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Die Entführung in der Mondscheingasse

Die Entführung in der Mondscheingasse

Titel: Die Entführung in der Mondscheingasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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sichtlich befremdet.
    Die jungen Herren nickten sehr
freundlich, wußten sie doch, wie wertvoll Gehlerts Stimme war.
    „Eingangs muß ich Sie bitten“, sagte Glockner,
„daß Sie das, was Sie jetzt hören, streng vertraulich behandeln. Sie dürfen zu
niemandem darüber reden. Wirklich zu keinem Menschen.“
    Dann erzählte er die ganze Geschichte
von Uckmann und wie sich die Situation Uckmann/Neschke seit letzter Nacht
zugespitzt hatte.
    Staunend hörte Gehlert zu. Aber der
Ausdruck änderte sich, machte Besorgnis Platz und schließlich sorgenvoller N
achdenklichkeit.
    Frau Dießen stand zwar dabei, saß aber
in Wahrheit auf glühenden Kohlen, fürchtete nämlich, daß sich Gehlert abschrecken
ließ und andere vier Wände zu seinem Zuhause erkor.
    Glockner merkte das natürlich, konnte
aber darauf keine Rücksicht nehmen. Er hatte eine Aufgabe zu erfüllen und nicht
den Auftrag, Spekulsky-Wuchers-und-Co zu ihren Mieteinnahmen zu verhelfen.
    „...deshalb“, Glockner kam zum Ende, „muß
ich Sie fragen, ob Sie bereit wären, mit der Polizei zusammenzuarbeiten?“
    Gehlert hatte sich die Jacke über die
Schultern gehängt und wirkte sehr breit.
    „Selbstverständlich. Das heißt,
grundsätzlich ja. Aber ich... äh... ich meine, ich möchte da nicht in was
hineingezogen werden, das ich nicht überblicken kann.“

    „Ich versichere Ihnen, daß Sie nichts
dabei riskieren.“
    Gehlert zögerte. „Das sagen Sie. Aber
wenn Ihre Falle nicht funktioniert, wird sich dieser Ultzmann, oder wie der
heißt, an mir rächen. Der kriegt doch raus, daß ich seinen Komplicen auf den
Leim locken wollte.“
    „Nein. Sie werden nur einmal die Stimme
am Telefon sein. Ansonsten haben Sie nichts mit der Sache zu tun. Und unsere
Falle funktioniert.“
    Gehlert verzog das Gesicht. Ihm war
nicht behaglich. Andererseits wollte er gefällig sein, jedenfalls nicht als
Feigling dastehen.
    „Ich stelle es mir so vor“, sagte Glockner
rasch. „Ihr Telefon klingelt. Sie melden sich — weil Sie ja nicht wissen, wer der
Anrufer ist — niemals mit ,Gehlert’ , sondern mit ‚Ja?’
oder ,Hallo?’ Neschke hört Ihre Stimme und gibt sich zu erkennen. Sie sagen
rasch: Ich kann jetzt nicht sprechen, Hansjörg. Komm heute abend um elf in die
Nachteule, Ecke Promenadenstraße. Dann legen Sie auf. Klar? Und verständigen
mich sofort. In der Nachteule — einer Bar, die dem Neschke garantiert bekannt
ist — schnappt dann unsere Falle blitzschnell zu.“
    Gehlert kratzte sich am Ohr. „Hm. Und
Sie meinen... Na, gut! Aber, Herr Kommissar, ich habe nicht die Absicht, diese
Wohnung zu mieten, um dann hier als Lockvogel zu sitzen, unter Beobachtung der
Polizei, mit angezapftem Telefon und...“
    „Aber nein!“ fiel ihm Glockner ins
Wort. „Davon kann keine Rede sein. Niemand wird Sie beobachten. Sie sind
unbehelligt und ungestört. Und niemand zapft Ihr Telefon an. Wir kommen erst in
die Hufe, wenn Sie uns verständigen. Nach Neschkes Anruf.“
    „Und wenn der nicht anruft, sondern
plötzlich vor der Tür steht?“
    „Das riskiert der niemals. Und wenn
doch — haben wir Pech gehabt und Sie nichts zu befürchten. Sie sagen halt, hier
gibt’s keinen Uckmann mehr. Sie haben jetzt die Wohnung. Selbstverständlich
müssen Sie mich auch in dem Falle sofort benachrichtigen. Neschke würde sich
natürlich nicht als Neschke vorstellen. Aber ich zeige Ihnen sein Foto.“
    Gehlert nickte. Die Kirsche war
gegessen.
     
    *
     
    Der Hundesalon FEINSCHNITT befand sich
in der Mondscheingasse, etwa 20 Gehminuten von Glockners entfernt.
    Um 14.30 Uhr lieferte Gaby ihren
Vierbeiner dort ab.
    Sie war mit dem Rad hergefahren, wobei
Oskar an der Leine nebenher lief.
    Sein schwarzweißes Fell hatte wirklich ein
paar Locken zuviel. Er schwitzte ordentlich in dieser warmen Verpackung, ließ
aber die Zunge nicht so weit heraushängen wie Klößchen.
    Vor dem Hundesalon stellte Gaby ihr
Klapprad ab. Eine große Schaufensterscheibe war auf der Innenseite über und
über mit den Fotos und Posters reinrassiger Hunde beklebt. Auch ein Cocker Spaniel, der Oskar ähnelte, war dabei.
    Gaby trat ein. Aber Oskar wollte nicht.
Er stemmte alle vier Pfoten auf den Boden wie ein störrischer Maulesel und
machte ein unglückliches Gesicht.
    Weder gutes Zureden noch Befehle
halfen. Also wurde er hineingetragen, was er über sich ergehen ließ.
    Der längliche Raum reichte tief in das
Haus und blickte auf eine bewegte Vergangenheit zurück: als Eisdiele, als
Billard-Treff, als

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