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Die Entfuehrung

Die Entfuehrung

Titel: Die Entfuehrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Grippando
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hören!«
    Das eisige Schweigen lähmte Tanya. Sie sah ihre Mutter verständnislos an. »Verdammt noch mal, Mom. Genauso hast du es geschafft, vierzig Jahre mit diesem Ungeheuer verheiratet zu bleiben. Du ignorierst die anderen Frauen, die Bordelle in Übersee. Du verdrängst die Wahrheit. Du willst nicht wahrhaben, dass er dich betrügt.
    »Schluss jetzt! Das geht dich überhaupt nichts an.«
    »Bitte, hör mir zu.«
    »Nein. Du hörst mir jetzt zu. Mr. LaBelle erwartet dich. Du gehst jetzt zu ihm. Auf der Stelle.«
    Tanya blinzelte verwirrt. »Er erwartet mich? Wo?«
    »In seinem Hotel.«
    »Bist du jetzt schon sein Kurier?«
    »Ich liebe dich, Tanya«, sagte Natalie mit bebender Stimme. »Und ich liebe Kristen. Aber ich werde nicht danebenstehen und zusehen, wie du die Träume deines Vaters mit deiner überdrehten Theorie zerstörst, dass er hinter Kristens Entführung steckt. Jetzt geh schon zu Mr. LaBelle. Er erwartet dich im Fitnesscenter im zweiten Stock seines Hotels. Nimm deinen Badeanzug mit. Du triffst dich im Whirlpool mit ihm.«
    »Im Whirlpool? Was soll der Blödsinn?«
    »Er will sichergehen, dass du kein Aufnahmegerät bei dir hast. Und dich bis zum Hals in heißem Wasser zu haben ist das beste Mittel, sich gegen so etwas zu schützen. Er befürchtet, du könntest irgend etwas aus dem Zusammenhang reißen und es gegen deinen Vater verwenden. Er traut dir ganz einfach nicht. Und Gott möge mir verzeihen, dass ich das sage, aber ich kann es ihm nicht verübeln.« »Vergiss es. Ich werde nirgendwo hingehen.« Natalies Miene wurde sehr ernst. »Doch. Du wirst hingehen. Mr. LaBelle hat mir versichert, dass das die wichtigste Unterhaltung deines Lebens sein wird. Und ich glaube ihm.«
    Tanya lief es eiskalt den Rücken hinunter. Plötzlich war sie gespannt, was sie von LaBella erfahren würde. »Ich glaube es auch, Mutter. Irgendwie glaube ich das auch.
45
    Allison blieb auf der Fifth Street stehen, genau zwischen F- und G-Street. Das riesige Pension Building aus rotem Ziegelstein ragte vor ihr auf.
    »Ich bin jetzt da«, sagte sie in das Mikrofon, wobei sie sich bemühte, ihre Lippen nicht allzu auffällig zu bewegen.
    Harleys Antwort summte in ihrem Ohr. »Ich habe Sie. Gehen Sie rein.«
    Sie sah auf die Uhr. Sie hatte zehn Minuten Zeit, das Gebäude zu durchqueren und es auf der Rückseite zur F-Street hin zu verlassen. Sie hatte keine Ahnung, warum die Entführer verlangten, dass sie durchgehen sollte, wo sie auch genauso gut hätte außen herum gehen können. Vielleicht beobachteten sie sie ja und wollten sich nur vergewissern, dass sie überall hingehen würde, egal, wohin sie sie schickten. Vielleicht besaßen sie aber einfach eine poetische Ader, und es machte ihnen Spass, ein bisschen mit der Frau zu spielen, die davon träumte, Präsidentin zu werden. Immerhin fand seit der Wahl von Grover Cleveland der Antrittsball jedes neugewählten Präsidenten im Pension Building statt.
    Allison stieg die Eingangstreppe hinauf und betrat das riesige offene Atrium - einen der wirklich beeindruckenden Innenhöfe der Stadt. Die acht zentralen korinthischen Säulen waren mit einer Höhe von dreiundzwanzig Metern die größten auf der ganzen Welt. Die Stuckverkleidungen waren bemalt, so dass sie wie Marmor aus Siena erschienen, und das ganze Gebäude verströmte das ehrfurchtgebietende Flair der italienischen Renaissance. Als Allison unter den Deckengewölben entlangging, kam sie sich winzig vor - körperlich, nicht gefühlsmäßig. Die großartige und zeitlose Umgebung ließ das Handeln eines einzelnen Menschen zu jedem Zeitpunkt als völlig unwichtig erscheinen. Aber Allison blieb unbeeindruckt. Das hier war wichtig.
    Sie verließ das Gebäude und trat auf die F-Street hinaus. Dort stand der Hydrant, den die Entführer am Telefon erwähnt hatten. Allison blieb am Bordstein ganz in der Nähe des Hydranten stehen und hielt den Koffer fest in ihrer Hand.
    Sie hörte Harleys Stimme. »Rühren Sie sich nicht von der Stelle. Wir haben Sie im Blick.«
    Es klingelte am Münzfernsprecher in unmittelbarer Nähe des Bordsteins. Einige Fußgänger eilten vorbei, ohne davon Kenntnis zu nehmen. Das Klingeln ging weiter. Allison sah sich um, unschlüssig, was sie tun sollte. Sie schaute auf die Uhr. Es war genau zehn Uhr. »Heben Sie ab«, sagte Harley.
    Sie trat ans Telefon und nahm den Hörer ab. »Hallo.« Schnell sagte eine rauhe Stimme: »Überqueren Sie die F-Street in Richtung Judiciary Square. Warten Sie am

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