Die Entfuehrung
entgegennahm. Allison brauchte nur ein paar Sekunden, um ihr die wesentlichen Forderungen der Kidnapper zu erklären.
»Hörte sich Kristen so an, als ginge es ihr gut?« waren Tanyas erste Worte.
Allison zögerte. Sie wollte weder lügen noch pessimistisch klingen. »Sie schien verängstigt zu sein, aber gesund. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht mit Sicherheit, ob sie wirklich am anderen Ende war oder ob es eine Aufzeichnung war. Ich hatte darum gebeten, mit ihr reden zu dürfen, um zu hören, ob sie auf eine Frage antworten würde, aber er hat sie nicht mehr an den Apparat gelassen.«
»Das heißt, Sie wissen nicht, ob sie noch lebt?« fragte Tanya
»Wir müssen es annehmen.«
»Ich will nichts annehmen. Ich muss wissen, ob es meiner Kleinen gutgeht.«
Harley schaltete sich ein. »Wir werden es bald wissen, Tanya.«
»Wann?«
»Sie wollen, dass ich das Lösegeld um zehn Uhr überbringe,« sagte Allison.
»Und«, sagte Harley, »es gibt noch etwas, das Sie wissen sollten. Ihr Vater hat heute am frühen Morgen angerufen. Er hat sich einverstanden erklärt, das Lösegeld zu bezahlen.«
Tanya schien den Atem anzuhalten. »Überbringen Sie es nicht.«
»Wie bitte?« stieß Allison überrascht hervor.
»Man hat Sie reingelegt.«
»Hereingelegt?« fragte Harley. »Wie das?«
Tanya erzählte in wenigen Worten von ihrer Konfrontation mit ihrem Vater in der vergangenen Nacht - von ihrer Androhung, ihn öffentlich zu beschuldigen, dass er in die Entführung verwickelt sei, wenn Kristen nicht bis Dienstag früh sicher zurückkehren würde.
»Verstehen Sie denn nicht?« fuhr sie fort. »Beides, die Lösegeldforderung von heute Morgen und das plötzliche Einverständnis meines Vaters, zu bezahlen, geht auf meine Drohung von heute Nacht zurück. Die Entführer bieten Kristens Rückkehr vor der Wahl nur deshalb an, weil sie von meinem Vater beauftragt sind. Gleichzeitig ist er bereit, das Lösegeld zu bezahlen, damit es so aussieht, als hätte er weder mit Kristens Entführung noch mit ihrer Rückkehr etwas zu tun. Meiner Meinung nach ist genau dieser Doppelschlag ein Beweis dafür, dass mein Vater in die Sache verwickelt ist.«
Harley sagte: »Ich verstehe, was Sie meinen, Tanya. Aber nicht alles, was passiert ist, lässt sich auf Ihr Gespräch heute Nacht zurückführen. Immerhin hat der Anrufer vom Freitag schon angekündigt, er wolle Montag früh um acht Uhr anrufen. Das heißt, Ihr Gespräch mit Ihrem Vater heute Nacht hat bestenfalls seine Entscheidung herbeigeführt, das Lösegeld zu zahlen - was für sich genommen ja noch nicht belastend ist. Ich will damit sagen, wenn ich an seiner Stelle wäre und jemand würde mir damit drohen, meine Karriere und meinen Ruf zu ruinieren, wenn Kristen nicht bis Dienstag früh sicher zurück wäre, würde ich wahrscheinlich auch anbieten, das Lösegeld zu bezahlen, damit sie sicher zurückkehrt.«
»Ich muss Harley recht geben«, sagte Allison. »Wenn Ihr Vater wirklich dahintersteckte, wäre ich sicherlich die letzte, von der er wollen würde, dass sie das Lösegeld überbringt. Denn wenn Kristen dann sicher zurückkehren würde, könnte ich mich am Vorabend der Wahl als Heldin feiern lassen. Damit wäre ich wieder gut im Rennen.«
»Kapieren Sie denn überhaupt nichts?« fragte Tanya sarkastisch. »Kristen wird nicht sicher zurückkommen. Das ganze ist eine einzige Falle. Sie müssen so denken, wie mein Vater denkt. Natürlich wird er Ihnen keine Gelegenheit geben, die Heldin zu spielen. Er wird Sie in eine Situation bringen, in der alles falsch läuft - ganz falsch -, und Sie allein werden die Verantwortung tragen.«
Allison umklammerte den Telefonhörer und dachte angestrengt nach. »Also gut, Tanya, nehmen wir an, es ist eine Falle. Aber vielleicht ist es genau die umgekehrte Falle. Nicht eine Falle, bei der Kristen umgebracht wird, wenn ich das Lösegeld zahle, sondern eine, bei der sie umgebracht wird, wenn ich es nicht tue. General Howe oder seine durchgedrehten Anhänger wetten darauf, dass ich zu feige bin und mich weigere, das Lösegeld zu überbringen. Wenn ich mich weigere, bringen sie Ihre Tochter um. Wenn das passiert, weiß Ihr Vater genau, dass ich nicht einmal mehr als Hundefängerin gewählt würde, geschweige denn als Präsidentin.«
Alle drei schwiegen. Harley ergriff schließlich wieder das Wort. »Jede der Theorien ist gleichermaßen plausibel.«
»Sie sind wirklich eine große Hilfe, Mr. Abrams.«
»Tanya«, sagte Allison, »bitte hören Sie mir
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