Die Entfuehrung
konnte aufgeben und damit das Risiko eingehen, dass die Entführer Kristen töteten, wenn sie sich nicht im Bahnhof Forest Glen blicken ließ. Oder sie konnte einfach weitermachen.
Das Abfahrtsgeräusch ertönte. Das war das Zeichen dafür, dass die automatischen Türen sich gleich schließen würden. Mit einem unbehaglichen Gefühl betrat sie den Wagen, in der Hoffnung, dass die Agenten des FBI irgendwo in der Nähe waren. Die Türen wurden geschlossen, und der Zug verließ den Bahnhof. Sie sah zum Fenster hinaus. Die Reklameschilder und Anzeigentafeln am Bahnsteig waren nur noch verschwommen zu erkennen, als der Zug an Fahrt gewann. Danach wurde es ganz dunkel, und der Zug fuhr in den schwarzen Tunnel zum tiefsten Punkt unter der Stadt.
Sie drehte sich um und betrachtete den vollen Waggon. Sie fragte sich, ob einige der Passagiere tatsächlich vom FBI waren. Sie fragte sich, ob einige von ihnen tatsächlich die Entführer waren. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, dachte sie
Die Fahrt zum Hotel verbrachte Tanya im Wagen ihrer Mutter, auf dem Fußboden vor den Rücksitzen kauernd, versteckt vor den Augen der Öffentlichkeit hinter den getönten, kugelsicheren Scheiben. Sie hätte ihren eigenen Wagen nicht nehmen können, ohne von den Medienleuten verfolgt zu werden. Die einzige Möglichkeit, das Haus zu verlassen, hatte darin bestanden, ein zweites Auto in die Garage zu fahren, hinten hineinzuklettern und sich von jemand anders an der Meute, die am Ende der Auffahrt lauerte, vorbeischleusen zu lassen.
Sie kamen um halb zehn Uhr Ortszeit am Hotel an. Der Fahrer wartete mit dem Wagen, während Tanya direkt das Fitnesscenter ansteuerte. Eine Gästekarte lag für sie an der Rezeption bereit. Sie ließ ihren Mantel im Umkleideraum und zog schnell den Badeanzug an. Der Bademeister bot ihr einen Frottee-Bademantel mit dem Monogramm des Opry Land Hotels an.
»Danke«, sagte Tanya und zog ihn über. »Wie komme ich zum Whirlpool?«
»Geradeaus durch diese Tür«, erwiderte der Bademeister.
Sie blieb einen Moment stehen, um all ihren Mut zusammenzunehmen, und öffnete die Tür.
Der Raum war klein, aber durch die Spiegel an allen Wänden erschien er größer. Der achteckige Whirlpool war ringsherum mit Granitplatten ausgelegt. Durch das Oberlicht strömte die Sonne herein und ließ die Luftblasen auf dem aufgewirbelten Wasser glitzern. Tanya spürte die Hitze, die aus dem Pool aufstieg, aber der Anblick von Buck LaBelle ließ sie frösteln.
»Kommen Sie herein«, sagte er. Er lag bis zu den Achseln untergetaucht, sein massiver Hals erhob sich aus dem Wasser wie ein Baumstumpf aus dem Sumpf. Er hatte seine Arme lässig auf der Kante ausgebreitet. Seinen Kopf hatte er bequem nach hinten auf ein zusammengerolltes Handtuch gelegt.
Tanya ging zur Ecke des Whirlpools und zog den Bademantel aus. Ihr leuchtend gelber Badeanzug enthüllte ein bisschen mehr, als ihr unter diesen Umständen lieb war. Sie bekam mit, dass er in den Spiegel glotzte wie ein pickeliger Teenager, der in die Mädchendusche lugt.
»Sie gehen wohl regelmäßig ins Fitnessstudio, was, Tanya?«
Sie ignorierte ihn, ließ sich im Whirlpool nieder und sah ihn auf gleicher Augenhöhe über das schäumende Wasser hinweg an. »Also gut, hier bin ich. Was wollen Sie?«
Das lüsterne Grinsen verschwand aus seinem Gesicht. »Ihr Vater hat mir von Ihrer Unterhaltung vergangene Nacht erzählt. Ich weiß ja nicht, was Sie glauben, gehört zu haben, worüber Ihr Vater und ich geredet haben, aber offensichtlich haben Sie irgend etwas missverstanden.«
»Ich weiß, was ich gehört habe. Da gibt es kein Missverständnis. Sie haben Mitch O'Brien benutzt, um einen vermeintlichen Ehebruchskandal in die Welt zu setzen, und jetzt wollen Sie ihn zum Schweigen bringen, bevor das FBI ihn finden kann.«
»Ihr Vater hat lediglich gemeint, ich solle ihn finden und ihm ein bisschen Verstand einbleuen.«
»Ich glaube Ihnen nicht.«
»Nun gut, Sie täten besser daran, uns zu glauben.«
Sie sah ihn kalt an. »Sonst, Mr. LaBelle?«
Er zog sich aus dem Wasser und setzte sich auf die Kante. Sein Körper war rot von der Hitze. Sein Gesicht war noch stärker gerötet, nicht zuletzt durch seinen Ärger. »Hören Sie zu, Sie mögen ja General Howes Tochter sein, aber lassen wir das jetzt mal außen vor. Fazit ist, Sie bedrohen uns - Ihren Vater, mich, den ganzen Wahlkampf. Nun, mein Job ist es, auf Drohungen zu reagieren.«
»Ist er in die Entführung verwickelt oder nicht, Mr.
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