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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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Saitensätzen und trat ent- schlossen mitten auf den Weg. In seiner Nähe zogen sich die verirrten Akkorde zu einem sorgenvollen Klumpen aus Licht und Klängen zu- sammen.
    »Eigentlich sollte hier etwas Stärkeres angesagt sein.«
    »Ganz recht, Kumpel!« bellte Mudge ermutigend. »Zeig ihnen dei- ne Macht. Mach, daß sie 'eulend un wimmernd in ihre Betten zurück- kriechen!« An die Prinzessinnen gewandt fügte er mit leiserer Stimme hinzu: »Ich schlag vor, sucht euch 'ne Vertiefung oder 'nen kräftigen Baum und versteckt euch da, so wie ich.«
    Pivver starrte ihn wütend an. »Hast du Vertrauen in die Fähigkeiten deines Freundes, ja oder nein?«
    »O doch, o doch. Aber du mußt verstehn, ich 'ab ihn auch schon am Werk gesehn.« Daraufhin begann er, sich einen vorläufigen Zu- fluchtsort zu suchen.
    Ein Mob bewaffneter wütender Gestalten näherte sich über den schmalen Weg den müden, verschwitzten Flüchtlingen. An den Spit- zen und Kanten der zahlreichen Waffen brach sich funkelnd das erste schwache Licht des Sonnenaufgangs. Es waren wohl weniger als hun- dert Verfolger, mutmaßte Jon-Tom, als er die Woge aus Zerstörungs- wut betrachtete, die sich ihnen ungebrochen entgegen wälzte. Doch das würde bei weitem ausreichen, die kleine Gruppe von Flüchtlingen zu überwältigen.
    Was bedeutete, daß alles an ihm hing. Wie üblich.
    Es war ein Umstand, mit dem er vertraut war, dem er sich aber seit Jahren nicht mehr hatte stellen müssen. Erste Versversuche wirbelten ihm im Kopf herum. Vor Jahren hätte er noch versucht, überwältigen- de Macht und beeindruckende Stärke herbeizusingen. Macht und Stärke indes, so hatte er des öfteren schmerzlich erfahren müssen, wa- ren manchmal nur schwer oder gar nicht unter Kontrolle zu halten. Den perfekten Zauberer erkannte man an seiner Behutsamkeit. Wähle die Magie entsprechend der Situation. ›Nicht zuviel und nicht zu we- nig‹ war eine Moral, die sich sowohl auf alles Magische als auch auf den Rest des Lebens anwenden ließ.
    Das war außerdem sicherer.
    Während die Gruppe hinter ihm zusah (manche hinter Steinen oder dicken Bäumen versteckt), begann er zu singen. Nicht von Feuer und Zerstörung, nicht von Chaos und Umwälzung, sondern von besseren Zeiten. Von einer friedlichen und freundlichen Umgebung. Hexerisch gesprochen war es, in Anbetracht der sich rasch nähernden Gefahr, eine Art Abschied. Und zwar in einem Maße, daß Mudge sich ver- blüfft und besorgt aus seinem Versteck erhob.
    »'ey, Kumpel, was zum Teufel dröhnst du da 'erum? 'ier geht's um Leben un Tod, nich um 'übsche Gedanken zu schönen Blümchen.«
    Jon-Tom beachtete ihn nicht und sang weiter.
    Ein anderer Ort, eine andere Zeit, ein anderer Tag, die Sonne scheint weit. Ich habe es satt, Kampf und Gerenne mit feinden, die ich nicht einmal kenne. Bewege uns schnell und doch mit Ziel, sonst kämpfe ich im Possenspiel.
    Bei der erschreckend sinnentstellenden Verwendung des Wortes Possenspiel erzitterte die schwebende Wolke in einem schallenden Tremolo. Gleichzeitig erhob sich aus dem glühenden Nexus im Her- zen der Duar ein unheilvoller grüner Nebel.
    »Das is es, Kumpel!« bellte Mudge eifrig. »Mach, daß ihnen das Fleisch von den Knochen schmilzt, saug ihnen den Atem aus der Lun- ge! Brat sie an Ort und Stelle.«
    Jon-Tom hatte keine Zeit, seinem Gefährten zu erklären, daß er et- was ganz anderes im Sinn führte. Allerdings beunruhigte ihn das ge- naue Aussehen und die Färbung des aufsteigenden, dichter werdenden Nebels ein wenig. Der Nebel dehnte sich immer weiter aus, bis sie völlig davon umfangen waren. Es war ein Gefühl, das ihm schon ein- mal begegnet war - vor langer, langer Zeit auf einer Landzunge ganz in der Nähe der San Francisco-Bay.
    Einen entsetzlichen Moment lang glaubte er, der Banngesang habe sie alle zusammen quer durch die Welten an diesen Ort gebracht, wo die Anwesenheit eines intelligenten Otters, vierer übergroßer Mungo- soldaten und eines halben Dutzends Prinzessinnen verschiedener Tier- arten außerordentlich schwer zu erklären wäre. Wenn sie auf dem Ghiradelli Square oder dem Fisherman's Wharf materialisierten, wür- den sie ganz schön Aufsehen erregen.
    Andererseits, versuchte er sich beim Weitersingen zu beruhigen, dachte er ja wirklich an San Francisco.
    Erst als der Nebel so dicht war, daß sie von ihrer Umgebung über- haupt nichts mehr erkennen konnten, wurde er leiser und ließ den Ge- sang ausklingen. Allmählich lichtete sich der Dunst, und er

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