Die Entfuehrung
Allison fragte sich, worüber sie wohl plapperten, um sich die Zeit zu vertreiben. Football? Basketball? Oder vielleicht über den beliebtesten Jagdsport von Washington, den ultimativen Zuschauerkitzel – dabei sein, wie wieder ein Präsidentenanwärter auf dem Drahtseil über der Pennsylvania Avenue stolpert und abstürzt.
Sie wandte sich vom Fenster ab und kroch wieder in ihr Bett. Peter saß immer noch im Pyjama gegen das Kopfteil gelehnt und verschlang die Washington Post. Normalerweise stand er sonntags längst nicht so früh auf, aber beide waren wach, seit die Zeitung auf der Türschwelle gelandet war. Die Schlagzeile sagte alles: «LEAHY ALS JUSTIZMINISTERIN SUSPENDIERT
Präsident Sires hatte sein Versprechen tatsächlich wahrgemacht und die Presseerklärung des Weißen Hauses herausgegeben. Der Stabschef würde im Laufe des Tages in der Fernsehsendung Meet the Press zu der Suspendierung Stellung nehmen. Allisons Mitbewerber, Gouverneur Helmers, erschien gerade in einer morgendlichen Nachrichtensendung und bemühte sich um Schadensbegrenzung. Am vergangenen späten Abend hatten sich die Wahlkampfstrategen des Leahy/Helmers-Teams darauf geeinigt, dass Helmers, und nicht Allison, bei den Frühsendungen auftreten sollte. Er konnte sich für sie einsetzen, ohne defensiv zu wirken, und er konnte in den weniger populären Morgensendungen die Lage etwas entschärfen, so dass Allison besser vorbereitet wäre, wenn rücksichtslose Fernsehjournalisten in den Shows zur besten Sendezeit um 9:00 Uhr und am Nachmittag sich auf sie einschießen würden.
Allison lag lustlos auf dem Bett. »Ich muss mich fertigmachen«, sagte sie mit angsterfüllter Stimme.
Peter sah von seiner Zeitung auf. »Du hörst dich an, als würdest du zu einer Beerdigung gehen.«
»In gewisser Weise tue ich das auch. Präsident Sires hat es gestern Abend gesagt, und meine eigenen Meinungsforscher sagen dasselbe. Statistisch gesehen bin ich ein hoffnungsloser Fall.«
Er legte die Zeitung beiseite. »Noch ist das Spiel nicht aus. Helmers und Wilcox und all die anderen Burschen würden nicht so viel Wind machen, wenn sie davon ausgingen, dass es wirklich vorbei wäre.«
Allison schüttelte den Kopf. »Bis jetzt ist es einfach nur der eigene Schwung, der alles in Bewegung hält, und nicht so sehr Enthusiasmus. Keiner erwartet von mir, dass ich in den nächsten zwei Tagen ein Kaninchen aus dem Hut zaubere. Sie wollen nur verhindern, dass mein Schlamassel Helmers Chancen in vier Jahren bei den nächsten Wahlen für das Weiße Haus verdirbt.«
»Wissen Wilcox und Helmers irgendwas darüber, dass du bereit bist, das Lösegeld für Kristen Howe zu bezahlen?«
»Nein.«
»Und der Präsident? Hast du es ihm gesagt?«
»Nein, das konnte ich nicht. Wenn irgendeiner von denen das herausfindet, schlachten sie es aus. Sie werden es an die Presse durchsickern lassen und versuchen, mich zur Heldin hochzujubeln und damit die Wahlen wieder zu meinen Gunsten zu beeinflussen.«
»Ach«, lästerte er, »du willst gar nicht gewinnen?«
»Natürlich will ich gewinnen. Aber nicht um jeden Preis. Wenn es die Runde macht, dass wir uns bereit erklärt haben, das von General Howe verweigerte Lösegeld zu bezahlen, wäre das ein Desaster. Howe könnte seine Tochter einfach übergehen und uns die Zahlung untersagen. Die Publicity könnte dazu führen, dass die Entführer sich zurückziehen und Kristen töten. Eine ganze Menge könnte passieren, und nichts davon wäre gut.«
»Also - ich verstehe überhaupt nichts mehr. Zahlen wir das Lösegeld, oder zahlen wir es nicht?«
»Wir zahlen. Wenn sie es noch wollen.«
»Was willst du damit sagen?«
»Die Entführer senden widersprüchliche Signale. Freitag haben sie das Geld gefordert. Gestern ruft ein anderer an und sagt, Kristen ist in Sicherheit, bis die Wahl vorbei ist. Es klingt nach internen Auseinandersetzungen, aber wir sollten immer noch darauf vorbereitet sein, das Lösegeld zu übergeben, wenn sie am Montag wie angekündigt anrufen.«
»Glaubst du wirklich, dass du das geheim halten kannst?«
»Es geht nicht anders. Ich sehe ja ein, dass es dir schwerfallen muss, es zu verstehen, vor allem nach solchen Schlagzeilen wie heute. Aber ich habe Tanya Howe versprochen, dass wir Stillschweigen bewahren, weil es sonst nicht funktioniert. Daran musst du immer denken, wenn du das Geld besorgst. Du solltest es über verschiedene Banken erledigen und die einzelnen Beträge, die du überweist und abhebst, so klein
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