Die Entfuehrung
Fremde.«
»Gut«, sagte Harley und sah auf die Uhr. Halb zehn. »Wir müssen los.«
Allison warf Peter noch einen Blick zu. Sein Lächeln war ebenso nervös wie das ihre. Wortlos verabschiedeten sie sich.
Harley öffnete die Tür. Eilig gingen sie hinaus und ließen Peter zurück. Sie rannten die Betonstufen hinauf zum Wagen, der auf der Straße wartete. Die hintere Tür flog auf, Allison sprang hinein, gefolgt von Harley. Die Scheiben waren getönt, so dass niemand hineinsehen konnte. Die Limousine rollte langsam die Straße entlang, um nicht aufzufallen. Sie bogen in die Ninth Street ein und überquerten die Pennsylvania Avenue. Allison schaute nach links. Reporter und Konsorten schwärmten noch immer um den Haupteingang des Gebäudes und warteten darauf, dass sie wieder herauskam.
Sie wandte den Blick ab und konzentrierte sich auf ihre Aufgabe.
»Wir werden Sie an der F-Steet herauslassen«, sagte Harley, »nur für den Fall, dass die Entführer die Übergabestelle überwachen. Sie gehen alleine die F-Steet hinunter, vier Blocks bis zur Fifth Street. Dort steht das Pension Building. Sie müssen die Anweisungen der Entführer haargenau befolgen. An der ganzen Strecke sind Agenten postiert, innerhalb und außerhalb des Gebäudes.«
»Wo werden Sie sein?« fragte sie.
»Ich bleibe vom Hauptquartier aus in Funkkontakt mit Ihnen. Mindestens sechs Außendienstagenten werden Sie jederzeit an jedem Ort im Auge haben - meistens werden es Dutzende sein. Sie werden sie nie sehen. Sobald Ihnen etwas merkwürdig oder riskant vorkommt, steigen Sie aus. Ihre einzige Aufgabe besteht darin, das Geld loszuwerden und sicher wieder zurückzukommen. Den Rest übernehmen wir.
Der Wagen hielt an der Ampel Ecke Ninth- und F-Street.
»Viel Glück«, sagte Harley.
Sie nahm den Koffer und nickte, dann öffnete sie die Tür und stieg aus. Auf der Kreuzung herrschte dichter Verkehr. Auf den Gehwegen drängten sich die Fußgänger. Aktenkoffer schwingende Geschäftsleute bahnten sich zielstrebig ihren Weg. Fotografierende Touristen schlenderten umher auf der Suche nach Sehenswürdigkeiten. Die Geräusche der Stadt erinnerten Allison daran, dass um sie herum das Leben seinen gewohnten Lauf nahm. Sie wusste, dass das FBI sie beobachtete. Vielleicht wurde sie auch von den Entführern beobachtet. Selbst wenn die ganze Welt sie beobachtete, würde das an Allisons Empfinden nichts ändern.
Sie fühlte sich schrecklich allein, als sie den ersten Schritt auf dem Weg zum Übergabepunkt machte.
Tanya Howe saß auf der Bettkante und zog sich gerade die Schuhe an, als sie das Spiegelbild ihrer Mutter im Ankleidespiegel wahrnahm. Besorgt über Natalies aufgewühlte Miene, wandte Tanya sich um.
»Stimmt was nicht, Mom?«
Natalie trat ins Schlafzimmer und schloss die Tür. »Ich komme gerade aus dem Lebensmittelladen. Buck LaBelle hat mich auf dem Parkplatz angehalten.«
Tanyas Besorgnis nahm noch zu. Sie hatte ihrer Mutter gegenüber mit keinem Wort die geheime Unterredung erwähnt, die sie vergangene Nacht mit angehört hatte. »Was wollte er?«
»Er hat mir erzählt, was du getan hast, Tanya. Von deiner Drohung letzte Nacht.«
»Das war alles, was er dir gesagt hat? Dass ich ihm gedroht habe?«
Mit sorgenvoller Miene setzte sich Natalie neben sie auf die Bettkante. »Tanya, ich weiß, welche Qualen du erleidest. Aber die Vorstellung, du könntest Kristen dadurch zurückbekommen, dass du deinem Vater drohst, ist einfach verrückt. «
»Woher willst du das wissen, Mom?«
»Ich weiß es, weil ich seit vierzig Jahren mit deinem Vater verheiratet bin.«
Tanya verengte ihre Augen zu Schlitzen. »Hast du gewusst, dass er geplant hatte, den Ruf von Allison Leahy mit einem erfundenen Ehebruchskandal in den Schmutz zu ziehen? Er und LaBelle haben diese ganze Geschichte zusammen mit einem Burschen namens Mitch O'Brien ausgeheckt.«
Natalie wurde nervös.
»Hast du gewusst, dass das FBI hinter O'Brien her ist? Er ist nicht aufzufinden.«
Natalies Hände begannen zu zittern. »Ich - ich will davon nichts hören.«
»Hast du gewusst, dass Vater LaBelle beauftragt hat, O'Brien zu finden, bevor das FBI ihn findet?«
»Tanya, bitte.«
»Hast du gewusst, dass er Mark in der Nacht, als er bei diesem sogenannten Autounfall ums Leben gekommen ist, bedroht hat?«
Natalie hielt sich die Ohren zu. »Tanya - «
»Hast du gewusst, dass er mir eine Abtreibung befohlen hat, als ich schwanger war?«
Natalie sprang auf. »Ich will das nicht
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