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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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falschen Vorwand zustande gekommen war. Wut stieg in ihr auf - nicht so sehr auf ihren Vater, als vielmehr auf ihre Mutter, die sie auf so unehrliche Weise bearbeitet hatte. »Was erklärt?«
    Er brauchte einen Moment, um seine Gedanken zu ordnen. »Vielleicht sollte ich ein bisschen weiter ausholen. Wie schon bei deiner Mutter. Ich habe gehört, dass das FBI sich mit dem Autounfall beschäftigt, bei dem Mark Buckley ums Leben gekommen ist.
    Sie begann, innerlich zu zittern. Es war zwölf Jahre her, dass ihr Vater auch nur den Namen von Kristens Vater erwähnt hatte. »Tatsächlich?«
    »Ich bin hergekommen, weil ich dachte, dass du vielleicht etwas über dieses plötzlich neuerwachte Interesse weißt.«
    »Woher sollte ich etwas darüber wissen?«
    »Ich will dir keinerlei Vorwürfe machen. Ich habe mich nur gefragt, ob irgendwer vorbeigekommen ist und dir Fragen gestellt hat.«
    »Kann sein.«
    »Jetzt ist nicht der Zeitpunkt, sich zu zieren, Tanya.«
    »Wie hättest du mich denn gerne? Unterwürfig? Gehorsam?«
    »Einfach nur ehrlich.«
    »Also gut. Es gibt etwas, das ich mit aller Ehrlichkeit sagen kann: Ich würde gerne die Wahrheit über Marks Tod erfahren.«
    »Tanya, du kennst die Wahrheit. Wir alle kennen die Wahrheit. Ich hoffe nicht, dass du beabsichtigst, die Geschichte neu zu schreiben.«
    »Nein«, sagte sie mit ernster Miene. »Ich glaube nur, dass ein sehr wichtiger Teil dieser Geschichte nie bekannt geworden ist.«
    Er sah sie streng über den Tisch hinweg an und sprach mit beherrschter Stimme. »Der Junge ist mit hundertdreißig Sachen gegen eine Eiche geknallt. Er war stockbetrunken. Mehr muss man darüber nicht wissen.«
    Sie setzte sich aufrecht hin und sah ihm in die Augen, als wollte sie ihm klarmachen, dass sein Ton sie nicht einschüchtern konnte. »Jene Nacht - die Nacht, in der Mark starb. Er hat mich angerufen. Es war ein sehr kurzes Gespräch. Er klang betrunken. Er hörte sich überhaupt nicht wie er selbst an. Alles, was er sagte, war: »Tanya, ich glaube, du solltest abtreiben.«
    »Und was hast du darauf geantwortet?«
    »Ich habe ganz deutlich nein gesagt. Aber hier geht es nicht darum, was ich gesagt habe. Hier geht's darum, was er gesagt hat. Es war sehr merkwürdig. Eine Abtreibung war das letzte, was Mark wollte. Er wollte, dass ich das Kind bekomme.«
    »Das weißt du nicht. Welcher Zwanzigjährige weiß schon, was er wirklich will?«
    »Er wusste es. Wir beide wussten es.«
    »Na gut, dann war er eben betrunken und hat etwas gesagt, was er gar nicht gemeint hat.«
    »Das habe ich auch immer gedacht. Aber bis heute kann ich den Tonfall in seiner Stimme nicht vergessen. Es klang nicht, als würde er es bloß aus Effekthascherei sagen, oder vielleicht sogar, um grausam zu sein. Es klang eher... wie Angst.«
    »Eine Menge Jungs bekommen es mit der Angst zu tun, nachdem sie ihre Freundin geschwängert haben.«
    »Er hat mich nicht gegen meinen Willen geschwängert. Und es war nicht die Art von Angst. Es war, als hätte er Angst um sein Leben.«
    Der General musste schlucken.
    Tanya beugte sich vor und durchbohrte ihn mit brennendem Blick. »Ich glaube, er wusste, was passieren würde.«
    »Das ist lächerlich. Der Junge war betrunken. Er stieg ins Auto. Er fuhr gegen einen Baum. Ende der Geschichte.«
    »Und warum gab es keine Bremsspuren?«
    Nach einer Weile sagte der General mit fester Stimme. »Weil er so sturzbetrunken war, dass er die Gewalt über den Wagen verloren hat.«
    »Das ist deine Theorie, Vater.
    »Das war die Theorie des Gerichtsmediziners.«
    »Der Gerichtsmediziner ist nicht dort gewesen.«
    »Warum zum Teufel sollte er sonst nicht auf die Bremse gestiegen sein?« fauchte der General.
    » Sag du es mir.«
    »Das kann ich nicht, Tanya. Ich habe keinen blassen Schimmer.«
    »Ich glaube schon.«
    »Wie kannst du es wagen, so respektlos zu sein.«
    Voller Verachtung setzte sie nach. »Ich weiß, dass Mark ganz sicher nicht wollte, dass ich abtreibe.«
    »Tanya - «
    »Ich glaube, er hat es nur gesagt, weil er dazu gezwungen wurde.«
    »Schluss jetzt.«
    »Er hat es nicht gesagt, weil er betrunken war. Ich glaube, er war betrunken, weil er Angst hatte.«
    »Hör sofort auf damit.«
    »Ich glaube, er hatte Angst, weil er bedroht wurde.«
    »Hör auf.«
    »Ich glaube, es gab keine Bremsspuren, weil er sich umgebracht hat. Weil er keinen anderen Ausweg gesehen hat.«
    »Halt den Mund, Tanya!«
    »Weil du ihm keinen anderen Ausweg gelassen hast.«
    »Du

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