte nun über und hinter Jon-Toms rechter Schulter. Sie glitzerte wie ein ganzer Scheffel in einem gläsernen Erdölfaß schwebender ro- saroter Diamanten und klingelte leise.
    »Hexerei.« Dem Gibbon war die Sache offensichtlich nicht geheuer, und er trat einen Schritt von Jon-Tom zurück, der ihn schnell beruhig- te.
    »Ich habe euch doch erzählt, daß ich ein Bannsänger bin. Das da ist Magie, ja, aber ich habe sie nicht bewirkt. Sie hat mit euren Schwie- rigkeiten nichts zu tun.«
    Das Wiesel, das seine Neugier nicht mehr bezähmen konnte, nahm seinen Mut zusammen, trat vor und untersuchte die treibende Masse genauer. »Das klingt nicht wie eine besonders glückliche Musik.«
    »Das ist es auch nicht. Ich denke, diese Musik sucht Hilfe, muß dringend an einen bestimmten Ort und möchte unterwegs Gesellschaft haben. Wir lassen uns von ihr führen.« Zärtlich lächelnd fügte er hin- zu: »Ich habe mich den größten Teil meines Lebens von Musik führen lassen.«
    »Eine wandernde Melodie.« Der entzückte Gibbon streckte ver- suchsweise die Hand nach der Wolke aus. Diese ließ ein leises miß- trauisches Läuten ertönen und schoß hinter Jon-Toms Kopf. »Wie willst du wissen, daß es keine Verbindung gibt? Wir alle haben Musik verloren, und hier bist du und hast Musik bei dir.«
    »Vielleicht gehört schie einem anderen unglücklichen Muschiker irgendwo«, schlug der Serval vor.
    Jon-Tom blinzelte. Hier war eine Verbindung, die sich so sehr auf- drängte, daß er sie nicht beiseite schieben durfte. Zumindest verdiente sie weiteres Nachdenken.
    »Wie sollen wir das herausfinden?«
    »Warum fragst du sie nicht?« Der Gibbon versuchte noch immer, sich der Wolke zu nähern, die sich ängstlich hinter Jon-Tom versteckt hielt.
    »Sie fragen?«
    »Warum nicht? Ich rede ständig mit meinem Instrument.«
    »Ja, und wenn du zuviel getrunken hast, antwortet es manchmal so- gar«, ergänzte der Wallaby kichernd.
    Befangen schaute Jon-Tom über die Schulter zurück. »Na gut. Gibt es eine Verbindung zwischen dir und der Tatsache, daß die Musik al- ler anderen verschwindet? Steht deine Situation mit der ihren in ir- gendeiner Beziehung?« Wie schon seit Wochen klingelten die Akkor- de leise, jedoch ohne besonderen Nachdruck. Das konnte man kaum als Antwort werten.
    »Ich schätze, das läßt Raum für Interpretation.« Das Wiesel sah ent- täuscht aus.
    »Nicht gerade überzeugend«, fügte der Wallaby zweifelnd hinzu.
    »Eine Plage.« Der Gibbon schlug die Saiten seiner stummen Ukule- le. »Sie breitet sich aus, nimmt der Welt die Musik weg, und niemand kann etwas dagegen tun. Bald werden wir über einen neuen Beruf nachdenken müssen.«
    »Ich kann mir nicht vorstellen, etwas anderes als Musiker zu sein«, bemerkte der Wallaby.
    »Ich auch nicht«, stimmte der Serval bei.
    »Verdammt, ich liebe die Musik!« Trotz des Gelächters, das die fröhliche Kneipe erfüllte, schien das Wiesel den Tränen nahe.
    »Keiner der Nachtschwärmer, die sich hier amüsieren, beklagt sich, weil sie alle über die Plage Bescheid wissen.« Der Gibbon streckte den Arm aus, um die schwirrende Wolke zu umfassen. »Sie sind dankbar, daß uns wenigstens noch zwei Lieder bleiben. Wie sie und alle anderen reagieren werden, wenn auch das letzte bißchen Musik verschwunden ist, das weiß ich nicht.« Wehmütig betrachtete er die klingelnde Wolke. »Stell dir eine Welt ohne Musik vor.«
    »Aber was ist mit ihr geschehen?« Jon-Tom sah einen nach dem anderen an. »Wohin verschwindet sie denn?«
    »Wohin?« Hilflos zuckte das Wiesel die Schultern. »Wir wissen nicht, ob sie an irgendeinen bestimmten Ort verschwindet. Sie wird einfach immer schwächer. Man kann nicht einmal mehr auf einem Topfboden eine einfache Melodie schlagen. Sobald es anfängt, wie Musik zu klingen, löst es sich auf.«
    »Alle Musik.« Der Gibbon sah Jon-Tom ins Gesicht. »Alle, so scheint es, außer der deinen.« Er zeigte auf die Duar. »Deine Musik scheint nicht davon betroffen zu sein.«
    »Ich komme aus einem weit entfernten Land. Einem Land, das von dieser Plage noch nicht befallen ist.«
    »Wie kannst du das wissen?« fragte schnüffelnd das Wiesel. »Du sagtest, du seist lange Zeit durch sehr menschenleeres Gebiet gereist. Wie kannst du wissen, ob aus deinem Heimatland die Musik ver- schwindet oder nicht?«
    Jon-Tom wollte zu einer Antwort ansetzen, hielt aber plötzlich inne. Das

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