Die Entfuehrung
habe keinen Zweifel daran, dass sie wahrheitsgemäß leugnen könnte, jemals ihren Ehemann betrogen zu haben. Aber wenn sie diese Frage beantwortet, schafft sie einen Präzedenzfall, der jede Frau, die sich in Zukunft um das Präsidentenamt bewirbt, verfolgen wird. Nun gut, ich will nicht behaupten, dass nie ein untreuer Ehemann zum Präsidenten der Vereinigten Staaten gewählt worden ist. Aber in Anbetracht der politischen Realität bin ich mir nicht so sicher, ob die Wähler ebenso gnädig wären mit einer untreuen Ehefrau, die dieses Amt anstrebt. Ich behaupte nicht, dass das fair ist. Es ist einfach eine Tatsache. Und eins kann ich über Allison Leahy sagen: Sie kennt die Tatsachen.«
Die Sitzung war beendet. Er schüttelte zuerst Wilcox, dann Helmers die Hand. Mit dieser Geste erschien wie ein Reflex auch das Lächeln wieder im Gesicht des Präsidenten.
»Nett, dass ihr mal vorbeigekommen seid, Jungs. Ihr müsst mit mir zum Fliegenfischen kommen nach dem zwanzigsten Januar, okay?«
»Vielen Dank, Sir«, sagten sie unisono. Wilcox hätte gern noch mehr erreicht, aber der kameradschaftliche Ton und die nur so dahingesagte Einladung waren ein sicheres Zeichen, dass für den Präsidenten die Angelegenheit beendet war. Die Stabschefin geleitete sie zur Tür. Wilcox verabschiedete sich von ihr mit einem Lächeln, das bestenfalls höflich war, und verließ mit Helmers das Oval Office. Zurück zur Lobby nahmen sie den längeren Weg, der am Arbeitszimmer des Präsidenten vorbeiführte. Wilcox warf einen Blick in das angrenzende Büro, das zwar klein, aber begehrt war. Die Stabsangehörigen des Weißen Hauses arbeiteten lieber in einem fensterlosen Wandschrank in der Nähe des Präsidenten als in einer geräumigen Etage im alten Executive Office
Building auf der anderen Straßenseite. Dies hier, dachte Wilcox, könnte demnächst sein Büro sein. »Und was machen wir jetzt?« fragte Helmers. Er hatte einen gequälten Gesichtsausdruck, wie ein Mann, dessen Griff nach dem Amt des Vizepräsidenten schon gescheitert ist.
»Plan B«, sagte Wilcox.
»Und wie sieht der aus?«
Am Treppenabsatz vor der Lobby, wo sie von den Leuten! des Secret Service erwartet wurden, blieben sie stehen. Wilcox sprach so leise, dass niemand mithören konnte. »General Howe mag ja ein Experte in konventioneller Kriegsführung sein. Wollen wir doch mal sehen, wie er mit einem Nuklearangriff klarkommt.«
Um 9:00 Uhr morgens trank Buck LaBelle gerade seine sechste Tasse Kaffee. Die Kellnerin brachte ihm drei Spiegeleier mit fünf Scheiben Schinken, die er in dreieinhalb Minuten verschlang. Er musste ohne seinen üblichen Berg Käsegrütze auskommen. Er war schließlich in Cincinnati.
LaBelle hatte den halben Vormittag versucht, den Präsidenten und den Vizepräsidenten des National Fraternal Order of Police davon zu überzeugen, dass die größte Polizeiorganisation des Landes sich mit dem Gewicht ihrer 300 000 Mitglieder auf die Seite des falschen Kandidaten geschlagen hatte. Um 10:30 Uhr hatte es ihnen gereicht. LaBelle kehrte in sein Hotelzimmer zurück und rief General Howe an.
»Sie wollen ihre Unterstützung nicht zurückziehen«, sagte LaBelle.
»Verdammter Hurensohn!« brüllte Howe durch das Telefon. »Das ganze Wochenende müssen wir uns schon dasselbe anhören - von den Lehrern, von den Gewerkschaften, von der Polizei. Dieser Charakter-Scheißdreck, den Sie da hochgekocht haben, bringt mich auch nicht weiter. Vor allem jetzt, seit Leahy ihren liebenden Gatten im Wahlkampf mit dabei hat.«
»Nur Geduld. Wir machen gerade neue Werbespots.«
»Das reicht nicht. Fazit ist, dass wir dieses Ehebruchthema bis zum Gehtnichtmehr ausgeschlachtet haben. Wir haben Leahy eine Menge Wähler abgejagt und sind in den Umfragen vorgerückt. Aber wir müssen schon schwerere Geschütze auffahren, wenn wir an ihre Stammwähler heran wollen. «
LaBelle seufzte. »Dann sollten wir genau nach Plan weiterspielen - «
»Ich brauche einen Schlachtplan. Schluss mit den Spielchen. Ich habe es eilig, in neunzig Sekunden muss ich auf die Bühne, wir können heute Nachmittag weiterreden. Aber eins will ich Ihnen gleich sagen: Nach vierzig Jahren in der Armee habe ich gelernt, dass der falsche Mann auf dem Posten andere Männer das Leben kosten kann. Sie verstehen mich, Buck?«
LaBelle wurde wütend. Niemand hatte ihm je damit gedroht, ihn rauszuschmeißen. »Hört sich an, als wollten Sie zu drastischen Maßnahmen greifen.«
»Zu drastischen, nicht zu
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