Die Entführung der Musik
Fortschritte.
»Ein Ziegenbock«, bemerkte Karaukul.
»Warum nicht?« Der Leutnant rückte nahe an seine Kameraden heran. »Wer könnte den Rasen besser kurz halten?«
»Aber warum nur einer?« fragte Jon-Tom, während er dem Huftier bei der Arbeit zusah.
»Wir sehen nur einen«, erwiderte Mudge. »In anderen Ecken des Grundstücks kann noch 'n 'albes Dutzend mehr arbeiten. Aber der eine tut's für uns.«
Gerade hatte sich der vierbeinige Landschaftspfleger sorgsam auf die Hinterbeine gestellt, um die unteren Äste eines Obstbaumes in Angriff zu nehmen. Er stützte sich mit den Vorderbeinen gegen den Stamm und knabberte eine Reihe von Trieben ab, die aus der ansons- ten glatten Rinde hervorsprossen. Wucherndes Grün, das weiter oben angesiedelt war, gehörte zweifellos in den Aufgabenbereich eines an- deren Mitglieds des Gartenpersonals: vielleicht einer Giraffe.
Die Hörner des Ziegenbocks waren keineswegs besonders lang und scharf, und er war auch kein besonders kräftiges Exemplar seiner Gat- tung. Dieser Bock war sicherlich kein Soldat.
»Kommt, packen wir ihn.« Heke wollte hervorbrechen.
Naike hielt ihn mit seinem kurzen bepelzten Arm zurück. »Geduld, guter Heke. Hier gibt es auch Unkraut. Der kommt noch näher. Das ist besser für uns, falls andere in der Nähe sind.«
Jon-Tom bewunderte, wie geschickt das Huftier mit seinen Zähnen war. »Er ist sehr gut. Den würde ich selber einstellen. Seht ihr? Er hält den Caesalpinia-Rasen überall auf gleicher Höhe, ob er nun auf fla- chem Boden wächst oder an einem Hang.«
»Das ist's«, bellte Mudge plötzlich. Naike wandte sich um und schaute ihn an. »Was ist es?« Doch der Otter war schon im sumpfigen Wald verschwunden. Kurze Zeit später kam er mit einem fieder- blättrigen langen Zweig zurück, den er sich unter den Arm geklemmt hatte.
»Was hast du damit vor?« Pauko sah überrascht aus. Mudge ver- drehte die Augen zum Himmel. »Bewahre mich vor den Unbedarf- ten.« Damit trat er vor. »Schließt eure Kuchenlöcher und haltet euch bereit.«
Alle fühlten die Anspannung, als der Otter den Zweig vorsichtig vorschob, bis dieser eine komplette Körperlänge aus dem ansonsten säuberlich getrimmten grünen Wall hervorragte.
Es dauerte eine Weile, bis der ungebührlich hervorstehende Zweig die Aufmerksamkeit des geschäftigen Gärtners erregte. Erst mit dem einen, dann mit dem anderen Auge betrachtete er schließlich den harmlosen Wedel, als frage er sich, wie der nur so lange hatte über- sehen werden können. Dann schritt er auf ihn zu.
»Wartet, bis er mit Knabbern anfängt«, flüsterte Mudge. »Und dann packt ihn!« Mit einem kurzen schnellen Kopfnicken verteilten sich die Mungos schweigend. Jon-Tom tat das gleiche, wenn auch langsamer, wie es seinem klobigen Menschenkörper anstand.
Mit großer Vorsicht näherte sich der Gärtner dem Rand des undis- ziplinierten Wildwuchses aus dem Sumpfland. Ein kurzer Blick nach rechts und links befriedigte ihn offensichtlich, und daraufhin machte er sich daran, den vorstehenden Wedel tief unten abzubeißen. Zwei oder drei kräftige Bisse sollten genügen, das störende Gewächs zu be- seitigen.
Bemerkenswert, dachte er beim Arbeiten, wie sehr eine Reihe von Knospen weiter unten an dem Ast fast schon Fingern ähnelt.
Zum zweiten Biß kam er nie. Die Viererbande der Mungos stürzte sich auf ihn und ließ dem entsetzten Gärtner gerade genug Zeit, ein halbes Blöken auszustoßen, bevor er in mehrere nach Moschus rie- chende Decken eingewickelt war. Mit einem starken Band wurde eilig sein Kiefer umwunden, was weitere Ausbrüche verhinderte. Im Nu hatte man ihn tief in den Sumpf geschleppt, und das unglückliche Huf- tier konnte seine Entführer nur entsetzt anstarren.
»Werden wir verfolgt?« Der besorgte Naike trug seinen Anteil des gekidnappten Ziegenbocks am linken Vorderhuf.
Jon-Tom schaute sich nach hinten um, konnte aber nur Nebel, grün- lich-graues Pflanzengewirr und aufgestörte Insekten entdecken.
»Wir wollen ihn an 'nen Platz bringen, wo er sich ohne Gefahr den Schwanz vom 'intern schreien kann.« Mudge bahnte den anderen den Weg.
Erst als sie tief in den wegelosen Morast eingedrungen waren, nah- men sie dem Gärtner den Knebel ab, ließen jedoch die vier Beine ge- fesselt. Sein hübscher Umhang war nun fleckig von Moos und Erde. Als Jon-Tom hilfreich die Hand ausstreckte, um den Umhang ein we- nig zurechtzuziehen, zuckte der Besitzer zusammen.
»Versuch, ganz ruhig zu bleiben. Wir wollen
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