Die Entfuehrung
der Bevölkerung. Wilcox und die Leute vom Secret Service hatten Mühe, mit ihm Schritt zu halten, bis sie schließlich außer Atem und mit Schweiß auf der Stirn aus dem Keller des Weißen Hauses kamen.
Der Termin für das Treffen war auf sieben Uhr dreißig im Oval Office anberaumt. Wie üblich war der Präsident verspätet. Wilcox und Helmers saßen schweigend in der Lobby im ersten Stock des Westflügels unter einer gerahmten alten Landkarte von Colorado, dem Heimatstaat des Präsidenten, und nippten an ihrem Kaffee. Um acht Uhr fünfzehn geleitete die Chefsekretärin des Präsidenten sie zum Oval Office. Barbara Kilian, die stoische Chefin des Stabes, begrüßte sie an der Tür.
»Meine Herren«, sagte sie vieldeutig.
Bekleidet mit einem Madras-Hemd und Khaki-Hosen stand der Präsident mitten im Raum und beugte sich in einer unbeholfenen Schlaghaltung über einen kleinen weißen Ball. Ein langer, schmaler Streifen Grün aus Kunststoff erstreckte sich bis über das in den Teppich des Oval Office eingewebte Präsidentensiegel. Ein halbes Dutzend Golfbälle lag neben dem Plastikloch am anderen Ende des Grüns, und auf jedem stand der Slogan: »Noch vier Jahre.«
Der Präsident schlug den Ball ganz gefühlvoll und versenkte ihn über eine Entfernung von sechs Metern genau ins Loch. »Jawolllll!«
»Volltreffer, Herr Präsident«, sagte die Stabschefin.
Er grinste jungenhaft. »Ich werde nicht umsonst Lucky Chucky genannt.« Er legte seinen Golfschläger beiseite, begrüßte seine Gäste und führte sie zu den Sesseln vor seinem Schreibtisch. Die Gäste vorzustellen war nicht erforderlich.
»Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, uns zu empfangen, Herr Präsident«, sagte Wilcox.
Der Präsident ging zu seinem Ledersessel und setzte sein Amtslächeln auf. »Ach, lahme Enten wie ich haben alle Zeit der Welt.«
Und warum zum Teufel lässt du uns dann fünfundvierzig Minuten lang warten? dachte Wilcox. »Ich möchte nicht aufdringlich erscheinen, Sir, aber es sind nur noch acht Tage bis zur Wahl, und Allison Leahy läuft die Zeit davon. Sie wird die Wahl verlieren, wenn sie nicht aufhört, ihren Kopf in den Sand zu stecken, und endlich rundweg verneint, dass sie jemals ihren Mann betrogen hat. Ich habe es ihr gesagt. Eric hat es ihr gesagt. Die Umfragen sagen es ihr.«
»Ach Quatsch, David. Auf die Umfragen kann man nichts geben. Wenn ich wirklich glauben würde, dass die Öffentlichkeit eine so hohe Meinung von mir hat, wie die Umfragen behaupten, wäre ich schon wieder auf Freiersfüßen.« Wilcox verzog das Gesicht.
»Ich habe nur einen Scherz gemacht«, sagte der Präsident.
Die Stabschefin lachte pflichtschuldig. Wilcox rang sich ein Lächeln ab, wurde aber wieder ernst. »Irgendwer muss mit ihr reden, Sir. Sie sind immer noch ihr Vorgesetzter. Es sollte von Ihnen ausgehen.«
Der Präsident lehnte sich so in seinem Sessel zurück, dass er von den amerikanischen Flaggen hinter ihm eingerahmt war. »Allison ist eine Frau mit klaren Prinzipien. Deshalb habe ich sie zur Justizministerin berufen. Es ist nicht meine Aufgabe, ihr Anweisungen zu geben in Bezug auf Dinge, die ihre persönliche Integrität betreffen.«
»Sir, ich würde Sie nicht darum bitten, wenn es nicht hart auf hart ginge.«
Präsident Sires faltete seine Hände auf dem Pult. Das Lächeln war verschwunden. Er war plötzlich nur noch Präsident. »Wir wollen ganz ehrlich sein. Jedermann weiß, dass Allison Leahy nicht meine erste Wahl war für die demokratische Nominierung. Bis zum heutigen Tag bin ich der Meinung, dass es keinen stärkeren Nachfolger für die Sires-Regierungszeit gegeben hätte als meinen eigenen Vizepräsidenten. «
Wilcox wurde ärgerlich. »Soll das heißen, Sie wollen, dass Allison verliert?«
»Natürlich nicht. Aber abgesehen von persönlichen Gefühlen ist mir auch klar, dass eine Menge Senatoren, Kongressabgeordnete, Gouverneure und alle anderen Beteiligten großen Schaden nehmen könnten durch einen Präsidentschaftskandidaten ohne Lobby. Deshalb unterstütze ich Allison. Aber ich werde mich nicht darin einmischen, wie sie ihren Wahlkampf führt.«
»Es geht nicht um Einmischung. Es geht um Sieg oder Niederlage.«
Die Stabschefin sah auf die Uhr und warf dem Präsidenten einen Blick zu.
Wie auf ein Stichwort erhob er sich hinter seinem Schreibtisch. »Zum Schluss noch eins, meine Herren. Obwohl ich Allison bei ihrer Nominierung nicht unterstützt habe, respektiere ich ihre Position in jener Frage. Ich
Weitere Kostenlose Bücher