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Die Entführung der Musik

Die Entführung der Musik

Titel: Die Entführung der Musik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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und die jeweiligen Besitzer für ihren morgendlichen Einkauf von einer Ve- randa zur anderen wechselten. Er glaubte sogar, gesehen zu haben, wie beide Häuser vor dem größeren Geschäftshaus eine leichte archi- tektonische Verbeugung vollführten.
    »Von dieser Stadt wird niemand jemals einen Stadtplan anfertigen«, bemerkte Jon-Tom. »Bis zum Nachmittag wäre jeder Plan schon wie- der veraltet.«
    Sie passierten eine Schiffsausrüsterei, die sich gerade, vorsichtig wie eine Henne auf ihren Küken, über einem beschädigten Fischer- boot aufbaute. Zwei Bisamrattenlehrlinge rutschten eine Strickleiter hinunter und befestigten eine Talje am gebrochenen Mast des Bootes. Als der Sumpf-Buggy mit seiner königlichen Last vorbeibrummte, schauten sie auf und zeigten darauf.
    Ein Besuch bei den Nachbarn zum Kartenspielen? überlegte Jon- Tom. Da kann man ruhig zu Hause bleiben. Man sucht einfach einen Platz, der allen genehm ist, die Häuser kommen zusammen, und auf der größten Veranda stellt man einen Tisch auf. Wie sehr Mashupro jeden Wohnmobilpark an Mobilität übertraf, könnte sich selbst der nomadische Besitzer eines Winnebago oder Bounder niemals vorstel- len. Wenn man hier eine Panne hatte, überlegte Jon-Tom, würde ei- nem Reifenflickzeug nichts nützen. Man brauchte Schienen. Bei ei- nem Detroit-Diesel mußte man sich zumindest über Termiten keine Gedanken machen.
    »Von Gemeinden, die bestimmte 'öflichkeitsformen pflegen, 'ab ich schon ge'ört«, erklärte Mudge, der gerade zusah, wie zwei Häuser an- einander vorbeigingen und sich dabei voreinander verbeugten. »Aber das 'ier is lächerlich.«
    »Die Einheimischen müssen wissen, wie sie sich finden können.« Aleaukauna blickte sehnsüchtig in Richtung eines zweistöckigen Ge- mischtwarenladens. »Oder vielleicht haben auch die Gebäude selbst gelernt, sich untereinander zu erkennen.«
    »Ich frage mich, welche Art von Bewußtsein sie haben, falls sie eins haben.« Jon-Tom betrachtete forschend den lärmenden Saloon, an dem sie vorbeikamen. »Ob sie wohl darüber klatschen, wer einen neu- en Anstrich braucht, oder ist es ihnen unangenehm, wenn ein Nachbar an einer peinlichen Stelle eine lose Planke hat? Zeigt man Ehrerbie- tung den älteren Gebäuden gegenüber? Vielleicht gibt es zwischen den Gebäuden ein kompliziertes Ritual, der die Bewohner nicht im geringsten mit einbezieht.«
    »'ey, paß auf, wo du 'ingehst!« schrie Mudge eine kleine Fischerhüt- te an. Auf ihren vier hohen dünnen Pfeilern wollte diese gerade zu der in der Ferne liegenden Sandbank eilen und wäre beinahe auf die Rei- segruppe getreten. Der Besitzer war mit seinem Tauwerk beschäftigt gewesen und hatte nicht achtgegeben. Nun entschuldigte er sich bei ihnen. Während er an seiner geschwungenen Pfeife zog, beugte er sich über Bord, schaute durch dicke Bifokalgläser zu ihnen herunter und rief: »Verzeihung, Freunde!« Zweimal stampfte er mit dem Fuß auf das knarrende Holz der Veranda. »Das Haus wird alt. Muß mal wieder renoviert werden.« Mit einem Wink lenkte er es an ihnen vorbei. Jon- Tom sah zu, wie die Hütte gemächlich ins tiefere Wasser hinaus- stelzte.
    Eine nette Art, Angeln zu gehen. Statt des Kastens mit der Angel- ausrüstung nahm man einfach sein ganzes Haus mit. So wie der Besit- zer der Schiffsausrüsterei für jeden Auftrag seine ganze Werkstatt mitnahm. In Mashupro brauchten die Kinder morgens nicht zur Schule zu gehen, die Schule konnte ja vorbeikommen und die einzelnen Schüler abholen. Diese Einrichtung hatte ganz gewiß ihre Vorteile.
    Während sie zur Hafenseite weiterfuhren, kam Tom-John plötzlich der Gedanke, ob die kleineren Häuser wohl die Kinder normalgroßer Gebäude waren. Bizarre Bilder sich paarender Einzelgebäude zeichne- ten sich vor seinem inneren Auge ab; er mußte wohl schon zu lange in dieser schwülen Hitze unterwegs sein. Ob Hotels Motels zur Welt brachten? Konnten Herrenhäuser die Quartiere der Bediensteten er- zeugen? Und wenn ja, stand dann das örtliche Krankenhaus bei jeder Geburt bei? Wie sähe ein Fast Food-Restaurant in Mashupro aus? Die Vorstellungskraft drohte mit seinem gesunden Menschenverstand durchzugehen. Mudge hätte behauptet, dies sei sowieso sein normaler Geisteszustand.
    In der Nähe des Hafens trafen sie auf immer mehr Gebäude, die größer und robuster waren als jene, an denen sie bisher vorbeigekom- men waren: zweistöckige Gebäude, die auf mehr Standfestigkeit schließen ließen. Dort standen die

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