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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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aufkommende Wut, aber diese Wut gab ihr Kraft. Sie zog sich den Morgenmantel über und ging auf den Flur.
    Unter der Badezimmertür am anderen Ende des Hauses war ein Lichtspalt zu sehen. Ihre arme Mutter mit der erdnußgroßen Blase machte zweifelsohne einen ihrer vier oder fünf nächtlichen Gänge zur Toilette. Tanya eilte den Flur hinunter und ging besonders leise an dem FBI-Agenten in der Küche vorbei. An der Badezimmertür blieb sie stehen. Sie hörte, wie in einer Zeitschrift geblättert wurde. Eindeutig ihre Mutter.
    Sie ging weiter den Flur entlang, vorbei an Kristens Zimmer, das abgesichert war wie ein Tatort. An der Tür daneben blieb sie stehen. Es war das Zimmer, in dem ihre Eltern schliefen. Leise öffnete Tanja die Tür.
    Das Schlafzimmer war dunkel, bis auf das Leuchten des Weckers auf der Frisierkommode und die waagerechten Streifen des Mondlichts, das durch die Jalousien hereinfiel. Ihr Vater lag auf der Fensterseite im Bett, ein Koloß unter seiner Bettdecke. Sie schlich leise zu ihm hin und blieb am Fußende des Bettes stehen, um sein Gesicht zu betrachten. Er schlief ganz fest.
    Sie ging noch ein bisschen näher heran und kniete sich neben ihn. Er lag auf seiner Seite mit der Wange auf dem Kissen. Sie kauerte sich so weit hinunter, dass sie mit ihm auf gleicher Höhe, Angesicht zu Angesicht, war. Sie konnte seinen Atem spüren. Schließlich schien er ihre Anwesenheit zu spüren. Er blinzelte.
    »Beweg dich nicht«, flüsterte sie kalt und barsch.
    Er erstarrte, als hätte sie ihm eine Pistole an den Kopf gehalten. »Was ist los, Tanya?« fragte er beunruhigt.
    »Ich habe dein Gespräch mit Buck LaBelle gehört.«
    Er riss die Augen weit auf. Das Weiße wirkte riesig in der Dunkelheit. Er schwieg.
    »Ich glaube, dass du vor nichts haltmachen würdest, nur um gewählt zu werden«, flüsterte sie. »Ich glaube, du würdest deine eigene Enkelin entführen, um gewählt zu werden. Und wenn Kristen nicht zu Hause ist, bevor die Wahllokale am Dienstagmorgen öffnen, gehe ich zum Fernsehen und werde den Wählern im ganzen Land sagen, was ich denke.«
    »Tanya«, würgte er, »du machst einen schrecklichen Fehler. «
    »Halt den Mund. Jetzt rede ich.«
    Die Tür wurde geöffnet. Natalie setzte einen Fuß ins Zimmer, dann blieb sie stehen. »Tanya?«
    Tanya stand langsam auf und sagte mit freundlicher Miene: »Vater und ich haben gerade miteinander geredet.«
    Natalie kam zu ihnen und setzte sich auf die Bettkante. »Das ist gut so. Ihr beide solltet mehr miteinander reden.«
    Tanya sah von ihrer Mutter zu ihrem Vater. »Irgend etwas sagt mir, dass wir das tun werden. Ich glaube, es gibt eine Menge, über das wir reden müssen.«
    »Wundervoll«, sagte Natalie. »Ich wusste, dass das eine gute Idee war.«
    »Es war eine hervorragende Idee, Mutter.« Sie küsste sie auf die Wange und ging wortlos zur Tür. An der Tür blieb sie stehen. »Gute Nacht, Vater.«
    Der General musste sich auf die Zunge beißen, um in Gegenwart seiner Frau nichts zu sagen. »Gute Nacht, Tanya.«
    Die Tür quietschte, und Tanya verließ das Zimmer.
43
    Allison stand am Montagmorgen angezogen neben dem Telefon und wartete voller Hoffnung und Ungeduld auf den Anruf. Der Apparat klingelte Punkt acht Uhr. Das laute Klingeln ließ sie zusammenfahren. Sie griff nach dem Hörer
    »Hier ist Allison.«
    Eine zittrige, hohe Stimme am anderen Ende sagte: »Hier ist Kristen Howe.«
    Allison drückte sofort auf die Taste, die die Abhörung durch das FBI auslöste. »Kristen, wo bist du?«
    Pause. Dann die verstellte, mechanische Stimme. Kristen war weg. »Mit dem Rücken zur Wand. Genau wie Sie. Haben Sie das Geld?«
    Sie sah auf die Uhr an der Wand. Vierzehn Sekunden. Es klang wieder wie ein Handy. Also musste sie das Gespräch hinauszögern, damit das FBI die Spur aufnehmen konnte. »Ja, ich habe es. Aber ich möchte mit Kristen sprechen.«
    »Sie gehen um zehn Uhr zu dem alten Pension Building. Biegen Sie in die Fifth Street ein. Dann durchs Atrium und zum Ausgang F-Street.«
    Der Tonfall ließ Allison erschauern. Die Stimme war verzerrt, wie zuvor, aber eindeutig eine andere als die vom Freitag und auch als die vom Samstag. Eine ganz andere. »Lassen Sie Kristen noch einmal ran«, sagte sie. »Ich will mich vergewissern, dass sie noch lebt.«
    »Warten Sie draußen auf dem Gehweg. Und bringen Sie das Geld mit.«
    Sie schnitt eine frustrierte Grimasse. Wer immer das war, er war nicht blöd - kein Wort zu viel. »Wollen Sie, dass ich das Geld

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