Die Entfuehrung
überlegte.
Was zum Teufel?
Als sie die rosa Filzpantoffeln herausnahm, musste sie erst Mal lächeln, dann bekam sie einen Lachanfall. Unten auf dem Boden lag ein Brief. Sie öffnete den Umschlag und las: »Konnte keine zerrissenen Kleider finden. Rate entschieden von Cyanidtabletten ab. Halten Sie durch. Harley.«
Ihr ging das Herz über. Einen kurzen Moment fühlte sie sich gar nicht so schlecht. »Danke, Harley«, sagte sie grinsend.
Um 22:30 Uhr hatte das Loch in Tanyas Magen ungefähr die Ausmaße eines Canyons. Allison hatte recht behalten. Tanya brauchte bloß zu fragen, und schon käme ihr Vater.
Er hatte sein Kommen nicht nur zugesagt, sondern redete den ganzen Sonntag bei jedem Wahlkampfauftritt darüber
Das Zusammenhalten der Familie in Krisenzeiten passte hervorragend in Howes Wahlkampfstrategie.
Tanya erhob sich von der Couch und schaltete die Spätnachrichten ab. Noch ein schwülstiger Bericht darüber, wie der General sich trotz seines anstrengenden Wahlkampfs die Zeit nahm, bei seiner Tochter zu sein. Ihr kam gleich das Kotzen.
Sie hörte einen Tumult draußen vorm Haus. Mittlerweile kannte sie das Geräusch und reagierte darauf, wie andere Leute auf das Bellen ihres Hundes oder auf das Klingeln an der Tür reagierten. Die ständig wachsame Medienmeute war in Aufregung versetzt und kündigte damit die Ankunft eines Besuchers an. Tanya trat ans Fenster und lugte hinter dem Vorhang hervor. Es war die Kolonne schwarzer Limousinen.
Tanya zuckte zusammen, als ihre Schulter berührt wurde. Ihre Mutter nahm die Hand weg und sagte: »Ich bin stolz auf dich, Tanya. Es ist wichtig für deinen Vater und dich, in solchen Zeiten wieder zueinanderzufinden. Er ist ein wundervoller Mann. Er kann eine wahre Quelle der Stärke sein.«
Tanya starrte aus dem Fenster und hielt den Blick auf den Kandidaten gerichtet, der den Reportern zuwinkte, während er über den Rasen ging. Sie hatte Schuldgefühle gegenüber ihrer Mutter, weil sie sie getäuscht und ihr den wahren Grund für ihre Einladung verschwiegen hatte. Aber Kristen war wichtiger.
»Tanya, du tust genau das Richtige.«
Sie wandte sich zu ihrer Mutter um. »Ja, ich weiß.
42
Ein Klingeln an der Haustür schreckte Tanya aus ihren Träumen auf. Sie warf einen kurzen Blick zum Leuchtwecker auf ihrem Nachttisch: 2:20 Uhr. Ihr Herz pochte. Ihr Kopf schwirrte von den vielen Gedanken an ihre Tochter. Bestimmt gab es schlechte Nachrichten. Mitten in der Nacht konnten nur schlechte Nachrichten kommen. Sie mussten so schlecht sein, dass dafür ein Telefonanruf nicht reichte. Sie mussten ihr persönlich überbracht werden.
Sie warf sich den Morgenmantel über und eilte ins Wohnzimmer. Der FBI-Agent, der Nachtwache hielt, war schon an der Tür und öffnete. Tanya wusste nicht, wer das sein konnte, aber sie konnte ihre Überraschung nicht verhehlen. Sie hatte ihn nie zuvor kennengelernt, aber sie erkannte auf der Stelle den Wahlkampfmanager ihres Vaters, den sie oft in den Nachrichten und Zeitschriften gesehen hatte.
»Mr. LaBelle?« fragte sie in einem Tonfall, als wollte sie sagen: Was wollen Sie denn hier?
LaBelle trat in die Diele und redete Tanya in seinem höflichsten Südstaatenakzent an. »Es tut mir leid, dass ich Sie zu dieser Uhrzeit störe, Miss Tanya. Aber ich muss unbedingt mit Ihrem Vater sprechen.«
»Er schläft.«
»Nicht mehr«, grummelte der General vom Flur her.
LaBelle schloss die Tür und ließ die Kälte draußen. Er sah Tanya und den FBI-Agenten an. »Es tut mir sehr leid, hier einzudringen, aber würden Sie mich bitte einen Moment mit dem General allein lassen?«
»Aber selbstverständlich«, sagte Tanya sarkastisch. Der Agent und sie verließen das Zimmer; er ging in die Küche und sie in ihr Schlafzimmer
Der General trat in die Diele und redete mit leiser Stimme, so dass kein anderer ihn hören konnte. »Was gibt's?«
» Es ist wichtig. Ich wollte keinen Anruf riskieren. Es könnte jemand mithören. Kommen Sie«, sagte er und ging zur Tür. »Wir können im Wagen reden.«
Howe reagierte unwirsch. »Draußen friert es, Buck. Und die Medienleute liegen auf der Lauer - es sind noch mehr geworden, seit ich beschlossen habe, hierzubleiben. Was werden die wohl denken, wenn ich mich mitten in der verdammten Nacht in meinem Pyjama aus dem Haus meiner Tochter schleiche, um mit Ihnen morgens um zwei auf dem Rücksitz einer Limousine zu sprechen? Die da draußen werden es konspirativ finden, dass Sie überhaupt hierher gekommen
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