Die Entführung der Musik
bin.«
»Liebhabereien«, knurrte Pauko.
»Was will Manzai mit einer ›Sammlung‹ von Prinzessinnen?« frag- te Naike. Hinter ihm stieß der ungläubige Mudge ein höhnisches Joh- len aus. Keiner schenkte ihm Beachtung.
»Hatte ich nicht erwähnt, daß mein Herr ein begeisterter Sammler vieler Dinge ist? Manche Leute sammeln seltene Bücher oder Mün- zen, andere exotische Muschelschalen. Wieder andere finden ihre Be- friedigung darin, daß seltene und schöne Pflanzen sich bei ihnen ver- mehren. In gewissem Sinn mag man Meister Manzai zu den letzteren zählen.« Der Gärtner wurde nachdenklich. »Ein teures Steckenpferd, aber, so habe ich mir sagen lassen, sehr befriedigend.«
»Soll das heißen...« Karaukul erhob sein Schwert. Der Bock schrak zurück und schloß die Augen.
»Wollt Ihr doch bitte Euren Ärger gegen die Ursache Eures Mißbe- hagens richten und nicht gegen den unschuldigen Überbringer der Kunde.«
»Ein ausgefallener Zeitvertreib«, erklärte Jon-Tom.
»Tatsächlich kenne ich sonst niemanden, der Prinzessinnen sam- melt.«
»Wir wollen nur eine von ihnen.« Der Leutnant wandte seine Auf- merksamkeit wieder dem bebenden Geißbock zu. »Du bist sehr ehrer- bietig. Nach meiner Erfahrung weiß der ehrerbietige, unterwürfige Typ im allgemeinen mehr, als er von sich aus erzählt. Sag also, ist un- ter der ›Sammlung‹ deines Herrn eine Prinzessin von meinem Stam- me?«
»O ja«, gab der Gärtner bereitwillig Auskunft. »Eine Schönheit Eu- rer Art, die unter dem Namen Aleakuna bekannt ist.«
»Aleaukauna«, korrigierte ihn Naike. »Jüngste Tochter unseres Kö- nigshauses.« Mit blitzenden Augen beugte er sich vor. »In welchem Teil des Komplexes wird sie festgehalten?« »Ich bin mir nicht sicher.«
»Denk scharf nach.« Der Leutnant verhalf seinen Worten mit dem Schwert zu mehr Nachdruck.
»Einen Moment bitte, ich versuche, mich zu erinnern. Mein Herr behandelt seine Liebhaberobjekte mit großer Aufmerksamkeit und so- gar Ehrerbietung. Jede Prinzessin hat ihre eigenen Räumlichkeiten und die entsprechenden Bediensteten. Er ist kein barbarischer Gastge- ber.«
»O nein, er ist wirklich vorbildlich«, knurrte Mudge. »Komm end- lich zur Sache.«
»Der Komplex ist verwinkelt und hat zahlreiche Gänge«, beharrte der Gärtner. »Da ich gern meinen Kopf behielte, versuche ich, mich genau zu erinnern. Es ist einfach hinein zu gelangen, aber äußerst schwierig, wieder heraus zu kommen.«
»Das überlaß nur unserem Urteil«, erwiderte Naike. »Beschreib uns einfach den Weg.«
Der Geißbock nickte. »Das große weiße Gebäude, das unmittelbar vor dem Platz liegt, an dem wir auf einander gestoßen sind, besitzt an der Nordseite eine Veranda. Wenn es Euch gelingt, dort durch die Tür zu kommen, befindet Ihr Euch vor einem langen Korridor. Dieser führt zu einem größeren Gebäude mit vielen Zimmern.«
»Leichter, einen schmalen Korridor zu bewachen, als einen halben Sumpf«, brummte Mudge für sich.
»Am Ende dieses Korridors kommt eine Verzweigung. Wendet Euch wieder nach Norden, dann stoßt Ihr auf einen zweiten Korridor. Dieser führt zum gemeinschaftlichen Speisezimmer, das Ihr durchque- ren müßt. Dahinter liegen im Süden wunderschöne Wohngemächer. Zu Eurem Glück ist Eure Prinzessin in denjenigen Räumen einquar- tiert, die geradewegs an den Speisesaal anschließen.«
»Ist sie wohlauf?« fragte Heke ängstlich.
»Wie ich schon sagte, läßt mein Herr seiner Sammlung die größte Aufmerksamkeit zukommen. So kann ich Euch mit größter Gewißheit sagen, daß sie ohne jeden Zweifel so gesund ist wie je zuvor.«
»Doch nicht so glücklich«, brummte Karaukul.
Der Bock zuckte die Schultern. »In solchen Dingen steht einem niedrigen Bediensteten wie mir kein Urteil zu. Meine bescheidene Aufgabe ist es, Rosen zu schneiden und Unkraut zu verdauen.« Er schaute auf und scheuerte beiläufig eines seiner Hörner am Holz des Stammes. »Wenn ich Eure Neugier befriedigt habe, so wüßte ich sehr gern, was Ihr mit mir vorhabt, damit ich in jedem Fall Zeit habe, mich zu fassen.«
»Kein Problem.« Mudge legte die Hand ans Schwert und faßte die Kehle des Geißbocks ins Auge.
Naike trat einen Schritt vor. »Der Gefangene hat unsere Forderun- gen vollständig und willig erfüllt. Das Ehrgefühl verlangt, daß wir sein Leben verschonen.«
»Mit Ehrgefühl biste schnell 'n toter Mann«, grollte Mudge. »Wüls- te ihn etwa losbinden un an seine Jäterei zurückgehn lassen? 'türlich würd
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